Problem von E. - 39 Jahre

Alkoholiker Familie

Liebes Team,
ich ersticke an meinen Problemen. Mein Kind ist vor 5 Jahren schwer sexuell Mißbraucht worden und leidet seither an schweren psychosomatischen Erkrankungen. Der Haupttatverdächtige ist mein alkoholkranker Bruder, der aber nicht durch Indizien verhaftet werden konnte. Mein Kind ist seither jedes Jahr ca. 2 Monate im Krankenhaus. Ich kann nicht mehr schlafen, arbeiten, lachen ect. Ich beziehe seither Hartz IV. Kann mich nicht auf meinen Job konzentrieren. Psychotherapie, Heilpraktiker ect. haben bei uns bisher nichts gebracht. Mein Schuldenberg wird immer größer. weil mit 350 Euro im Monat nicht auskomme. Meine Mutter will mich enterben, weil ich den Kontakt zu meiner Familie nicht mehr erlaube. Sie zeigt sich solidarisch mit dem Täter und hat Falschaussage bei der Polizei gemacht. Ich bin seit 1 Jahr ununterbrochen krank. Wohin soll ich mich wenden ? Sagen sie nicht Jugendamt. Vielen Dank...

Stefan Anwort von Stefan

Liebe Ratsuchende,
ich freue mich, dass du dich mit deinem Problem an und gewandt hast!

Es tut mir zutiefst leid, was deinem Kind, dir, beziehungsweise in deiner Familie passiert ist. Egal was (und durch wen) das alles passiert ist: jetzt ist erst mal wichtig das es euch beiden besser geht. Dennoch hängt die zerrüttete Familie sicherlich auch mit den Ursachen eurer Probleme zusammen.

Den, beziehungsweise die ersten Schritte scheint ihr beide getan zu haben: der Weg zu einem Therapeuten. Es ist natürlich bedauernswert dass dies bisher ohne (spürbaren) Erfolg blieb. Ich kann dir jedoch versichern: durch eine Therapie wird selten etwas schlechter, vielleicht ist die Besserung nur so gering das sie kaum spürbar ist. Ich würde euch beiden in jedem Fall noch einmal den Gang zu einem Therapeuten nahelegen. Unterschiedliche Therapeuten arbeiten oft auch anders. Vielleicht habt ihr die Möglichkeit von einer anderen Arbeitsweise zu profitieren.

Wie kann ich meinem Kind helfen?
Leider gibt es dafür keine ?Allzweck-Lösung?. Dennoch möchte ich dir einige Punkte nahelegen, von denen du sicher schon einiges intuitiv angewandt haben wirst.

Es ist wichtig, dass du dein Kind mit seinen Gefühlen ernst nimmst. Es ist enorm wichtig für das Kind von seinen Gefühlen reden zu können. Es kann schwer für dich sein, von den schlimmen Dingen erzählt zu bekommen, zu hören, wie schlimm es für dein Kind war. Überlege dir daher vorher ob du dem gewachsen bist. Wenn dein Kind dich weinen sieht wird es unter Umständen nicht mehr mit dir offen sprechen, da es dich schützen möchte.

Ermuntere dein Kind über das erlebte zu sprechen ? jedoch ohne jeglichen Drang/Zwang. Durch vorsichtiges Nachfragen kannst du dein Kind dabei unterstützen. Bedenke jedoch das es für dein Kind auch besonders schwer sein kann, über die Erlebnisse zu sprechen, da es sich um eine Person handelt die dir/euch nahesteht/stand.

Auch wenn es mitunter schwer fallen kann sollten ?Warum?-Fragen vermieden werden. Dein Kind kann dadurch den Eindruck erlangen, teilweise selbst schuld zu sein. Damit zusammenhängend sollten niemals Schuldvorwürfe gemacht werden. Das klingt jetzt vielleicht offensichtlich, jedoch gehört auch ein ?Warum hast Du mir davon nicht schon früher erzählt?? gehört dazu.

Sag deinem Kind deutlich (und auch öfter), dass es keine Schuld an dem hat, was ihm zugestoßen ist. Die missbrauchende Person ist einzig und allein verantwortlich und schuld!

Es kann unter Umständen dazu kommen, dass dein Kind andere Emotionen hat als du, diese solltest du auf jeden Fall akzeptieren. So kann dein Kind den Täter immer noch lieb haben und ihn unter Umständen auch sehen wollen.

Versuche nach deinen Möglichkeiten deinem Kind Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln. Vielleicht fällt euch (dein Kind + Du) im Gespräch ein, was das Kind besonders braucht, um sich sicher zu fühlen.
Wie finde ich Hilfe?

Je nach Wohnort gibt es spezielle Beratungsstellen zum Thema sexuellen Missbrauch (im Internet auffindbar > bei Bedarf helfen wir dir gern eine Beratungsstelle in deiner Umgebung zu finden). Außerdem gibt es Erziehungs- und Familienberatungsstellen (auch von verschiedenen Trägern) an die du dich wenden kannst. Diese haben nichts mit dem Jugendamt zu tun. Auch die ?Allgemeinen Sozialen Dienste? in deiner Umgebung sind gute Ansprechpartner.

Wichtig ist in jedem Fall das für alle weiteren Schritte die Hilfe von Fachleuten eingeholt werden sollte!

Ich möchte dir hier noch eine Anlaufstelle nahe legen:
Schutzengel e.V.
Postfach 201105
33549 Bielefeld
Telefon/Fax: 0521 800 98 84
info@schutzengel-owl.de

(Internetaddresse: http://www.schutzengel-owl.de)

Ich hoffe dir etwas geholfen zu haben. Sollte das nicht der Fall sein, du weitere Fragen oder völlig neue Probleme haben, kannst du dich gern erneut an uns wenden.

Alles Gute,
Stefan F.


(sonstige Quellen: http://www.hamburg.de/familienwegweiser/116688/sexueller-missbrauch.html http://www.hamburg.de/contentblob/117486/data/intervention-sexueller-missbrauch.pdf)