Problem von Philip - 21 Jahre

Liebe und Co-Abhängigkeit

Hallo, ich bin per zufall auf dieses Forum gestossen und das Konzept animierte mich dazu, mal mein Problem zu schildern:

Zuerst ein wenig zu mir - Ich bin Drogenabhängig (Polytox), lebe aber seit 2 einhalb Jahren clean. Ich habe schon etwas vorauf, was Therapie angeht. Momentan bin ich auf der Suche nach einem Verhaltenstherapeuten, da ich an Panikattacken und Depressionen leide. Nehme auch Antidepressivas deswegen.

Ich lebe seit ca. 1 einhalb Jahren in einer betreuten Nachsorge WG um wieder eigenständig zurück ins "normale Leben" zu gehen.
Im Oktober letzten Jahres ist ein neuer Bewohner bei uns eingezogen, an dessen weiblichen Anhang ich (leider) sofort Interesse hatte. Sie betrug ihn mit mir und ich verliebte mich Hals über Kopf in diese Frau! Sie ist selbst clean lebende ex-userin und wohnt auch in der selben Einrichtung.

Ich sagte ihr anfangs, dass ich nicht immer bei ihr sein will, da ich mich auf garkeinen Fall zu fest binden lassen wollte. Aber trotzdem war ich innerhalb kürzester zeit nur noch bei ihr - 24/7 - ich hatte seit über 2 Jahren eine Beziehung und bereit, trotz aller warnungen von aussen, etwas zu investieren! dazu muss ich auch sagen, dass ich wie gefesselt war von ihr, einfach alles an ihr gefiel mir so sehr! ich fühlte mich nach so langer Zeit wieder geliebt und ich lies mich komplett fallen - öffnete ihr mein Herz und meine Seele und hatte viele gute Gespräche mit ihr. Obwohl ich immer im Hinterkopf behielt, dass sie wohl nicht die treuste person ist, vertraute ich ihr.

Dann, mitte Dezember, wurde sie mit Alkohol rückfällig und wachte am nächsten tag in einer fremden Wohnung auf. ZACK mein Vertrauen war am Arsch, ich war so wütend auf sie, dass sie vorher nicht mit mir geredet hat und dass sie soweit geht, alleine in Berlin nachts loszuziehen und sich volllaufen zu lassen. ich machte sofort schluss, ich war sehr verletzt und überdreht.
Am selben Abend fing sie an, mir zu drohen, damit, dass sie abhauen und sich umbringen würde. Ich nahm das sehr ernst, da sie früher schonmal wegen suizidalem Verhalten in Behandlung war.

In meiner unendlichen Co-Abhängigkeit holte ich sie direkt wieder zu mir, lies sie bei mir schlafen, besorgte ihr einen Platz in einer Übergangseinrichtung, da rückfällige Bewohner nicht bei uns bleiben dürfen. Sie blieb dort über weihnachten und Silvester. Als sie rauskam, hatte sie wohl die erleuchtung, denn sie war komplett anders als wie ich sie kennengelernt habe. Sie hielt mich aufeinmal komplett auf abstand, lies sich total gehn, wusch sich nicht mehr und gab mir zunehmend das Gefühl, schuld an all dem zu sein was passiert war.

Vor 2 Wochen haben wir dann im streit schluss gemacht, ich bin einfach nicht auf diese krasse veränderung klar gekommen! Aber wie gesagt, wir leben in der selben einrichtung und gehn auf die gleiche schule und bei dem gedanken, sie hat vielleicht schon den nächsten an der angel, zerreisst es mich innerlich. gleichzeitig ist es ja nicht mehr meins, was sie macht. ich will auch nicht mehr mit ihr zusammen sein, aber mein herz schreit so sehr nach dieser Frau und es tut scheisse weh. auf ein klärendes gespräch verzichte ich vorerst, es tut einfach zu sehr weh, sie zu sehn. ich bin momentan echt an meiner belastungsgrenze - meine Panikattacken haben wieder zugenommen und auch die depressionen, es fällt mir xtrem schwer, mich zusammenzureissen und ausm arsch zu kommen!

so, das wars erstmal von mir.. vielen dank fürs lesen und ein ganz großes lob an euch für die ehrenamtliche Unterstützung und Hilfestellung!

Sarah L. Anwort von Sarah L.

Lieber Philip,

danke für dein Lob! :)
Du hast gar keine richtige Frage gestellt, deshalb schreibe ich einfach mal, was mir zu deinem Text einfällt.

Ich finde es super, wie konsequent du deinen Weg gehst. Du scheinst ein ganz gutes Gespür dafür zu haben, wo noch Probleme bei dir sind und wie du dich ihnen erfolgreich entgegenstemmst.
Ich weiß wie schwierig es sein kann sich von einem anderen Rückfälligen nicht wieder mit runterreissen zu lassen - und vor Allem wie unendlich weh es tut dann auch so stark zu sein, weil es viel einfacher wäre schwach zu werden.
Hut ab!

In manchen Fällen könne sich zwei Menschen, denen es beiden schlecht geht, sich gegenseitig stützen, aber meiner Erfahrung nach leider in den wenigsten. Meistens sind beide leider viel zu instabil, als dass sie auch noch einen anderen mitstützen könnten.
Trotzdem tut es mir sehr leid für dich, dass es bei euch nicht anders gelaufen ist.
Andererseits findest du in dieser Abnabelung vielleicht auch die Chance selbst ein Stück gesünder zu werden. Co-Abhängigkeit ist ein bisschen immer auch die Angst auf eigenen Beinen zu stehen, findest du nicht? Und das eigentlich ganz unbegründet, die meisten Co-Abhängigen mit denen ich zu tun hatte haben sich ganz wunderbar um andere gekümmert. Woher dann also dieser Zweifel, oder manchmal auch das Zurückschrecken davor, für sich selbst genau so gut zu sorgen / sorgen zu können?

Du scheinst das toll zu meistern, und ich hoffe meine Worte bestätigen dich noch einmal darin und geben dir ein bisschen Kraft.

Ein klärendes Gespräch macht nach Allem was du gesagt hast im Augenblick glaube ich sowieso wenig Sinn. Warte damit, bis du dir sicher bist, dass sie dich nicht gleich wieder meilenweit auf deinem Weg zurückschleudert.

Viel Mut und Kraft auch weiterhin,
Deine Sarah L.