Problem von Steffi - 32 Jahre

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Hallo lieber Anonymer,

zunächst einmal kurz zu mir: Ich bin eine Frau, 32, steht mit beiden Beinen voll im Leben und bin berufstätig und liebe meinen Job. Das war aber auch einmal anders: Vor nicht allzu langer Zeit (Ende 2006) brach meine Welt zusammen. Ich bekam Panikattacken (eine Panikstörung), hatte eine Posttraumatische Belastungsstörung und begleitend schlich sich noch eine mittelschwere Depression ein. Ich habe eine Therapie gemacht, zunächst eine Verhaltstherapie und im Anschluss - Wechsel der Therapieform da Verhaltenstherapie nicht anschlug, ich hab ja keine Phobie: Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Ich bin in den letzten Zügen und habe viel über mich, meine Mitmenschen und die Denkweise vieler Menschen kennengelernt. Ich lebe normal, gehe arbeiten, habe Spaß, nehme keine Medikamente und wenn man es nicht wüsste, würde kein Mensch denken, dass gerade ICH ein psychisches Problem hätte.

Zu dir: Ich möchte Dir ersteinmal ein großes Lob aussprechen und ziehe vor dir und deiner Sozialkompetenz, deiner Selbstlosigkeit und deinem Anstand wirklich den Hut! Das ist gerade für junge Männer in deinem Alter überhaupt nicht durchschnittlich und das ist wirklich bewunderns- und bemerkenswert.
\"Jungs\" in deinem Alter ziehen eigentlich wochenends um die Häuser, machen die Bars und Diskotheken unsicher (nicht zuletzt die Frauen) und haben alles andere im Sinn als mit ihren Freundinnen - meist temporärer Art - zusammen zu ziehen, geschweige denn solche Situationen gemeinsam zu meistern.
Ich denke, dass du anders bist, rührt aus deiner eigenen Geschichte her.

Ich finde, du solltest - bei aller Liebe zu deiner Freundin, die ich weder kritisieren noch beurteilen möchte - anfangen, ein bisschen mehr an Dich selbst zu denken, wie Verena schon schrieb. Irgendwann geht dir die Puste aus und dann kannst du deiner Freundin nicht mehr helfen, auch wenn du es noch so hingebungsvoll wollen und versuchen würdest, weil du selbst Hilfe brauchen wirst.

DU bist nicht für das Glück deiner Freundin verantwortlich, auch wenn das hart klingen mag: Man darf niemals das Schicksal seines Glückes in die Hände eines anderen Menschen legen, so viel Last darf und kann niemand tragen. Helfen ja - ausschließlich auf einen anderen Menschen konzentrieren: Nein. Man muss zunächst mit sich selbst im Reinen und glücklich sein, um einen anderen Menschen glücklich machen zu können.

Ich bin selbst ein wenig neurotisch veranlagt und neigte seinerzeit zu Selbstmitleid. Es hat mir wenig geholfen, wenn mir jemand \"das Köpfchen\" gestreichelt hat, denn es braucht den Punkt, an dem man erkennt, dass man selbst den Hintern hochbekommen muss und es so nicht weitergehen kann.

Die einen brauchen dafür eine Hand, den Partner.. die anderen gehen lieber alleine oder müssen es sogar, müssen ins kalte Wasser geworfen, in den Allerwertesten getreten werden.

An die Hand nehmen kannst, darfst und sollst du deine Freundin, solange es deine Kraft zulässt. Aber \"GEHEN\", lieber Anonymer.. muss sie alleine! Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt und wenn sie nicht bereit ist - wenn du ihr beispielsweise anbietest, mit ihr therapeutische Hilfe aufzusuchen, welche Sie (mit Verlaub gesagt) mehr als dringend nötigt hat, wie mir scheint, dann stell ihr ein Ultimatum!

Geh auf Distanz, sag ihr, dass auch du Gefühle und eine Vergangenheit hast, dass du nur ein gewisses Potential an Kraft hast, was du bereits bis in den roten Bereich ausgeschöpft hast und dass du an deine Grenzen stößt. Dass du sie wohl liebst aber dass du auch noch für dich selbst verantwortlich bist und dass du auch auf DICH achten musst. Du musst sie dafür nicht im Stich lassen.. und gerade innerhalb einer neuen Wohnung ist Distanz schwer zu schaffen, aber ich finde, du solltest dir zumindest ein Hobby oder etwas suchen, woran du wirklich Spaß hast, etwas nur allein für dich, allein um deinen Akku wieder auftanken zu können. So viel Verständnis, wie du für sie und ihre Probleme hast, so viel Verständnis darfst du auch von ihr erwarten, ob nun psychisch belastet oder nicht. Mensch bleibt Mensch.

Und: Im Hinblick auf deine Angst, dass deine Freundin sich etwas antun könnte.. Ja, ich verstehe diese Angst!! Ich kenne aber auch den wahnsinnigen Druck, den dieser Gedanke und diese Angst auf dich ausüben muss. Und das darfst du dir bitte niemals zuteil werden lassen. Bitte mache dir niemals Vorwürfe, auch nicht im Voraus! \"Was wäre wenn\" hat noch niemandem geholfen. Es ist immer noch jeder Mensch für sich SELBST, für SEIN Leben, für das, was er daraus macht ob und wann er es beendet oder nicht verantwortlich. Auch deine Freundin.

Ich wünsche dir alles alles Lieben.
Steffi

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Steffi.

Danke für Dein feedback. Ich hoffe, es wird unseren Anonymus erreichen!