Problem von Anonym - 14 Jahre

Mein Vater hat Depressionen!

Hallo,
also ich bin 14 Jahre alt und seit Anfang November ist mein Vater krank.
Als es angefangen hatte, war ich die erste, die es mitbekommen hatte. Mein Vater ist vor mir zusammengebrochen, also nicht bewusstlos geworden, sondern er hatte einen Heulkrampf bekommen und hat nach jedem Wort, das er versucht hatte zu sagen, angefangen zu weinen. Meine Mutter und meine Geschwister war da grad bei meiner Oma. Es kam alles ganz unerwatet.- Mein Vater ist Arzt (ein ziemlich Guter sogar). Als er an diesem Tag von der Nachtschicht heimkam, hatte er diesen Anfall. Als meine Mutter dann nach Hause kam, hat er sich so benommen als wäre nichts passiert. Ich hab dann meine Mutter sofort drauf angesprochen, als mein Vater grad nicht im Zimmer war. Doch sie konnte mir nicht so ganz glauben, weil ihr nichts aufgefallen ist. Am nächsten Tag ist es auch meiner Mutter aufgefallen: Er war die ganze Zeit stumm, wenn wir ihn angesprochen haben, hat er uns nicht geantwortet. An diesem Abend hab ich dann den Notarzt gerufen. Mein Vater hatte da nur so komisch gelacht und konnte nicht fassen, dass wir wirklich den Notarzt gerufen haben. Er wollte nicht gehen. Deswegen musster er gegen seinen Willen eingeliefert werden...
Er war dann fast 2 Wochen im Krankenhaus. Die Ärzte haben nur gesagt , dass es Stress wäre und er eine Zeit lang mal nicht arbeiten soll...
Er hat 2 1/2 Monate nicht gearbeitet. Mitte Januar ist er dann wieder arbeiten gegangen. Er durfte nicht so große Aufgaben übernehmen und keinen Nachtdienst haben. Aber sonst war alles wieder normal.
Bis er wieder vor 2 Wochen nach Hause kam und gemeint hatte , es gehe ihm nicht gut. Meine Mutter war total geschockt und hatte Angst, dass es wieder anfängt. Er ging zu einem Arzt und wurde 1 Woche krankgeschrieben. Jetzt is er noch eine Woche krankgeschrieben worden. Meinen Mutter ist total verzweifelt. Er ist wieder die ganze Zeit so still. Benimmt sich komisch. Er hat aber auch wieder Schlaf- und Essstörungen und anscheinend wieder Depressionen.
Ich hatte immer schon Probleme gehabt mit meinem Vater und ich habe mich nie so richtig mit ihm verstanden. Deswegen geht mir diese Situation nicht so ans Herz (oder so). Aber meine Mutter ist echt verzweifelt.
Mein Vater stürzt sich jetzt auch total in den Glauben. Geht regelmäßig in die Kirche und liest die ganze Zeit Bibel. Sowas hatte er noch nie gemacht.

Meine Mutter bittet mich um Rat, was wir jetzt machen sollen. Aber woher soll ich das wissen?! Könnt ihr mir vielleicht einen Rat geben ?

Danke!

Catherine Anwort von Catherine

Liebe Anonyme

Vielen Dank für Dein Vertrauen, dass Du dich an uns wendest.

Mir tut das mit Deinem Vater leid und ich kann mir sehr gut vorstellen, wie schwierig für Dich die Situation sein muss. Du bist noch so jung und wünschst Dir gesunde Eltern, die Dir Sicherheit und Zuneigung geben können, die für Dich ein Vorbild sind. Und nun ist Dein Vater in einem so schlechten Zustand - es muss schrecklich für Dich gewesen sein, zuzuschauen, wie der eigene Vater zusammenbricht.

Es ist ganz normal, dass Du ratlos, traurig und vielleicht auch wütend bist. So eine Situation ist für die ganze Familie sehr schwierig und ohne professionelle Hilfe kaum zu schaffen.
Ein kranker Mann ist ganz sicher für Deine Mutter eine grosse Belastung - doch auch ein kranker Vater ist für Dich als Tochter sehr schlimm und anstrengend. Gerade jetzt bräuchtest doch auch Du Trost und Unterstützung von Deiner Mutter, die selbst aber schon so viele Sorgen hat, dass Du sie unterstützen musst. Es ist nicht richtig, dass sie Dich um Rat bittet, wenn sie selbst ratlos ist. Du bist ihre Tochter und in Deinem Alter hättest Du ihr Rat, ihre Hilfe verdient...
Ich möchte nicht sagen, dass Deine Mutter keine Hilfe verdient!, sondern, dass sie diese von anderen Menschen als von Dir suchen muss. Vielleicht hat sie eine gute Freundin, Nachbarn? Vielleicht wäre es für sie auch gut, professionelle Unterstützung zu bekommen, damit sie einen Ort hat, wo sie ihre Sorgen und Ängste aussprechen und wieder Kraft für ihre Familie tanken kann. Weil gerade jetzt braucht ihr, Du und Deine Geschwister, sie doch so sehr!

Ich glaube, Du selbst kannst im Moment nicht viel tun, als gut zu Dir selbst zu schauen. Und dies ist doch schon eine ganze Menge! Weisst Du... Die Geschichte mit Deinem Vater, die ist über Jahre hinweg gewachsen, dass Du als seine Tochter alleine ihm da gar nicht raushelfen kannst. Ihm hilft es sicher schon zu merken, von seiner Familie geliebt zu werden, auch jetzt einen Platz auf dieser Welt zu haben, wertvoll zu sein. Für alles andere sind professionelle Leute da - und ich hoffe sehr für ihn, dass er auch heute noch therapeutisch unterstützt und begleitet wird.
Vielleicht hilft es Dir, in der nächsten Zeit viel mit Deinen Freunden zu unternehmen, mit Menschen zu sprechen, Tagebuch zu schreiben... Gibt es denn irgendjemand ausserhalb Deiner Familie, mit dem Du über Deine schwierige Situation sprechen kannst? Vielleicht auch eine Lehrerin, oder eine Verwandte?
Und vielleicht würde es auch Dir, Deinem Vater und Eurer Beziehung helfen, wenn Du mit ihm darüber sprechen kannst, wie schwer für Dich es im Moment ist, ihn so leiden zu sehen. Weil auch wenn Dir dein Vater als Mensch nicht so nah ist und Dir deshalb diese Situation auch eher distanziert vorkommt - Du hast als Tochter das Recht darauf, traurig zu sein, einen kranken Vater zu haben. Ganz gleich, wie Deine Beziehung zu Deinem Vater ist... Weil schlussendlich wünscht man sich als Tochter doch vor allem etwas: einen gesunden, glücklichen Vater zu haben, von ihm geliebt und geachtet zu werden. Dies sind alles Dinge, auf die Du momentan verzichten musst - und worüber Du traurig und auch wütend sein darfst.

Ich wünsche Dir von ganzem Herzen alles Gute!

Herzlichst, Catherine.