Problem von David - 24 Jahre

Kraftlos und viele Probleme

Hallo liebes Kummerkasten-Team,
es fällt mir furchtbar schwer mich hier auszulassen und wenn ich nicht so große Schwierigkeiten hätte mit irgendwem über meine Probleme zu reden wär alles gar nicht so weit gekommen. Irgendwie bin ich vollkommen kraftlos, obwohl es grade eine so wichtige Phase meines Lebens ist. (bin grade dabei mein Studium abzuschließen) Es sind so viele Rückschläge, die geballt auf mich einhageln, dass ich gar nicht weiß wie ich damit umgehen soll und mich am liebsten einfach in den Zug setzen und irgendwo ein neues Leben beginnen würde. Mein Mitbewohner und bester Freund hat ganz spontan beschlossen einfach auszuziehen und sich ne Wohnung mit seiner Freundin zu nehmen und ich selbst habe schon seit Monaten unter den Launen meiner eigenen Freundin zu leiden, die all ihren Frust stets an mir auslässt und mich für nen Versager hält. Am liebsten würde ich ja einfach Schluß machen, da die Beziehung eh am Ende ist, aber selbst dazu fehlt mir die Kraft. Genauso wie für das Studium, meine Band und jegliche Freundschaften und soziales Leben. Am liebsten würde ich zur Zeit einfach alles hinschmeißen. Mir fallen das nur radikale Lösungen ein und ich weiß nicht wie ich mich Schritt für Schritt aus dieser Misere wieder befreien kann.

Marie Anwort von Marie

Lieber David,

ich finde es ganz toll, dass du dich an uns gewendet hast, obwohl es dir so schwer fällt, andere um Hilfe zu bitten. Das war schon ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung!

Du hast schon selbst erkannt, dass du deine Probleme nur Schritt für Schritt bewältigen kannst. Im Moment hast du einen riesigen Berg an Problemen vor dir - da ist es vollkommen verständlich, dass du das Gefühl hast, dass alles zu viel wird und nicht zu bewältigen ist. Aber wenn du diesen Berg Stück für Stück abträgst, ist es machbar.

Wichtig ist, dass du dir erst einmal Prioritäten setzt und dann eins nach dem anderen abarbeitest. Ich habe den Eindruck, dass dein Leben im Moment ziemlich "vollgestopft" ist. Wenn du dich z.B. dafür entscheidest, dass dein Studium jetzt erstmal Vorrang hat, dann hätte deine Band sicher Verständnis dafür, wenn du sie zugunsten des Studiums erst einmal eine Weile hintenanstellen würdest.

Was deine Freundin angeht: Sprich sie in einem ruhigen Moment mal darauf an, was dich an eurer Beziehung stört und welche konkreten Veränderungen du dir wünschen würdest. Bleib dabei immer nur bei deiner eigenen Sichtweise, deinen Gefühlen und Wünschen, damit sie sich nicht angegriffen fühlt und nicht gleich abblockt.
Dann stelle sie vor die Wahl, ob sie eurer Beziehung - mit den entsprechenden Veränderungen, die du dir wünschst - noch eine Chance geben will oder ob es aus ihrer Sicht doch besser wäre, die Beziehung zu beenden. Auf diese Weise entscheidet ihr gemeinsam, wie es weitergehen soll. Vielleicht seht ihr ja doch eine Möglichkeit, eure Beziehung wieder so zu gestalten, dass ihr beide damit zufrieden seid - das würde dir sicher auch etwas mehr Kraft geben, deine anderen Probleme zu meistern.
Aber selbst wenn ihr euch für eine Trennung entscheidet, dann schiebst du das Problem zumindest nicht mehr länger vor dir her und die Belastung ist vielleicht nicht mehr ganz so groß wie jetzt.
Du kannst ihr das Ganze auch in einem Brief schreiben, wenn das Gespräch z.B. nicht so verläuft, wie du es dir vorgestellt hast, und du nicht alles, was dir wichtig war, ansprechen konntest.

Dass dein bester Freund einfach so auszieht, ist natürlich schon ein harter Schlag. Aber mach dir bitte immer wieder klar, dass das nicht bedeutet, dass er nichts mehr mit dir zu tun haben will. Es ist ganz normal, dass er einfach näher bei seiner Freundin sein und sie öfter sehen möchte - das hat nichts mit dir zu tun und ist auch nicht gegen dich persönlich gerichtet.
Versuche, die Freundschaft zu ihm trotzdem so gut wie möglich aufrecht zu erhalten, wenn dir etwas daran liegt. Verabrede dich regelmäßig mit ihm oder geh ihn besuchen. Auch wenn es manchmal schwer fällt, sich dazu aufzuraffen - meistens wird es dann doch ganz schön und man ist froh, dass man sich überwunden hat :-) Das gilt auch für die anderen Freundschaften, die dir wichtig sind (wobei du dir auch hier Prioritäten setzen und dir genau überlegen solltest, mit wem du deine Zeit verbringen willst - um alle Bekanntschaften zu pflegen, reicht die Zeit sicher nicht aus).

Was dein Studium angeht: Auch hier kannst du die Aufgaben, die noch anstehen, in viele kleine Schritte unterteilen. Mach dir am besten einen Zeitplan, was du bis wann geschafft haben willst (z.B. pro Tag durchschnittlich eine halbe Seite für die Abschlussarbeit schreiben - ich weiß ja nicht, was du studierst und wo genau deine Probleme liegen, aber das Prinzip lässt sich sicher übertragen).
Wenn du merkst, dass es zeitlich eng wird, wäre vielleicht eine Verlängerung des Studiums um ein Semester eine sinnvolle Idee. Dann könntest du es insgesamt entspannter angehen lassen und hättest mehr Zeit, dich um die restlichen "Baustellen" zu kümmern.

Wichtig ist, dass du dich immer wieder selbst für jeden kleinen Schritt, den du geschafft hast, belohnst, z.B. mit einem leckeren Essen oder irgendetwas, das dir Spaß macht. Dann kommt mit der Zeit auch die Kraft wieder.

Falls das alles nichts nützt und du das Gefühl hast, dass es eher schlimmer als besser wird, dann zögere bitte nicht, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Therapeuten haben jeden Tag mit solchen Problemen zu tun und wissen, wie sie dir helfen können - und du musst auch keine Angst haben, dass du nicht ernst genommen oder in irgendeiner Weise verurteilt wirst. Außerdem unterliegen sie der Schweigepflicht. Du kannst einfach dort anrufen (am besten bei mehreren Therapeuten, um wirklich jemanden zu finden, mit dem du gut klarkommst) und einen Termin vereinbaren. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse. Vielleicht hilft dir unsere Soforthilfe, die Scheu davor ein wenig abzubauen:
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Wie-finde-ich-einen-Psychologen.html

Ich wünsche dir alles Gute!

Liebe Grüße,
Marie