Problem von Anja - 17 Jahre

http://mein-kummerkasten.de/233073/Vater-gestorben.html

Hey, ich habe kein Problem aufzuführen, ich möchte bloß etwas loswerden.

Ich bin zufällig auf das Problem http://mein-kummerkasten.de/233073/Vater-gestorben.html gestoße und habe die Antwort dazu gelesen, die allen Anscheins nach von einem Vater kam.
Das Feedback war wirklich wunderschön und ehe ich mich versah liefen mir die ersten Tränen über die Wangen.
Mein Vater ist nicht gestorben, aber er ist nie wirklich für mich da, da wir uns irgendwie voneinander entfernt haben. Ich habe das Gefühl, von ihm nicht geliebt zu werden.
Und als ich gelesen habe, was sich der Beantworter des Problems für seine Kinder wünscht, wenn er einmal tot ist, habe ich mich gefragt, ob er mit seiner wütenden, cholerischen Art nicht doch immer das Beste für mich will und es bloß nicht zugeben kann oder ich es nicht verstehe.
(Ein Beispiel dazu: Ich bin sehr dünn und lasse auch öfter Mahlzeiten aus. Mein Vater kam eines Tages zu mir und sagte ziemlich wütend, dass ich etwas essen sollte. Einen Moment hab ich gedacht, er würde sich um mich sorgen, was mich wirklich glücklich gemacht hat. Aber dann hat er hinzugefügt, dass ich etwas essen solle, damit die Lebensmittel nicht schlecht werden. Da war ich dann doch etwas enttäuscht.)
Vielleicht kann er sich einfach nicht anders ausdrücken und versucht einfach auf seine eigene, unnahbare Art, ein guter Vater zu sein.
Und ich frage mich, ob er mich ebenfalls um Verzeihung bitten würde für die Fehler, die er macht und gemacht hat.
Ich würde ihm verzeihen. Ich würde ihm alles verzeihen.
Vielleicht sehe ich meinen Vater jetzt auch einmal in einem anderen Licht.
Und ich hoffe, dass ich ihn nicht so bald verliere.
Vielen, vielen Dank für dieses wunderschöne Feedback, dass mir als Tochter die Augen geöffnet hat.
Und ein herzliches Beileid an den Jungen, der seinen Vater verloren hat.

Anja

Bernd Anwort von Bernd

Liebe Anja.

Vielen Dank für Dein wunderschönes Feedback!
Es ist besonders schön, zu erfahren, dass das, was wir schreiben auch noch weitere Menschen berühren kann. Und nicht allein die erreicht, für die es in erster Linie natürlich geschrieben ist.

Tatsächlich bin ich Vater zweier Söhne.
Und deshalb möchte ich Dir gerne berichten, wie es mir mit den beiden erging (so in Bezug auf Mitteilung von Gefühlen).

Eigentlich bin ich ein Mensch, der den Söhnen gerne seine Gefühle mitgeteilt hat.
Das ging bis zu dem Zeitpunkt, als mein Ältester mir einmal gesagt hat, dass meine Umarmung für ihn "peinlich" ist.
Ab da habe ich es halt gelassen!
Und es hat ca. 3 Jahre gebraucht, bis der Knabe verstanden hat, dass es an ihm ist, auf mich zuzugehen!
Mir zu zeigen, dass ich ihm nicht mehr peinlich bin!

Mittlerweile klappt das vorzüglich. Sogar, wenn seine Freunde dabei sind!
Das Warten hat sich für uns alle drei gelohnt!

Mit Töchtern habe ich zwar keine eigene Erfahrung.
Aber wenn ich es mir vorzustellen versuche, sehe ich in einer Heranwachsenden auch immer die junge Dame. Und Väter sind nun mal auch immer Männer. Die einfach oft verlegen sind, weil sie sich nicht falsch ausdrücken wollen. Nicht "peinlich" sein wollen. Und vor allem in ihrer Zuneigung nicht mißverstanden werden wollen.
Da halten wir Alten manchmal lieber einen Schritt mehr Abstand, auch wenn es uns eigentlich schwer fällt.
Und weil wir uns in der Rolle eigentlich auch nicht richtig wohl fühlen, werden wir manchmal zu den grießgrämig bis grimmig guckenden Grizzlies.

Vielleicht trifft das ja ein wenig auch auf Deinen Vater zu?

Vielleicht kannst Du seine Blockade ja durchbrechen, indem Du auf ihn zugehst?

Ich würde es Dir und Deinem Vater von ganzem Herzen wünschen!

Alles Liebe,

Bernd