Problem von Alischa - 14 Jahre

http://mein-kummerkasten.de/238838/Ich-brauche-Hilfe-bitte.html ( Danke Marie!)

Hallo!

Ich habe mich vor einiger Zeit an den Kummerkasten gewendet. Damals ging es um meine magersüchtige Freundin, die allen davon erzählen wollte das ich vergewaltigt wurde.

Ich wollte mich zum einen für die tolle Antwort bedanken! Du hast mir sehr geholfen!

Allerdings habe ich jetzt trozdem ein riesen Problem! Die Vergewaltigung ist jetzt genau 4 Monate her. Mir ist schon die ganze Zeit aufgefallen, das ich zunehme und habe mich zwischenzeitlich sehr sehr Fettarm ernährt. Doch ich habe weiter zugenommen. Gestern habe ich mir dann also 3 Schwangerschaftstests gekauft, alle prositiv!! Ich bin am Ende! Da wächst ein Ding in mir heran, das nichtmal aus Liebe entstanden ist! Ich bin doch grade erst 14, und für eine Abtreibung ist es zu spät.
Ich hab das unglaublich starke Bedürfniss, eine Überdosis zu nehmen, so das dieses Kind stirbt. Mir fällt es sogar schwer, es als solches zu identifizieren.
Früher oder später werden alle sehen, das ich schwanger bin! So kommt auch raus warum ich es bin. Dann werden es doch alle wissen :\'((

Ich heule den ganzen Tag. Ein Kind zur Welt zu bringen, das so entstanden ist, kommt für mich nicht in Frage!

Ich hab sooft daran denken müssen ( also an die Vergewaltigung), aber ich habe nie daran gedacht, dass ich schwanger sein könnte. Ich bin so doof.

Was soll ich den jetzt machen? Und wie kann ich damit umgehen, dass ich es meiner Mutter erzählen muss?

Liebe Grüße, Alischa

PS.: Meine Freundin hatte doch die Einsicht und befindet sich in Ambulanter Therapie.

Marie Anwort von Marie

Noch ein Nachtrag zur Antwort:

Ich habe eben mit einem Arzt über das Problem gesprochen und er hatte noch die Idee, dass du auch erstmal bei einer Schwangerenberatungsstelle dein Problem schildern und fragen könntest, ob sie dir vielleicht konkret eine Frauenärztin/-arzt empfehlen können, die sich mit solchen Situationen auskennt. Offenbar sind da nicht alle Frauenärzte gleich kompetent und einige lehnen Abtreibungen auch generell ab. Dazu kannst du z.B. die Online-Beratung der ProFamilia nutzen: http://www.profamilia.de/topic/Online-Beratung
Oder du lässt dich telefonisch oder persönlich beraten, z.B. bei einer Beratungsstelle der ProFamilia oder des DRK.
Falls du dich für einen Schwangerschaftsabbruch in den Niederlanden entscheidest, sollte es relativ schnell gehen, da dort auch nur bis zum Ende des fünften Schwangerschaftsmonats abgetrieben werden darf.

Alles Liebe!
Marie


Liebe Alischa,

das tut mir wahnsinnig Leid! :-( Das ist wirklich ein großes Problem und ich kann sehr gut verstehen, dass du dieses Kind nicht bekommen möchtest.

Aber du musst es auf jeden Fall deiner Mutter sagen! Je eher, desto besser. Das wird eine Menge Überwindung kosten, aber anders geht es leider nicht!
Bitte sie um ein Gespräch zu zweit und sage ihr, dass du vor vier Monaten vergewaltigt wurdest und jetzt schwanger bist. Das wird im ersten Moment ein sehr großer Schock für sie sein, aber ich bin sicher, dass sie alles tun wird, um dir zu helfen und dich zu unterstützen! Bitte warte nicht länger und sprich mit ihr darüber, du wirst ihre Unterstützung brauchen!
Wenn sie dich zu einer Anzeige drängt und du das nicht möchtest, dann sage ihr ganz deutlich, dass du das im Moment nicht willst und selbst entscheiden möchtest, ob du Anzeige erstattest oder nicht. Das muss sie akzeptieren - sie kann dich schließlich nicht zu einer Aussage zwingen.

Der nächste Schritt führt zu einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt. Schildere ihr/ihm die Situation, wie es dazu gekommen ist und wie es dir jetzt geht. Wenn du magst, kannst du auch deine Mutter zur Unterstützung mitnehmen.
Es gibt in Deutschland die Möglichkeit, auch nach dem dritten Monat einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, wenn aus Sicht der Ärzte die Gefahr besteht, dass es die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren sehr stark beeinträchtigen würde, wenn sie die Schwangerschaft fortsetzen bzw. das Kind bekommen müsste (sogenannte medizinische Indikation). Vielleicht kann durch eine Ärztin/einen Arzt auch bei dir eine solche medizinische Indikation festgestellt werden, dann könntest du auch jetzt noch einen Schwangerschaftsabbruch machen lassen. Da das sicher jeder Arzt ein bisschen anders beurteilt, könnte es auch sinnvoll sein, zu mehreren verschiedenen Frauenärzten zu gehen.

Wenn du sicher bist, dass du das Kind auf gar keinen Fall bekommen willst, gäbe es auch noch die Möglichkeit, einen Schwangerschaftsabbruch im Ausland, z.B. in den Niederlanden, vornehmen zu lassen. Die Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch sind dort weniger streng als bei uns. Das wäre wahrscheinlich ziemlich aufwändig und teuer, aber wenn das für dich infrage käme und dich deine Mutter dabei unterstützen würde, wäre es eine Möglichkeit.

Falls das nicht geht, gäbe es auch die Möglichkeit, das Kind zu bekommen und dann zur Adoption freizugeben.
Oder du entwickelst im Laufe der Schwangerschaft doch noch eine Bindung zu dem Kind und entscheidest dich dafür, es zu behalten. Das kann passieren, auch wenn du es dir im Moment nicht vorstellen kannst.
Hab keine Angst davor, dass die anderen deine Schwangerschaft bemerken werden. Wenn du deine Mutter und deine Freundin bittest, niemandem zu verraten, dass du vergewaltigt wurdest, dann muss es auch niemand erfahren. Und Ärzte, Mitarbeiterinnen von Beratungsstellen usw. unterliegen der Schweigepflicht, werden es also auch niemandem verraten.
Und selbst wenn es herauskommt: Dafür musst du dich nicht schämen. Du kannst nichts dafür, dass du vergewaltigt wurdest und dadurch schwanger geworden bist. Niemand kann dich dafür verurteilen, denn es war nicht deine Schuld. Es war allein die Schuld desjenigen, der dir das angetan hat.

Ich hoffe, dass ich dir weiterhelfen konnte! Du kannst dich auch jederzeit gern noch einmal bei uns bzw. bei mir melden, wenn du willst.

Ich wünsche dir alles Gute und ganz viel Kraft, um das alles durchzustehen!

Viele liebe Grüße,
Marie


PS: Leider werden das "ursprüngliche" Problem und die Antwort irgendwie nicht mehr auf der KuKa-Seite angezeigt, deshalb hier nochmal der Text, für den Fall, dass du (oder jemand anderes) nochmal nachlesen möchtest:


Problem vom 06.09.2010

Liebes Kummerkasten Team.

Ich habe ein Problem und hoffe ihr könnt mir helfen.
Also, wo fang ich an...
Ich habe eine Freundin ( deren namen ich jetzt lieber nicht nenne)die innerhalb
der letzten 5-6 Wochen sehr viel abgenommen hat. Ständig erzählt sie mir wie dick sie sich findet und das sie wegen ihrer \'breite\' keinen freund bekommt. ich hab das Gefühl das sie sich tierisch unter druck gesetzt fühlt, dadurch das ich seit 6 Monaten einen freund habe und sie noch nie einen hatte.
Dabei war sie schon vor dem starken gewichtsabfall sehr dünn. Vor kurzem habe ich dann bei ihr geschlafen und habe seltsames Würgen und husten gehört. Danach sah sie fertig aus und im Bad hat es nach Erbrochendem gerochen. Als ich sie darauf ansprach meinte sie das essen sei verdorben gewesen. Doch ich habe den starken verdacht das sie Bulimie hat!
Ich habe daraufhin in der Schule meine Bio Lehrerin gefragt woran man Bulimie erkennen kann. Und da hat sich der Verdacht nurnoch bestätigt. Außerdem meinte sie, dass meine freunden sterben wird wenn ich nichts mache.
An dem selben Abend habe ich dann bei meiner Freundin angerufen und ihr von meinem Verdacht erzählt. Ich wollte sei dazu bringen, mich mit ihren Eltern reden zu lassen. Oder sie selber.
Doch dann ist sie total ausgerastet und hat mir gedroht, dass wenn ich das mit ihrer Ess-brech Sucht erzähle, erzählt sie von meinem geheimniss.
Sie hat damals durch zufall herausgefunden das ich mit 13 vergewaltigt wurde...
Wenn das je irgendjemand erfahren würde, müsste ich sterben. ich will daran nie mehr denken. geritzt habe ich mich damals regelmäßig. Heute drücke ich mir Eiswürfel auf die haut, da dies wehtut aber keine Spuren hinterlässt.
Wenn meine Mutter davon erfahren würde, würde sie mich zwingen zur Polizei zu gehen, da sie selber Polizistin ist. Dann würde alles wieder hoch ´kommen.
Das war so schrecklich unangenehm und es hat unglaublich doll wehgetan! Ich will es niemandem erzählen. wenn ich daran denke fange ich an zu zittern, bekomme UnterleibsKrämpfe und wenn es ganz schlimm ist muss ich mich übergeben. Mit den Alpträumen komme ich inzwischen einigermaßen klar, da ich jede nacht das selbe Träume (Die Vergewaltigung).

Nun weiß ich nicht was ich machen soll. Ihr \'höchstwahrscheinlich\' das Leben retten oder mein schrecklichstes erlebnis preisgeben.

Bitte, helft mir ich mache mir große Sorgen um meine Freundin!
LG Alischa



Antwort:

Liebe Alischa,

es tut mir sehr Leid, was dir passiert ist! Und dass jetzt auch noch deine Freundin droht, es jemandem zu erzählen, finde ich total gemein.

Ich kann gut verstehen, dass du nicht mehr daran denken möchtest und auch keine Anzeige erstatten willst. Das musst du auch nicht.
Allerdings ist es so, dass man so ein schlimmes Erlebnis irgendwann verarbeiten, also sich damit auseinandersetzen muss. Deine Alpträume, der Drang, dich selbst zu verletzen, das Zittern, die Krämpfe und das Übergeben kommen daher, dass du die Vergewaltigung noch nicht richtig verarbeitet hast. Deshalb ist es wichtig, dass du dir jemanden suchst, der dir dabei helfen kann, das alles zu verarbeiten und zu lernen, wie du damit umgehen kannst. Das muss nicht unbedingt jetzt sein, du kannst das auch in ein paar Jahren noch machen, falls du dann noch Probleme deswegen hast. Es gibt z.B. spezielle Beratungsstellen für Opfer von sexuellem Missbrauch / Vergewaltigung (einfach mal bei Google eingeben). Die Mitarbeiterinnen dort sind genau für solche Probleme ausgebildet und können dir Tipps geben, wie du besser damit umgehen kannst. Außerdem unterliegen sie der Schweigepflicht. Die Beratung ist normalerweise kostenlos und du kannst auch anonym bleiben, wenn du willst.
Eine andere Möglichkeit wäre eine sogenannte Traumatherapie bei einer Psychotherapeutin. Schau mal hier: http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Wie-finde-ich-einen-Psychologen.html
und hier: http://therapie.de
Du kannst einfach anrufen und dir einen Termin geben lassen (am besten bei mehreren Therapeuten, um wirklich jemanden zu finden, dem du vertraust und mit dem du arbeiten möchtest), die Kosten übernimmt die Krankenkasse und deine Mutter muss auch nichts davon erfahren.

Zu dem Problem mit deiner Freundin: Deine Bio-Lehrerin hat dich da leider ein bisschen falsch informiert (nicht mit böser Absicht, wahrscheinlich weiß sie es einfach nicht besser). Nicht jeder Mensch, der eine Magersucht hat, stirbt daran, sondern "nur" maximal 18% der Betroffenen. (Deine Freundin hat wahrscheinlich eine Magersucht mit Erbrechen und keine Bulimie, denn Menschen mit Bulimie haben meistens Normalgewicht oder sogar leichtes Übergewicht). In den meisten Fällen endet eine Magersucht irgendwann "von selbst" wieder.
Davon abgesehen, ist es auch nicht deine Aufgabe, etwas gegen die Essstörung deiner Freundin zu unternehmen. Die Chance, ihr das Leben zu retten, indem du es jemandem erzählst, ist sehr gering. Deine Freundin muss selbst einsehen, dass ihr Essverhalten nicht mehr normal ist und dass sie sich selbst dadurch gefährdet. Erst dann kann ihr wirklich geholfen werden. Du kannst da leider nicht viel machen. Wenn es ganz schlimm wird, werden das ihre Eltern auch merken und sie notfalls zu einer Therapie zwingen.
Insofern musst du die keine Sorgen machen, dass deine Freundin jetzt stirbt, nur weil du mit niemandem darüber gesprochen hast. Dann musst du auch das Risiko nicht eingehen, dass sie dein Geheimnis weitererzählt.

Ich hoffe, ich konnte dir die Entscheidung ein wenig erleichtern, und wünsche dir von Herzen alles Gute!

Liebe Grüße,
Marie