Problem von Anonym - 50 Jahre

Sorgen um meinen Sohn

Liebes Kummerkastenteam,
ich wende mich an Euch, weil ich einfach nicht weiter weiß und vielleicht könnt Ihr mir helfen. Mein Sohn 16 ist seit 3 Jahren in der Pubertät und wir haben viel Streit miteinander. Das aber beunruhigt mich nicht so sehr. Das gehört wohl dazu. Was mir aber solche Sorgen macht ist, dass ich denke mein Sohn ist krank oder gestört. Er hat überhaupt keine Freunde, obwohl er gerne welche hätte, wie er sagt, er verkriecht sich täglich vor dem PC, Schule ist vollkommen unwichtig und das obwohl er unbedingt das Abitur machen will. Er versteht nicht, dass man dafür lernen muss. Und er sagt immer die Unwahrheit, man kann ihm kein Wort mehr glauben und dadurch macht er sich erst recht keine Freunde. Seine Launen sind so wechselhaft, dass er jetzt gut gelaunt ist und fünf Minuten später, ohne ersichtbaren Grund schlecht gelaunt. Ich habe ihn vor einem Jahr zu div. Ärzten und Psychologen "geschleppt", weil er sich aber nicht helfen lassen will, geht er nicht lange hin.
Wenn alles nach seinem Wunsch geht und man ihn in Ruhe lässt, ist es mit ihm auszuhalten, ansonsten nicht. Genau das sagen auch seine Lehrer zu ihm. Wenn ich ihm also nicht helfen kann und er sich auch sonst von niemandem helfen lässt, was kann ich tun? Er selbst ist sehr unglücklich und ich erst recht. Bitte gebt mir einen Rat, wie ich ihn da rausholen kann.
Vielen Dank

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte,

Mit diesem Problem bist du als Mutter durchaus nicht alleine. Es gibt viele Mütter, die ähnliche Schwierigkeiten mit ihren Kindern haben und viele Kinder, die dieselben mit ihren Eltern haben. Es ist einfach eine schwierige Zeit.

Wichtig für DICH erstmal: du bist keine schlechte Mutter. Du sorgst dich um dein Kind und willst doch nur, dass es ihm so gut wie möglich geht und es eine möglichst gute Ausbildung genießt, um später gute Chancen im Berufsleben zu haben. Glaube mir, das weiß dein Sohn eigentlich auch.

Lass uns mal schauen, was hier passiert. Dein Sohn wird von dir ermahnt, es werden ihm seine Schwächen aufgezeigt, es wird ihm gesagt "wenn du nicht jetzt lernst und jetzt das und das machst, dann wird später....", alles das, was eine hilflose Mutter in solch einem Fall mit Sicherheit tut. Doch warum verschließt sich dein Junge dann? Warum baut er eine Mauer und lässt dich nicht an sich heran?

Druck erzeugt immer Gegendruck. Es ist klar, dass du deinen Sohn eigentlich gar nicht unter Druck setzen möchtest, aber das geschieht automatisch, wenn du ihm einen Berg an Problemen vorsetzt, die er hat und die er noch kriegt. Dein Sohn bäumt sich dann dagegen auf, indem er sich verweigert oder alles ignoriert, was kommt. Völlig normal. Er ist noch nicht so selbstreflektiert, dass er erkennt, dass die Dinge wichtig und richtig sind. Für ihn "nerven" Lehrer und Mutter, die ihm immer wieder erklären, was für einen Mist er macht.

Dass er Mist macht, weiß er. Ich könnte sogar fast mit Sicherheit sagen, es schnürt ihm die Kehle zu. Es ist eine Abwärtsspirale, in der er sich befindet und er merkt das. Er will Abi, tut aber zu wenig dafür. Er hat aber keine Chance, dies selbst zu merken und selbst zu steuern, weil von "oben" dauernd Druck kommt. Auf Druck reagiert er sofort mit "Rolladen runter", das macht jeder so, der Probleme hat, diese noch nicht zu Ende verarbeitet hat und dann von jemandem darin "gestört" wird.

Für ihn setzt du folgende Signale: "Du bist mein Sorgenkind. Du bist faul. Du müsstest eigentlich in die Therapie. Du wirst es SO zu nichts bringen".

Du bist mit Sicherheit eine liebende Mutter, die sich einfach nur Sorgne macht. Das sieht dein Sohn so aber nicht, weil er deine Signale anders umsetzt. Er ist überfordert von diesen Forderungen und macht dicht. Und so wird es immer schlimmer.

Ich würde dir gerne etwas empfehlen, das etwas Mut braucht. Es wird nicht einfach, aber es funktioniert oft.

Dreh den Spieß um, wenn er mal einen guten Tag hat und gut gelaunt ist. Sei mal nicht die "von oben" und lass ihn mal nicht "der unten" sein, "der immer Fehler macht". Geh zu ihm, stell dich in sein Zimmer und sag einfach nur: "Ich möchte mit dir mal über meine Fehler sprechen." Du wirst RIESEN-Augen bekommen. Es ist eine völlig neue Rollenverteilung. Du setzt dich zu ihm auf eine Ebene, bzw gehst sogar teilweise eine Ebene drunter.

Erzähl ihm von Fehlern, die du mal gemacht hast und die du heute noch machst, auch in der Erziehung von ihm. KEINE Schulthemen, nichts, was er auf sich münzen könnte, sonst gehts schief. Erkläre ihm, dass du nicht perfekt bist und das von ihm nicht erwartest. Frag ihn, wie es in ihm aussieht. Was ER möchte. Er soll dir mal sagen, OHNE dass du etwas dazu sagst, was er sich vom Leben verspricht oder was ihn stört. Was er gerne tun würde und was nicht. Frag ihn dann auch ruhig, ob er in seinem Leben Fehler sieht, die er persönlich ändern könnte, OHNE dass seine Mutter sich reinhängt.

Gib ihm sein Gesicht und seine Selbständigkeit. Schenke ihm einen Vertrauensvorschuss. Versprich ihm, dass du in der nächsten Zeit keinen Druck aufbaust und versuchen wirst, ihn mehr als Erwachsenen zu sehen und ob er das für eine gute Idee halten würde.

Das wäre der Anfang.
Es kann gut sein, dass er wirklich eine Störung hat. Ich bin keine Psychologin und möchte keine Ferndiagnose stellen, aber momentan kommst du an ihn ja gar nicht erst ran. Eine Therapie kann nur funktionieren, wenn er mitmacht. Dazu ist er aber nicht bereit, das merkt man. Und es bringt auch nichts, dass er sich selbst gestört und unfähig vorkommt, das wird die Abwärtsspirale nur beschleunigen.

Ich wünsche dir gute Gespräche mit deinem Sohn auf gleicher Ebene, gute Möglichkeiten, die ihr beide erarbeitet und Erfolg dabei, sie umzusetzen. Erwarte nicht gleich Meilensteine, sondern kleine Schritte. Vielleicht hilft es.

Liebe Grüße,

Dana