Problem von Anonym - 12 Jahre

6 Wochen geschlossene..

Hallo Liebeskummerkasten-Team!
Seit ein paar Monatenhab ich täglich Streit mit meiner Mutter. Und seit ca. 4 Tagen hat sie das Jugendamt eingeschaltet, und damit komm ich so garnicht zurecht. Ich möchte nicht das irgendjemand zu uns Nachhause kommt und denkt, zuwissen was vorgeht. Jetzt ist es soweit das der Amts richter dabei ist, er hat gesagt ich werde abgeholt und zu Aschendorf gefahren um mich untersuchen zu lassen. Wenn sich raustellt das ich eine Gefahr für mich oder andere bin, komm ich 6 Wochen in die Geschlossene.. Dabei will ich es so 1OO% nicht, ich würd alles tun um es zu vermeiden, da niemand sehen soll das ich mich mal geritzt hab.. Schließlich sind das alte Zeiten, es geht mir jetzt Besser, und es tut einfach nur Weh wenn jemand in den Wunden rumstochert. Ich will nicht das mir jemand hilft, ich kann es alleine regeln. Meine Mutter macht mir mein Leben damit zur Hölle. Ich war immer Traurig und Depressiv aber seit einigen Wochen gehts mir wieder richtig gut und ich habe Spaß am Leben gefunden, aber dann musste meine Mutter ja mit dem ganzen Sch*** anfangen... Jetzt gehts mir wieder total dreckig, ich bin wieder Depressiv und ein ausweg für mich scheint nicht in Sicht... Habt ihr eine Idee was ich machen kann?

Jeanett Anwort von Jeanett

Hallo,

ich bin ziemlich erschrocken gewesen, als ich das gelesen habe, was du geschrieben hast. Das klingt nach mehr als nur Streit mit deiner Mutter. Also, ich will das alles erst mal kurz sortieren:

Du bist 12, und in dem Alter ist es normal, Streit mit den Eltern zu haben. Schau mal zu diesem Thema in unsere Soforthilfe, da stehen einige Beiträge zur Pubertät drin.

Aber dass deine Mutter gleich das Jugendamt eingeschaltet hat, da scheint mir doch ein wenig mehr dahinter zu stecken. Was geht bei euch vor, dass sie zu einer so krassen Maßnahme greifen muss? Oder hat sie dir damit vielleicht nur gedroht? Das scheint mir im Moment eigentlich am wahrscheinlichsten zu sein. Vielleicht wusste sie sich im Streit nicht anders zu helfen?

Also, um Klarheit zu schaffen, solltest du unbedingt mal ernsthaft mit deiner Mutter reden. Sag nicht, dass das ohnehin nur im Streit endet. Vielleicht war das bisher immer so, aber es geht auch anders. Und das solltest du jetzt mal versuchen. Bleib mal ganz betont ruhig, egal was sie sagt. Dazu musst du ein paar Dinge beachten, damit das Gespräch nicht aus dem Ruder läuft. Sonst endet es wieder nur im Streit, und das Gespräch soll ja letztendlich etwas bringen. Deshalb schau erstmal hier:

www.dyalog.de/pdf/zweiimgespraech.pdf

Hier findest du sehr nützliche Hinweise für ein Gespräch, das für beide Seiten etwas bringen soll. Auch wenn die Seite eher für Paare geeignet scheint, so gelten doch die Regeln für jede Art von Gesprächen, bei denen eine Lösung bzw. ein Kompromiss gesucht wird. Also achte vor allem auf folgende Gesprächstaktiken:

- Gespräch vorher ankündigen (Z.B. "Mutti, wann hast du mal Zeit für mich, ich möchte etwas wichtiges mit dir besprechen")
- Zeitpunkt sorgfältig auswählen (also niemals zwischen Tür und Angel, es muss ausreichend Zeit da sein)
- Ort sorgfältig auswählen (hinsetzen, damit der andere nicht so schnell weggehen kann)
- Von DIR und DEINEN Gefühlen sprechen (z.B. "Ich bin traurig, weil ich mich einsam fühle, wenn du nicht da bist")
- Sätze möglichst mit "Ich" beginnen statt mit "Du", denn Du-Sätze werden oftmals zu Vorwürfen, denen der andere mit Gegenwehr begegnet, was dann wieder im Streit eskalieren kann.
- Nie Verallgemeinerungen verwenden (z.B. "Immer machst du das" oder "Nie machst du das")
- Den anderen ausreden lassen und selbst darum bitten, ausreden zu dürfen, gegenseitig nicht unterbrechen
- Von Vorteil ist auch, wenn man die Worte des anderen wiederholt, um zu sehen, ob man es richtig verstanden hat (Z.B. "Du sagst, ich soll öfter den Müll runterbringen." oder "Du sagst, du machst dir Sorgen, wenn ich nach 22 Uhr heimkomme") Hier, bei Wiedergabe des bereits Gesagten, sind Du-Sätze erlaubt.

So, das war ja nun schon fast druckreif ;) Aber du wirst sehen, wenn du das alles beachtest, nimmt das Gespräch eine ganz andere Richtung als wenn man sich gegenseitig Vorwürfe an den Kopf haut. Das endet nur im Streit und regt euch nur beide auf, ohne etwas zu bringen.

Ich bin hier davon ausgegangen, dass ihr euch beide die Köpfe heiß geredet habt und du deshalb ein bisschen übertrieben hast. Ich hoffe, dass es so ist.

Falls nicht, muss ich doch noch mal auf deine Bemerkung zurückkommen. Du sagst: "Wenn sich raustellt das ich eine Gefahr für mich oder andere bin, komm ich 6 Wochen in die Geschlossene."

Wenn das so ist und sogar der Amtsrichter schon bei euch war und mit dir gesprochen hat, dann ist die Sache wohl viel ernster. Vielleicht hast du dann auch einiges nicht geschrieben, was zum Thema gehört hätte? Das will ich dir natürlich hier auf keinen Fall vorwerfen Aber diese Informationen hätten natürlich großen Einfluss auf meine Antwort. Bestimmt will deine Mutter nur, dass dir geholfen wird.

Eine Untersuchung ist ja nichts Schlimmes, auch wenn dabei festgestellt wird, dass du dich mal geritzt hast. Sie sehen ja, dass du es jetzt nicht mehr tust, und ein Profi erkennt dann auch, dass es dir inzwischen wieder besser geht. Ganz wichtig ist, dass du dich nicht sperrst, sondern auch sagst, was du willst und was du nicht willst! Denk daran, steck den Kopf nicht in den Sand, sondern rede mit den Leuten, die dich untersuchen! Und vor allem rede mit deiner Mutter!!! Keine Mutter will doch, dass es ihrem Kind schlecht geht, ganz bestimmt auch deine nicht. Also, komm aus deinem Schneckenhaus heraus und sag, was du denkst, was du fühlst, was du willst oder nicht willst. Du bist stark, denn du weißt, was du willst. Darauf kannst du aufbauen!

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du bald wieder Freunde am Leben hast. Und melde dich, wenn du nochmal Rat oder Hilfe aus der Ferne von einer neutralen Person brauchst. Wir sind für dich da! Alles Gute für dich!

Liebe Grüße, Jeanett