Problem von Merlin - 41 Jahre

Loslassen nach \

Vor Jahren verliebte ich (41) mich in eine ehemalige Kollegin (33), die mich auf allen emo-tionalen und körperlichen Ebenen ansprach und die meine Sympathie teilte, obwohl wir beide jeweils schon in langjährigen festen Beziehungen (also vergeben) waren. Persönliches Vertrauen und emotionale Nähe wuchsen sehr schnell, doch schon bald traten immer wieder \"Brüche\" auf.

Bald musste ich feststellen, dass sie zahlreiche typische Verhaltensweisen der Borderline Störung zeigte (über die ich mich intensiv informierte). Probleme mit Nähe und Distanz, Idealisierung und Abwertung, Interesse und Ablehnung, locken und wegstoßen, krasse Gefühlsschwankungen, Angst vor Verlassenwerden und Kontrollverlust, Bulimie (sagte sie mir), Scham und Derbheit etc. (Ob Borderline oder nicht ist aber nicht (!) Thema dieses Postings).

Erst nach extremen Monaten, nach vielen Manipulationen, Beleidigungen, Hofieren und Zurückweisen sowie ihren ständigen Gefühlsänderungenetc. ... wurde daraus eine intime Beziehung ? die sie aber erst in dem Moment zuließ, als ich mich von ihr lösen wollte. Die Intensität, Nähe, Leidenschaft und Zärtlichkeit waren dann so enorm, dass ich glaubte, ihr zunehmend zu verfallen. Nicht Vorspiel und Annäherung, sondern absolute Nähe, Vertrauen und Leidenschaft verbanden uns ? bis zum nächsten Absturz. Intensiven Momenten mit Zukunftsplänen folgte ihrerseits bald das \"Aus\". Immer wieder bis zum endgültigen Bruch im Sommer 2006. Schwer getroffen brach ich den
Kontakt ab und hielt ihn fast 3 Jahre durch.

Als ich sie nicht vergessen konnte, meldete ich mich dann wieder bei ihr. Ihre Reaktion war unglaublich. Unzählige Telefonate, Hunderte Mails und SMS. Ich konnte nicht so schnell antworten, wie sie mir täglich schrieb. Innerhalb von zwei Wochen war alles wieder da, Vertrauen, Nähe, Pläne ... und bereits nach dem ersten intimen Kontakt war für SIE klar, sich von ihrem Partner (das \"A.loch\" ? ihre Worte) trennen und mit MIR zusammen leben zu wollen und sogar eine Familie zu gründen. Es ging ihr nicht schnell genug. Ich war fassungslos. Die Treffen und gemeinsamen Erlebnisse, intimen Momente usw. waren von solcher Intensität, dass wir zu zerspringen glaubten. Obwohl ich aus der Vergangenheit \"gewarnt\" war, ließ ich mich wiederum völlig in das Gefühl fallen, weil ich glaubte, SIE habe ich geändert. Jedes Treffen bestätigte unsere Zukunftspläne. \"Heirat nicht ausgeschlossen\", waren ihre Worte.

Nach einer 6wöchigen \"Pause\" erreichte mich dann ihr Anruf, sie sei \"wunschgemäß\" schwanger (von ihrem Partner), damit seien die Würfel
gefallen, auf Wiedersehen und Tschüss. Ich fiel in den tiefsten emotionalen Abgrund meines Lebens, wollte nicht mehr leben und überlebte die
erste Zeit nur mit schwersten Beruhigungsmitteln. Es war, als sei ich bei voller Fahrt aus dem fahrenden Zug geworfen worden. Ich fühlte mich
wie der letzte Dreck; wie auf den Müll geworfen, entsorgt, abserviert.

Von anderen Kollegen erfuhr ich, wie \"gut\" es ihr gehe, wie stolz sie auf ihre Schwangerschaft sei, sich auf das Baby freue und ihren Partner in
den Himmel lobte etc.

Ich versuchte ALLES, was bei Trennung und Trauer geraten wird ? insbesondere den absoluten Kontaktabbruch. Von Büchern, Ratgebern über
Homöopathie, Gesprächen mit einem \"guten Freund\", Aufschreiben, Weinen, Ablenkung, neuen Hobbies, \"sich gut gehen lassen\", bis zur
therapeutischen Hilfe war alles dabei. Wie nicht anders zu erwarten, versuchte sie mich zu kontaktieren (!) ? und als ihr Kind geboren war, nach
Monaten, auch mit belanglosen Mails Kontakt zu mir aufzunehmen. Auf dem Display des Telefons sah ich ja ihre Nummer. Ich hob nicht ab und
bin dem Kontaktabbruch absolut treu geblieben.

So versuche ich also seit mehr 16 Monaten die Frau zu vergessen, die ich aus ganzem Herzen liebte. Doch es will mir nicht gelingen. Wut,
Trauer, Verletzung und Demütigung, Liebe und (manchmal) Hass bilden ein derart starkes Gefühlswirrwarr, das man kaum bewältigt bekommt.

Auch wenn ich es nicht will und bekämpfe, gelingt es mir nicht, nicht mehr an sie zu denken ? täglich. Sie ist stets in meinen Gedanken, und
ich vermag mich nicht davon zu befreien. Es ist nicht so, dass ich noch Sehnsucht nach ihr hätte oder sie zurück haben wollte ? dafür ist die
Verletzung viel zu groß. Doch die Liebe, wie ich sie empfand, einfach zu überwinden, will mir auch nicht gelingen. Ganz enorme Probleme bereiten mir Gefühle von Hass und Verachtung. Doch gerade die binden mich weiter an sie und treffen (und belasten) mich doch selber.

Mein größter Wunsch wäre, nicht mehr zu lieben, sondern \"gleichgültig\" zu werden, damit die innere Wunde endlich heilen kann. Versteht ihr,
was ich hier schreibe ? Wo ist der Weg, der aus dieser Endlosschleife herausführen kann ?

Ich bitte um Hilfe.

Merlin

Dana Anwort von Dana

Lieber Merlin!

Du setzt aber großes Vertrauen in uns, wenn du nach so vielen Möglichkeiten (zB auch Therapie) zu uns kommst. Ich hoffe nur, ich kann dir helfen, ich werde mir die größte Mühe geben. Denkansätze habe ich auf jeden Fall!

1. deine Exfreundin ist KRANK. Sehr krank. Du kennst die Borderline-Störung ja. Sie scheint sie sehr extrem zu haben.
2. jeglicher Kontakt zu ihr hat dir nur geschadet bisher, auch wenn viele unglaubliche Momente existierten.
3. du konntest nicht abschließen, da es dich immer aus heiterem Himmel getroffen hat.
4. du musst vergeben.

Diese vier Punkte will ich mal näher behandeln, sie erscheinen mir wichtig.

Deine Exfreundin ist Borderlinerin - und zwar eine von den wirklich starken. "Himmelhochjauchzend versus zu Tode betrübt" ist der Ansatz dieser Krankheit. Du beschriebst es sehr gut. Es gab diese Momente, die fast surreal schön waren, die völlig abgehoben zu sein schienen...und dann der Stoß tief in den Dreck. Beim zweiten Mal dieser Wille (sie meinte das sicher auch wirklich so!), ihren neuen Freund zu verlassen, mit dir wieder loszulegen...und dann wieder der Stoß in den Dreck.

Solange sie keine Langzeittherapie macht, wird das auch nicht besser. Mir tun jetzt schon Mann und Kind leid, denn da wird noch einiges auf sie zukommen. Sie ist krank, Merlin. Sie kann das gar nicht richtig steuern, was sie da macht. Du musst also aufhören, es mit dem gesunden Menschenverstand begreifen zu wollen, was da passiert ist. Ich weiß, das ist superschwer, aber du musst dich von dem Wunsch, alles rational erfassen zu können, verabschieden. Diese Störung und die dadurch resultierenden Verhaltensweisen sind absolut nicht logisch.

Du hast sie geliebt, bzw tust es eigentlich noch. Somit trifft da Störung auf emotionale Offenheit. Und da kann so eine Störung natürlich ganz beträchtlichen Schaden anrichten. Das tut mir auch sehr leid für dich.

Warum kannst du nicht vergessen?

Damit kommen wir zu den letzten beiden Punkten. Du kannst nicht vergessen, weil du erstens die Chance der Verarbeitung von ihr gar nicht bekommen hast, bzw diese "Wechsel" immer so schnell gekommen sind, dass du seelisch gar nicht hinterher gekommen bist und zweitens, weil du ihr nicht vergibst. Deine Gefühle schlagen Wellen, da ist, wie du schriebst, sogar Hass dabei. Alles in dir drin ist in Aufruhr. Wie konnte sie das machen??? Wie konnte sie dich so behandeln??? Bist du denn nur Dreck wert, dass sie das macht???????

Und für das alles gibt es nur die eine Antwort: Sie ist krank, Merlin. Es zählen andere Parameter.

Und da kommt das Vergeben ins Spiel.
Um selbst wieder mit DIR ins Reine kommen zu können und nicht das Gefühl zu haben, komplett gedemütigt und erniedrigt worden zu sein, musst du lernen, deiner Exfreundin zu vergeben. All das, was passiert ist, ist nicht "mies von ihr geplant" worden oder geschah aus Gedankenlosigkeit. Sie hat das sicher absolut mit vollem Herzen in dem Moment so gemeint. Dass sie dich liebt, dass sie mit dir zusammen sein will. Doch diese Krankheit bewirkt, dass sich im nächsten Moment alles ändern kann. Und auch dann ist man wieder mit ganzem Herzen dabei und denkt sich nichts Schlimmes oder kann es nicht anders.

Es sind Verhaltensmuster, die sich wiederholen, die abgespult werden und denen sie unterworfen ist, solange sie nicht geheilt ist. All das, was du beschrieben hast, dieses überirdische Freuen, diese zig Mails am Tag, all das, was für Außenstehende furchtbar übertrieben aussehen muss, ist Teil dieser Krankheit.

Ich will nicht sagen, dass die Nähe, die du zu ihr gespürt hast, nicht da war. Sie war sicher da. Aber sie war Teil dieses Hochgefühls. Und sie war in dem Moment nicht mehr da, als das Hochgefühl wieder umgeschwenkt ist in eine Tiefphase.

Auch wenn es besser gewesen wäre, den Kontakt gar nicht wieder zu beginnen, hast du nichts falsch gemacht. Du hast geliebt, Merlin. Doch es ist wichtig, dass du dich nun von dem Gedanken löst, eine "gleichwertige" Partnerin geliebt zu haben, die auf der gleichen Verstandesebene ist. Sie mag es vom Intellekt her sein (viele Borderliner sind sehr intelligent), aber durch ihre Krankheit ist sie es nicht. Sie sieht alles anders, sie reagiert anders, sie denkt anders nach...und das musst du begreifen.

Versuche, Abstand aufzubauen. Logisch und objektiv ihre Krankheit zu erklären - und vor allem: versuche wirklich, ihr zu vergeben. Du bist kein Dreck und du bist auch viel wert. Durch ihr anderes Wahrnehmungsempfinden kann man ihr keine Schuld zusprechen. Sie hat es nicht so gesehen, wie ein rational denkender, gesunder Mensch.

Halte es weiter durch, keinen Kontakt mit ihr zu haben, es würde nicht besser werden. Es könnte sogar sein, dass sie wieder zu dir läuft und es wieder genauso abgeht wie beim letzten Mal...und dann kommt der nächste Todesstoß. SIE SELBST muss erkennen, dass sie wirklich Hilfe braucht. Du bist zu involviert als ihr da helfen zu können. Es würde dich zu sehr mitnehmen, du würdest Schaden nehmen.

Aber wenn du ihr vergeben kannst...wenn du das hinkriegst...dann wirst du merken, wie du innerlich entspannst. Es ist die Krankheit...es ist keinerlei Wertung für oder gegen deine Person, es ist nur die Krankheit, die sich genau SO äußert. Hänge dem nicht nach, habe keinen Hass auf sie, sei nicht wütend. Vergib ihr. Und dann wende dich um und schau, was auf der Welt alles so los ist, das du gar nicht gesehen hast, weil du so fixiert warst.

Ich wünsche dir, dass das für dich Beste passiert.
Viel Erfolg und Kraft.
Ich bin mir sicher, dass du das schaffen kannst.

Liebe Grüße,

Dana