Problem von Renate1978 - 32 Jahre

Probleme mit 9 jähriger Tochter

Hallo!!

Wie viele von euch habe ich auch ein Riesenproblem!

Ich bin Mutter von 2 Kindern (9 und 3 Jahre, Mädchen), geschieden, und seit knapp 2 Jahren einen Freund. Mit meinem Ex-Mann habe ich mich nicht mehr gut verstanden seit unsere ältere Tochter 2 Jahre alt war. Eigentlich habe ich meine Tochter nie richtig erzogen, habe ihr fast alles durchgehen lassen und war für sie Mama und Papa zugleich. Sehr vieles tut mir leid, denn ich bin selber schuld das gebe ich zu!
Meine jüngere Tochter ist genau das gegenteil. Ruhig, Freundlich, und gut erzogen.

All die Jahre habe ich mit der Erziehung versagt, was jetzt auch mein großes Problem ist.

Meine 9 Jährige Tochter ist mittlerweile unerträglich. Sie vernachlässigt die Schulaufgaben, lügt, streitet mit mir und meinem Freund täglich. Diskutiert stundenlang. Respektlos. Taktlos. Faul. Trotz allem kann sie aber auch nett, sensibel, lustig und sehr sehr lieb sein. Das fehlt mir sehr.

Und das krasseste ist: Nach jedem Streit und jeder Diskussion die sie angefangen hat entschuldigt sie sich und weint, verspricht jeden Tag immer dasselbe das sie das nie mehr wieder macht. Nächsten Tag ist alles wieder vergessen und alles fängt wieder von vorne an. Mit meinem Freund und meiner Tochter ist es fürchterlich. Er ist ein wirklich netter Mann der auch viel erträgt wie ich. Doch einziger Unterschied ist das er sich nicht von ihr vereppeln lässt wie ich. Was natürlich ein Fehler von mir ist, das liegt wieder daran das ich die nachgiebige Mutter bin.
Sehr oft sagt meine Tochter auch zu mir das sie ihn hasst. Und sie mich in die Zwickmühle bringt. Es kommt mir vor, als ob sie das sagen hat und nicht ich. Was auch mein Freund mir sagt. Stimmt auch. Ich habe keine Nerven mehr.

Mittlerweile geht meine Tochter mit mir zur Familientherapie sowie zu einem Kinderpsychologen. Doch irgendwie klappt das alles nicht. Vielleicht braucht das ja auch noch Zeit? ADS und ADHS ist bei ihr ausgeschlossen worden. Eine reine Erziehungssache.

Bitte bitte helft mir. Wer hat dasselbe oder ähnliche Problem hinter sich oder sogar immer noch?? Langsam kann ich dies nicht mehr aushalten. Bitte helft mir. Dringend!!


lg. Renate1978

Jessica Anwort von Jessica


Liebe Renate,

ich freue mich, dass Du Dich an uns gewendet hast. Leider ist mir die gesamte Historie nicht bekannt, also wie Die Ehe verlaufen ist, welche erzieherische Massnahmen in diversen Situationen angewandt wurden. Jedoch möchte ich, so gut wie ich kann helfen, in dem ich Dir die Dinge aufliste, die ich denke, die wichtig sind in der Rolle der Mutter.

Ich kann Dich aber sehr gut verstehen. Aber Du brauchst Dir auch keine Vorwürfe zu machen, denn den Kindern manchmal alles durchgehen zu lassen, zeigt ja auch, dass Du die Kinder sehr liebst und eigentlich nur das möchtest, was Deine Kinder möchten. Also damit haben die wichtigste Eigenschaft bereits entdeckt, die man benötigt um eine gute Mutter zu sein! :-))

Die Situation ist so, dass es einige Zeit in Anspruch nehmen wird, diese Dinge wieder in Lot zu bringen. Hier ist Struktur und Konsequenz gefragt.

Die erste Frage ist, was braucht ein Kind? Es braucht Aufmerksamkeit, Liebe und Verständnis für seine Interessen und Belange und ganz wichtig Lob, wenn es etwas gutes gemacht hat (damit stärkt man das Selbstwertgefühl im frühen Alter). Ebenso benötigen Kinder für alles, was nicht verstanden werden kann (beispielsweise ein Verbot) eine liebevolle Erklärung. Ein simples Verbot (auch wenn dies manchmal notwendig ist) reicht den Kindern meist nicht aus, sie möchten verstehen können und können dann (auch wenn es im ersten Moment nicht so erscheint) leichter mit diesem Verbot umgehen.

Zweitens denke ich, dass eine Struktur sehr wichtig ist. Denn die Kinder werden sich an dieser Struktur und damit verbundene Regeln mit der Zeit gewöhnen ? allerdings ist es wichtig, dass diese Struktur konsequent eingehalten wird. Hier ist auch wichtig zu beachten, dass die Eltern immer genau das tun, was sie ihren Kindern vorschreiben ? also als Vorbild dienen. Denn wenn bspw. Schimpfwörter nicht erlaubt sind, aber im Hause von den Eltern selbst benutzt werden, wird das Kind das merken und das Verbot nicht verstehen können.

Zur Bildung einer Struktur wäre es gut, wenn Du und Dein Partner Euch ein paar Hausregeln ausdenken würdet. Beispielsweise, dass keine Schimpfwörter benutzt werden, dass abends zu einer bestimmten Zeit ins Bett gegangen wird, nach dem Essen der Tisch mit abgeräumt, etc. Alles was dann von dem Kind nicht eingehalten ist, ist bspw mit einer Konsequenz verbunden. In der restlichen Zeit steht es dem Kind frei, seinen eigenen Beschäftigungen nachzugehen. Man sollte sich fest dazu entscheiden, welche Regeln als Mutter man setzt und auch dabei bleiben, also nicht zu oft ändern (hinzufügen, auslassen). Man sollte aber auch vorab mit der gesamten Familie besprechen, was passiert, wenn diese Regeln nicht eingehalten werden ((bspw. außerhalb des Zeitfensters ins Bett? Um die verspätete Zeit am nächsten Tag früher ins Bett). Also es bleibt immer die Entscheidung des Kindes, aber es weiß, dass all sein tun mit Konsequenzen verbunden sind. So lernt man den Kindern schon früh, Verantwortung für ihr Handeln zu übergeben.

Wenn das Kind dabei trotzt, mürrisch ist und auch am Anfang noch viele Schwierigkeiten macht, auch Schimpfwörter benutzt etc, ist es gut, wenn die Mutter dabei immer ruhig und geduldig bleibt, notfalls mit ihm ruhig und liebevoll über die Verhaltensweise sprechen und erklären, wie sich das bei Dir als Mutter und auch anderen auswirkt (verletzt, etc). Dies wird sich sicherlich noch oft wiederholen bis nach einiger Zeit, das Kind begreift, dass hierauf nicht mehr in der Form reagiert wird, wie in der Hitze zuerst erhofft.

Aber ich denke, dass mit Konsequenz ? aber zugleich geduldig und mit liebe ? alles wieder hingebogen werden kann. Ich denke in der Anfangszeit werden auch viele Gespräche helfen, denn vielleicht steckt in dem Kind noch etwas, dass aus der Zeit der Trennung stammt. Vielleicht fühlt es sich nicht beachtet oder 2. Wahl (Vater weg, Mutter neuen Freund, jüngere Tochter)? Das mag von Euch aus nicht so sein, aber Kinder betrachten die Dinge meistens immer aus einem ganz anderen Blickwinkel und sicherlich werden viele Gespräche und etwas eingehen auf die Dinge, die es dann erzählt (schafft Vertrauen!) sicherlich ebenso helfen.

Liebe Renate, ich hoffe, dass ich Dir mit diesen Dingen etwas helfen konnte. Aber vergiss nicht, dass solch ein Weg jetzt und hier anfängt und vielleicht erst viel später in der Zukunft erste Erfolge zeigen wird. Es heißt, viel Geduld und Liebe aufbringen um ans Ziel zu kommen. Aber besser man beginnt jetzt, als später in der Pupertät, wenn es dann nochmal ein wenig schwieriger werden könnte. ;-) Aber Du wirst es schaffen!

Alles Liebe,

Jessica