Problem von Anonym - 20 Jahre

Frisch im Leben, alles voll daneben

Hallo,

zu Beginn muss ich gleich ein wenig weiter ausholen um dir einen besseren Überblick zu verschaffen.

Als ich 13 war ist meine Mutter an einer Lungenembolie gestorben, zwei Jahre davor litt sie an Brustkrebs. Meine Eltern ließen sich scheiden als ich, so glaube ich zumindest, 3-4 Jahre alt war.

Nach ihrem Tod, war ich zuerst bei meinen Stiefvater, er versagte als Elternteil, ich zog rechtzeitig noch zu einer meiner Schwester, denn ein paar Monate später wurde die Wohnung meines Stiefvaters delogiert, meine beiden Brüder kamen zum Jugendamt.

Nach einem Jahr bei meiner ältesten Schwester, hielten wir es beide nicht mehr aus, dann nahm mich endlich die Schwester auf, zu der ich die stärkste Bindung besaß.

Von nun an (15 Jahre alt) lebte ich eine Art Nomade-Studentenleben, meine Schwester machte gerade politische Karriere, und ich schlief immer bei anderen Freunden von ihr.

In der Schule machte ich mich mehr schlecht als Recht, nach der 4. im Gymnasium wechselte ich die Schule. 300 km weiter weg.

Ich kam in ein Internat und hatte bis jetzt 4 sehr schöne Jahre.

Nach dem kurzen Intro, jetzt zum eigentlichen Problem:

Ich lernte meine Freundin vor gut 1,5 Jahren im Sommerpraktikum. Aufgeregt, erste Liebe, erster Sex, Regenbogen Sonnenschein. Wir taten uns gegenseitig einfach unglaublich gut.

Meine Freundin kommt aus einer Familie mit winzigem Bauernhof. Eltern ziemlich konservativ, keine Arschlöcher, aber sehr wohl Idioten. Jedenfalls haben sie es geschafft das Selbstbewusstsein meiner Freundin, in den 18 Jahren wo sie dort lebte, schlichtweg zu eliminieren. Ich sah Sie nur am Wochenende, Fernbeziehung

Ihr letztes Schuljahr verstrich, Sie wollte zu mir ziehen. Alles Toll, kein Problem, daran, dass meine Freundin circa jeden zweiten Tag weinte, wenn ich Sie sah oder wir telefonierten, hatte ich mich inzwischen gewöhnt.

Dann kam Ihre Matura. Sie fiel durch. Sie hatte zuwenig gelernt. Nicht aus Faulheit, das wäre ja kein Problem, sondern weil Anzeichen von manischer Depression zeigt. ( Matura ist das selbe wie Abitur, um verwirrung zu vermeiden)

Ich schaffte es sie wieder halbwegs aufzubauen, immerhin hatte sie 3 Monate bis zur Wiederholungsprüfung. Wir arbeiteten im selben Betrieb in diesem Sommer und Ihr Neurosen wurden immer schlimmer. jetzt weinte sie so gut wie jeden Tag, klammerte wie verrückt, machte sich selber runter, lernte nichts für die Matura.

Ich muss erwähnen das ich sehr sehr jähzornig bin. Oft tat ich meiner Freundin Unrecht, war mürrisch und gehässig, habe sie angeschrien sie zwar nicht geschlagen aber ihr doch wehgetan. Zu allem Überfluss, wenn meine Freundin weint macht micht das zuerst einmal wütend. Klassiker ich weiß, Hilflosigkeit -> Zorn

Wir überstanden auch diese Zeit. September hatten wir frei und ich hatte es mittlerweile aufgegeben meine Freundin motivieren zu wollen. Jedesmal wenn ich das Wort \"lernen\" in den Mund nahm, ging die Heulerei von vorne los, sie badete im Selbstmitleid und mir ging langsam die Geduld aus.

Wir siechten so dahin, bis der Tag des Umzugs kam. Endlich waren wir nun in der Wohnung, um genau zu sein ist das nun 3 Wochen her.

Nun geht uns das Geld aus, weil ich Schüler bin und nur ein paar Beihilfen bekomme. Sie arbeitet derzeit nicht, obwohl es abgemacht war. Nicht das sie nicht will, aber Ihre geringes Selbstvertrauen stehen ihr im Weg und ihre Neurosen. Sie hatte ein Jahr Zeit sich eine Stelle zu suchen, musste auch nicht unbedingt Vollzeit sein, nur gerade so das wir nicht auf der Straße landen.

Und sie hat es nicht zustande gebracht. Sie hatte eine Zusage von einem wirklich guten Hotel, aber sie schob den entscheidenden Anruf dort hinaus und hinaus. Letzte Woche hätte sie auch eine Stelle bekommen. aber sie kam weinend vom Probetag nach Hause, da konnte ich sie schlecht zwingen dort zu arbeiten.

Bei Ihrem Termin der Nachmatura war sie auch nicht, hätte wahrscheinlich auch wenig gebracht, sie hatte nicht einen Strich gelernt in den 3 Monaten.

Ich merke langsam, wie ich immer launischer werde. Ich hab mir jetzt etwas von meiner Schwester vorstrecken lassen damit wir über die Runden kommen, aber das ist keine Lösung auf Dauer.

Ich habe schon darüber nach gedacht sie zu verlassen, aber das wär einfach nur dumm. Ich liebe sie, ich bin wirklich der einzige Mensch den sie noch hat. ( Nicht eine/n Freund/in hat sie) und ich habe Angst sie würde sich etwas antun.

Helft mir bitte.

Verena Anwort von Verena

Lieber Ratsuchender,

Ersteinmal möchte ich dir sagen, wie bewundernswert ich deine Kraft finde. Du hast selbst einiges "im Gepäck" und trotzdem bringst du die Kraft auf auch noch deine Freundin zu stürzen. Das könnten nicht viele Menschen.

Und hier höre ich auch in Deiner Mail, dass du langsam an die Grenzen deiner Kraft kommst. Und das ist nur zu verständlich, denn (bitte nimm mir das nicht übel) es ist völlig unmöglich, dass du auch noch die Porbleme deiner Freundin allein schulterst.

Ich weiß nur, das was du schreibst über die Situation deiner Freundin, aber es klingt als hätte sie Probleme, die sie allein aus eigener Kraft und auch mit deiner Hilfe nicht lösen kann.
Man möchte einem geliebten Menschen gerne mit aller Kraft helfen, aber manchmal muß man einsehen, dass es die eigenen Möglichkeiten übersteigt. Und dann ist die beste Hilfe die man bieten kann, sie zu motivieren jemanden zu suchen der ihr besser helfen kann. Ob das ein Therapeut sein sollte, oder erst einmal auch eine Kriesen oder Lebensberatung hilft, kann ich von hier aus nicht einschätzen. Das könnt ihr beide am besten beurteilen.

Aber dieser völlige Rückzug von der Außenwelt, den du beschreibst, gibt mir schon zu denken. Erstens weil ehr für mich ein Zeichen ist, dass sie Hilfe braucht.
Und Zweitens, weil er bedeutet, dass Du ihre ganze Welt wirst.
Das ist mehr als ein Mensch tragen kann, und eine Beziehung hält eine solche einseitige Abhängigkeit, bei aller Liebe, nur schwer aus.

Nun sitz ich hier und versuche dir zu raten.
Du hast das Recht und die Pflicht auch an dich und deine Kräfte zu denken.

Das heißt nicht, dass du sie allein lassen mußt. Aber es wird in jedem Fall Zeit für ein offenes Gespräch, in dem Du ihr das sagst:
Dass Du sie liebst.
Dass ihre Ängste eine Gefahr für eure Beziehung sind.
Dass du allein, ihr nicht helfen kannst.
Dass du ihr gerne hilfst andere, professionelle Hilfe zu bekommen.
Dass sie selbst aktiv werden muß.


Du hast uns schon gefunden, du und auch sie, ihr seid beide gerne jeder Zeit willkommen euch an uns zu wenden.

Ich wünsche dir alles Gute

Verena