Problem von Anonym - 20 Jahre

Komisches Problem

Hallo liebes Kk-Team,

Danke dass ihr euch auch meinem Problem widmet.

Mein Problem ist wahrscheinlich unverständlich und deshalb weiß ich auch nicht, ob meine Einstellung gerechtfertigt ist.

Vorab: es ist mir total peinlich, ich schäme mich in Grund und Boden wegen dieser Sache, doch es lässt mich nicht los und ich kann es auch nicht kontrollieren, es ist höchstwahrscheinlich nicht selbstbestimmt und es ist eine Kleinigkeit, geradezu eine Pingeligkeit wo ein normal denkender Mensch (vielleicht zurecht) sagen würde omg der hat Wahnvorstellungen. Und ich schäme mich in Grund und Boden, dass ihr jetzt wegen dieser Kleinigkeit diesen langen Text lesen müsst.

Ich hab gerade mein Abitur hinter mir, bin damit auch weitgehend zufrieden.

Das eigentliche Problem ist, dass ein Gedanke mich nicht mehr loslässt, er hat sich fest in mein Gehirn eingebrannt, es wird mir immer in Erinnerung bleiben, was vor 2 Jahren passiert ist. Es ist eine absolute Kleinigkeit, die mich aber richtig zur Weißglut bringt.

Meine Mutter hatte damals versucht, meinen Lerneifer zu bremsen. Ich weiß nicht, ob es mutwillig war, aber ich glaube es. Und genau dieser Gedanke ist mein Problem. Es kränkt mich zutiefst, dass meine Mutter mutwillig versucht, meine Zukunft zu zerstören. Ok, es war jetzt nichts Großes, halt nur das Aussprechen von bestimmten Wörtern und Sätzen, ansonsten hat meine Mutter nichts gemacht. Deshalb komme ich mir selber oft vor wie ein Depp, wenn ich diesen Zwangsgedanken habe. Doch der Zwangsgedanke geht nicht mehr raus und er schürt einen Hass gegen meine Mutter. Es war damals einfach total offensichtlich, dass meine Mutter mir mein Abi und damit meine Zukunft mutwillig zerstören will (Grund 1: das Plötzliche Auftreten der Aussagen. Vorher hats meine Mutter nicht gejuckt. Doch sprunghaft hat es dann angefangen mit Sätzen wie \"du darfst dich nicht überanstrengen\" oder \"ich will nicht dass du wieder Nasenbluten kriegst\" ; Grund 2: eine Bekannte war da, die hat das auf Anhieb erkannt und direkt gesagt wie es ist. Daraufhin war meine Mutter beleidigt. ; Grund 3: der Neid als Motiv, denn ich glaube meine Mutter kann mir nichts gönnen und deshalb wollte sie mir auch nicht gönnen, dass mein Abi besser wird als ihres). Das war vor diesem Ereignis für mich noch (weitgehend) unvorstellbar. Und genau deshalb war ich damals auch extrem geschockt. Dieser Gedanke kommt manchmal urplötzlich aus dem Nichts, vergessen kann ich dieses Ereignis ohnehin nicht, ich werde mich mein Leben lang daran erinnern, auch wenn es etwas vergleichsweise Harmloses ist, denn ich war extrem verbissen. Es geht mir in erster Linie auch gar nicht darum, wie jetzt mein Abitur geworden ist, und auch nicht darum dass ich mich auf die Zukunft konzentrieren soll und dass die Vergangenheit nicht zu ändern ist. Es geht mir in erster Linie um das, was meinen Hass gegen meine Mutter schürt: der Gedanke, dass sie mir die wichigen Dinge im Leben mutwillig zerstören will. Und kein bisschen mehr. Nur dieser Gedanke, der ist seit diesem Ereignis unheimlich stark und ich bin ohnmächtig. Es geht mir nicht darum, wie es jetzt geworden ist, ich schaue in die Zukunft auf mein Studium, auf all das was ich noch erleben werde, doch ein wichtiger Gedanke der mich immer wieder verfolgt ist: deine Mutter will dir im Leben alle wichtigen Weichenstellungen zunichte machen. Punkt, mehr ist es nicht. Doch immer wenn ich diesen Gedanken in mir trage, komme ich mir vor wie ein Depp, wie ein undankbares Miststück, denn ich weiß dass meine Mutter mich in ihrem Inneren lieb hat und ich sie auch in meinem Inneren lieb habe (was aber meinen Gedanken als Möglichkeit nicht ausschließt). Bitte versteht mich nicht falsch, ich selber komme mir manchmal vor wie ein Depp, und ich hasse meine Mutter auch nicht direkt. Aber dieser Gedanke erzeugt einen gewissen Hass und ich habe auch schon oft genug mit meiner Mutter darüber geredet und will sie damit auch nicht mehr belasten. Das Problem ist nur, dass ich wirklich Phasen habe, wo dieser Gedanke für mich glaubhaft ist, es ist mir einfach offensichtlich, dass es mutwillig ist. Um sich in mich reinzuversetzen braucht man einfach nur das Gefühl: wie ist es für dich, wenn deine Eltern dir mutwillig deine Zukunft zerstören wollen oder dies aus Neid tun. Der Gedanke lässt mich nicht los. Es ist, als hätte ich 2 Stimmen im Kopf. Die erste Stimme ist der Gedanke und die zweite Stimme ist gerade der Gegengedanke, dass es doch total unvorstellbar ist. Doch der erste Gedanke, eben dieser Zwangsgedanke impliziert dass es wirklich so ist, dass es die knallharte Realität ist. Bitte bitte helft mir, ich weiß nicht was ich dagegen tun soll, bin schon am überlegen einen Psychiater aufzusuchen. Denn, so unglaubwürdig, so harmlos das alles hier klingen mag, wenn man das jetzt hier liest, denkt man vielleicht, es ist kein Problem, es ist unbegründet, es ist eine Kleinigkeit. Doch ich kann einfach nicht in Worte fassen, wie sehr mich dieser Zwangsgedanke und das ganze Drumherum in den Wahnsinn treibt, es ist eben in meinem Kopf keine Kleinigkeit, das Problem ist, dass man es nicht sehen kann, was sich da in meinem Kopf abspielt. Und deshalb schäme ich mich in Grund und Boden. Es bezieht sich auch nciht auf die Vergangenheit. Der Zwangsgedanke ist nicht auf mein Abi reduziert. Er existiert auch jetzt in der Gegenwart, es ist der Gedanke der Missgunst meiner Mutter, der Zerstörungswut durch Missgunst geleitet. Das Ereignis vor 2 Jahren ist nur der Auslöser, denn seit dem ist der Gedanke da. Jetzt geht der Gedanke weiter, er ist einfach so realistisch, er wird mich nie mehr loslassen. Wenn ich diesen Gedanken habe, ist für mich in dem Moment klar: es ist so wie es ist, es ist knallharte Realität.

Leider weiß ich überhaupt nicht, was dahinter steckt, es ist mir so peinlich, doch es ist eben das, was ich denke und ich will das alles nicht denken, eigentlich will ich gar nicht hassen, doch der Gedanke zwingt mich dazu. Was soll ich tun ?

Jessica Anwort von Jessica

Hallo,

ich freue mich, dass Du den Mut dazu gefunden hast, Dich an uns zu wenden. Ich möchte Dir helfen und kann Verstehen, dass Du Dich mit diesen Gedanken nicht wohl fühlen kannst.

Hast Du Dich mal mit Deiner Mutter ausgesprochen? Nicht in Form eines Angriffs, aber mal versucht sie zu fragen, warum sie damals nicht wollte, dass Du so viel lernst? Ich kann aus Deiner Mail leider nicht herauslesen, dass dieses Gespräch stattgefunden hat, deshalb Frage ich.

Es ist unheimlich wichtig, solche Gefühle bei der betreffenden Person offen anzusprechen ? nicht in Form von Kritik ? aber inetwa ?Mama, bei Deinen Aussagen damals, die ich nicht ganz verstehen konnte, kam ein Gefühl rüber, dass Du nicht wolltest, dass ich so viel lerne, warum ist das so? Bei mir ist es dann so angekommen, als ob Du es mir nicht gönnen würdest? Gibt es hierfür einen Grund??

Eventuell kommen bei diesen Gesprächen Dinge ans Licht, die man erst dann verstehen kann. Es kann sein, dass Deine Mutter Dir diesen Erfolg nicht gönnt, aber es kann auch sein, dass sie selbst keine Kindheit hatte oder sich um Dich sorgt und möchte, dass Du zwar erfolgreich bist, aber auch dabei nicht vergißt zu Leben und Deine Jugend zu genießen.

Wie hatte sie denn auf Deinem Abschluss reagiert?

Falls dieses Gespräch noch nicht stattgefunden hatte, um damit sicherzustellen, welche Hintergedanken ggf. bestehen, dann würde ich Dir deshalb raten dies nachzuholen.

Falls Du jedoch nach wie vor, den gleichen Eindruck bekommst, dann würde in erster Linie Dich für diese Gedanken nicht verurteilen, denn Du hast ja selbst nach dem Gespräch immernoch dieses Gefühl, dass es eben so ist und in dem Fall ist es erst mal selbstverständlich, dass man sich dann Gedanken macht, warum die eigene Mutter, dass einem nicht gönnt?

Aber um diesen Gedanken los zu werden, könnte es Dir helfen, dass Du Dir vielleicht jedes Mal zu diesen negativen Gedanken sagst ?Es ist mir egal, ob sie mir das gönnt oder nicht ? ABER ICH gönne mir diesen Erfolg und ICH bin stolz auf mich ?. Es ist zwar schön, wenn die Eltern bei den eigenen Erfolgen hinter einem stehen, aber grundsätzlich ist nicht wichtig. In erster Linie müssen nur wir selbst auf uns stolz sein können und sämtlichen Erfolg im Leben gönnen und ihn für uns feiern können unabhängig davon was andere denken oder wollen, es ist schließlich unser Leben und unser Weg.

Ich hoffe, ich konnte Dir hiermit weiter helfen.

Wenn meine Ratschläge nicht zu einer Klärung geführt haben, sind wir selbstverständlich jederzeit für Dich da, um Dir mit einem weiteren Rat zur Seite zu stehen.

Ich hoffe, dass Du und Deine Mutter diese Situation im positiven aufklären könnt. Ich wünsche Dir für deine berufliche Karrierelaufbahn weiterhin soviel Power und Erfolg, wie Du es bisher hattest.

Alles Liebe,

Jessica