Problem von Antje - 19 Jahre

Mein Bruder ist krank

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

ich weiß nicht mehr weiter. Mein Bruder (22) ist Computersüchtig. In der heutigen Zeit ein viel diskutiertes Thema, mag sein. Und es gibt auch schon zahlreiche Internetseiten und Berichte etc. wo man Hilfe bekommen kann. Das Problem ist aber, dass er es nicht einsieht, dass er ein Problem hat. Er ist jetzt im letzten Ausbildungsjahr zum Fachinformatiker - was sonst. Wenn er von der Schule/Arbeit kommt, ist der erste Gang zum PC. Dann sitzt er bis 1 Uhr in der Nacht davor, sprich 7 Stunden in der Woche; am Wochenende sind es 12 Stunden. Dabei spielt er nur eins: World of Warcraft. Keine Ahnung, wieviele Jahre er das nun schon betreibt, zu viele auf alle Fälle. Dieses "Spiel" (ich mag es schon gar nicht mehr als solches bezeichnen - in meinen Augen ist es reine Verblödung der Leute) hat ihn verändert. Unser Verhältnis war schon immer schwierig und nicht besonders gut. Es gab immer wieder Momente, wo wir sehr gut miteinander klar kamen, doch in letzter Zeit eskaliert alles.

Er ist so reizbar, so aggressiv. Sein Leben besteht aus diesem Spiel, er hat keine anderen Hobbies und seine Freunde sind alle aus der virtuellen Welt. In der "realen" gibt es nicht mal eine Hand voll, denke ich. Er hat auch gar keine Lust auf irgend etwas anderes. Wenn wir ihm etwas vorschlagen, mault er rum. Er ist soo unselbstständig. Und für sein Alter auch so schüchtern; als hätte er keine Lust, mal seine Meinung zu äußern. Auf Familienfeiern ist er der Erste, der verschwindet, um sich an seinen PC zu setzen. Gespräche geben ihm nix, sagt er. Ich kann das gar nicht so richtig beschreiben, aber er lebt irgendwie nur in seiner Welt. In "unserer" scheint er sich nicht richtig zurecht zu finden. Wenn ich ihn mit Männern aus seiner Altersgruppe vergleiche, dann ist er irgendwie noch so zurück, so jung. Ich kann nicht stolz auf ihn sein - was kann er schon außer Computer? Natürlich ist das kein Muss, aber es ist so schade.
Es mag sein, dass ich auch nicht immer einfach bin und wir deshalb oft aneinander geraten, aber seine ganze Art ist schrecklich!
Dieses Spiel hat ihn, wie gesagt, so aggressiv gemacht. Er hat gar keine Ahnung, was in der Welt draußen so passiert. Oder zumindest nur ein Bruchteil davon. Sobald etwas nicht so läuft, wie es ihm passt, dann tickt er aus und hat schlechte Laune.
Gestern war wieder ein heftiger Streit. Da meinte er, ich solle ausziehen.
Manchmal hasse ich ihn einfach. Dann wieder mache ich mir schreckliche Sorgen, weil ich doch so gerne einen Bruder haben würde, mit dem ich gut auskomme, mit dem man auch mal 5 min. ordentlich reden kann ohne das es gleich ausartet.
Keine Ahnung, wie lange sein Körper das noch mit macht wenn er ihn weiter so behandelt (immer! nur sitzen; nur mal aufstehen für den Toilettengang oder zum Essen).
Ich kann ihm nicht helfen, solange er nicht selber einsieht, dass ihn diese Lebensart auf Dauer schaden wird. Wir haben schon so oft versucht, ihm das begreiflich zu machen.
Ich bin traurig, denn das belastet mich unbewusst sehr stark...

Belinda Anwort von Belinda

Hallo,

du hast Recht, wenn er es nicht selber einsieht, dann wird ihm auch keiner helfen können.
Was du aber machen kannst ist, dass du ihn hin und wieder frägst, ob er nicht Lust hat mit dir am Wochenende wegzugehen, oder ob er mal einen Ausflug mit dir und Freunden machen will.
Deswegen mit ihm zu streiten hat denke ich wenig Sinn, noch dazu denke ich, dass er sich von seiner "kleinen" Schwester eh nichts sagen lassen will.
Du könntest ja auch mal, ohne sein Wissen, seine Freunde kontatkieren und sie fragen, ob sie mal wieder was mit ihm machen könnten.
So weit ich weiß, ist WOW ein Onlinespiel, in dem man auch viele Freunde findet und sich während des Spiels über Headset unterhalten kann und sich mailen kann. Hätte er denn nicht mal Lust drauf sich auch in der realen Welt mit einem zu verabreden? Frag ihn doch einfach mal und frag ihn warum er das so gerne spielt. Was fehlt ihm in der realen Welt, was ihm nur das Spiel geben kann? Vielleicht verstehst du ihn dann auch besser.
Mach ihm keine Vorwürfe und sei auch nicht traurig deswegen, ich kann dich zwar verstehen, aber es ist nun mal sein Leben. Versuche das zu akzeptieren.

Alles Gute
LG Beli