Problem von Anonym - 19 Jahre

Lebenskrise ..

Ich weiß garnicht, wie ich anfangen soll, mein Problem zu schildern. Es ist so rieseig und droht mich zu zerdrücken ..

Ich hatte in meinem Leben schon zwei \"Lebenskrisen\" gehabt. Eine als ich 15 war, die andere da war ich 17. Jetzt bin ich 19 ..
Sieht wohl so aus, als ob das alle zwei Jahre immer wieder auftaucht, was? ..

Jedenfalls die ersten zwei schlimmen Phasen mit 15 und 17 waren sehr heftig. Ich hab beide Male die Schule für einen Monat nicht mehr besucht; also ich bin einfach nicht mehr hingegangen, beide Male zwei Tage nach den Sommerferien.
Ich war einfach überfordert.
Ich hatte extreme Angst gemobbt und ausgestoßen zu werden, obwohl mir das zum Glück nie passierte. Aber durch Depressionen wurde mein Selbstbewusstsein immer kleiner, sodass ich mich selbst hasste. Ich fühlte mich klein, grau und hässlich. Immer wenn ich andere Mädchen sah, waren alle in meinen Augen besser angezogen, hübscher, selbstbewusster und einfach besser als ich.
Als ich 15 war hat mir eine Heilpraktikerin aus diesem Loch geholfen und mich zur Schule geschleift. Als ich 17 war haben mir eine Therapeutin und Anitdepressiva gehofeln, wieder in die Schule zu gehen.
Aber als ich in diesen Löchern war, haben meine Eltern immer die volle Panik gekriegt, wodurch ich mir noch schlechter vorkam. Sie haben mich angeschrieen und immer gesagt: \"Mit deinem Bruder hatten wir nie solche Probleme.\" Das hat mich am meisten runtergezogen.

Jedenfalls, jetzt bin ich fertig mit der Schule, habe mein Abi mit 2,6 abgeschlossen. Ich hatte eine Extreme Blockade mir über meine Zukunft Gedanken zu machen. Und immer wieder hat mich meine Mutter gefragt: \"Was willst du machen? Bald ist Bewerbungsschluss für die Studiengänge!\" Also habe ich unter Druck vom einen auf den anderen Tag entschlossen Medienwissenschaften zu studieren, hab mich beworben und dann war für 2 Monate Ruhe! Auszuziehen fand ich attraktiv, weil es zu Hause so viele Probleme gab. Aber als der Zeitpunkt dann gekommen ist wirklich ein neues Leben in einer neuen Stadt zu beginnen bin ich zusammengebrochen. Ich habe Panik bekommen und den Studienplatz sausen lassen. Ich wolle zu Hause mich unter meiner Bettdecke verkriechen und für immer dort bleiben.

Jetzt mache ich ein Praktikum. Das geht aber nur bis Dezember und was danach sein soll, weiß ich nicht.
Ich fühle mich wieder wie vor zwei Jahren. Depressiv, traurig, klein und hässlich. Ich könnte den ganzen Tag heulen. Nachts wache ich schreiend auf. Ich habe keine Freunde mehr, die was mit mir machen können, weil alle entweder weggezogen sind oder mit der Uni jetzt total viel Stress haben. Ich bin allein und einsam ..
Am liebsten hätte ich jemanden, der mich an die Hand nimmt und mir eine Zukunft mitteilt, die ich gut finde.
Am liebsten würde ich etwas kreative studieren, aber man braucht überall Mappen (wovon ich keine Ahnung habe) oder man muss Eignungstests machen (dort würde ich sterben! Ich hasse es vor anderen Leuten einen Vortrag zu halten, ich krieg immer fast einen Herzinfakt. Auch in der Schule habe ich mich clever um alle Referate drum rum gemogelt ..).

Aber ich will meinen Eltern nicht wieder einen Grund geben mich anzuschrein und mir Druck zu machen .. Ich kann auch nicht mit ihnen reden. Meine Mutter fängt vor allem dann immer an in Selbstmitleid zu baden und hällt mir eine Gardinenpredigt, wie schlecht es ihr doch durch mich geht. Und ich solle sie doch auch mal verstehen. Das macht mich wahnsinnig!

Aber deshalb muss ich irgendeinen Plan finden. Nicht nur für meine Eltern, auch für mich. Nur das fällt mir extrem schwer. Irgendwas in mir hintert mich daran mich zu informieren über Studiengänge.
Extreme Zukunftstangst!
Extreme Angst, das Falsche zu tun, die falsche Entscheidung zu treffen!

In unbeobachteten Momenten denke ich sogar daran, wie es wäre, wenn ich einfach nicht mehr da wäre. Was passiert, wenn man tot ist.
Aber umbringen würde ich mich nie!

Ich weiß einfach nur nicht mehr weiter ..

Jessica Anwort von Jessica

Hallo,

ich freue mich, dass Du Dich an uns gewendet hast. Ich kann Deine Problematik sehr gut nachvollziehen, nicht nur, weil ich es selbst durchgemacht habe oder noch durchmache, aber auch weil es so vielen anderen Menschen geht wie Dir.

Ich möchte mal von hinten anfangen und kurz über Deine Zukunft sprechen: Ich persönlich finde, dass es manchmal unmöglich ist mit 19 Jahren 100%ig zu wissen, welchen beruflichen Weg man einschlagen soll. Ich finde es aber toll, dass Du für Dich schon erkannt hast, dass Du gerne kreativ bist und gerne in diese Richtung weiterentwickeln möchtest. Du musst jetzt ? wenn Du das nicht möchtest ? kein Studium anfangen, vielleicht würde es Dir helfen, erst noch ein paar Praktikas zu machen, denn dadurch kommst Du mit den ausgewählten Berufen in Kontakt, kannst Dir dann ein Bild davon machen und kommst Deinem Ziel ein stückweit näher. Kreative Berufe gibt es jede Menge ? ich selbst habe mich kürzlich nach kreativen Berufen umgeschaut und überlegt, welche davon ich machen würde. Das es da irgendwelche Voraussetzungen gegeben hat ? außer Abitur oder einen Hochschulabschluss ? ist mir aber nicht bekannt. Ich kann mir zumindest vorstellen, dass es auch welche gibt, wo keine weiteren Voraussetzungen benötigt sind. Lasse Dich aber bitte nicht durch andere bedrängen oder ein schlechtes Gewissen einreden und gehe Deinen Weg selbst. Wenn Du Dich genügend informiert hast wird es irgendwann bei Dir ein Klick geben und Du wirst wissen, was Du tun möchtest. Es wird sich über die Zeit etwas ergeben und wenn Du es weisst, dann bist Du sicherlich auch froh, dass Du keine übereilte Entscheidung getroffen hast, weil Dir irgendwer Druck gemacht hat.

Solange Du Dich schonmal in der Sparte befindest, die Dich interessiert ist doch das meiste schon geschafft. Selbst wenn Du Dich nach Deinem Studium dann auf ein anderes kreatives Gebiet umspezialisierst, bist Du wenigstens schon mal in dem Gebiet tätig geworden. Ich glaube es gibt nur selten Menschen, die ihren Beruf finden und dort bleiben, viele entwickeln sich mit der Erfahrung und Kenntnisse irgendwann weiter und verbessern sich über kurz oder lang. Also falsch kannst Du niemals etwas machen ? es sei denn Du würdest den Vorstellungen und Wünschen anderer folgen!




Damit kommen wir auch zu Deinem zuerst geschilderten Problem ? Dein Selbstbewusstsein. Dieses ist leider ein Thema, dass nicht so leicht zu beantworten ist. Aber viele Ursachen für ein vermindertes Selbstbewusstsein sind oft, dass man seine eigenen Grenzen nicht kennt, diese überschritten werden und man den Mut nicht hat, sich gegen die Dinge zu wehren, die einem nicht gefallen ? also Dinge auszusprechen.
Eine weitere Ursache ist oft, dass unsere Gesellschaft ein Bild vorgibt, wie man zu sein hat und wenn man sich nicht anpasst und genauso ist wie sie, dann ist man nicht normal. Deshalb vergleichen wir uns oft, um die Unterschiede festzustellen und stufen uns selbst dann irgendwie als nicht normal oder ?klein? und unscheinbar ein. Das stimmt aber nicht!

Es ist wirklich wichtig, dass wir alle verstehen, dass wir so wie wir sind mit unseren angeblichen Fehlern und auch Qualitäten, perfekt und einzigartig sind.

Ich bin für mich folgendermaßen vorgegangen, vielleicht hilft Dir dieser Weg auch ein Stück weiter:

1. Ich habe für mich erst einmal aufgeschrieben welche Qualitäten, Vorlieben, Interessen ich habe.
2. Dann habe ich mir die Dinge an mir aufgeschrieben, die ich nicht so schön finde.
3. Nach einiger Zeit habe ich festgestellt, dass viele meiner Fehler eigentlich sogar meine Stärken sind, die mir helfen mich durchzusetzen (Bspw. Egoismus, etc).
4. Dann habe ich mir diese Dinge immer wieder vor Augen gehalten und immer wieder wiederholt, dass ich mich so wie ich bin gut finde und lasse es nicht zu, dass das irgendwer verändern will oder mich die Gesellschaft verändert!!

Das schöne daran ist, dass ich jetzt wo ich dieses umgesetzt habe, auf Menschen getroffen bin, die wirklich zu mir passen und bei denen ich mich wohlfühlen kann ? weil sie mir ähnlich sind und weil sie mich so akzeptieren wie ich bin. Denn wenn andere Dich nicht akzeptieren, so wie Du bist, dann bist es nicht Du, die ein Problem hat, sondern sie.

Du hast geschrieben, dass Du heute keine Freunde mehr hast, weil sie verzogen sind. Ich möchte Dir sagen, Deine wahren echte Freunde werden es immer bleiben, egal wo sie sind und was sie machen. Telefoniere mit ihnen, halte die Verbindung vielleicht so aufrecht, wenn es nicht anders geht. Vielleicht hast Du auch ein paar Interessen, die Du vertiefen möchtest (es gibt so viele Dinge wie soziale Gruppen, Sport, Vereine, etc), vielleicht lernst Du über solche Aktivitäten oder Dein zukünftiges Studium wieder neue Menschen kennen.

Du wirst es schaffen, dessen bin ich mir sehr sicher. Du scheinst mir ein sehr intelligentes junges Mädchen zu sein, mit dem Herz an der richtigen Stelle und die es sicherlich sehr weit bringen wird 

Ich wünsche Dir alles Liebe und bin immer für Dich da, wenn Du in diesem Prozess weiter Hilfe und Unterstützung benötigst.

Alles Liebe,

Jessica