Problem von Ria - 27 Jahre

Gedanken der Vergangenheit lassen nicht los

Liebes KuKa-Team,

ihr seit richtig toll. Wenn ich sehe, wie ihr anderen helft, ist das einfach spitze und ich hoffe, dass ihr auch mir helfen könnt.

Seit einiger Zeit habe ich ein großes Problem. Ich denke sehr viel über meine Vergangenheit nach und ständig gerate ich ein schwarzes Loch. Ich habe viel erlebt und erleiden müssen. Als Kind wurde ich im Kindergarten misshandelt, in der Grundschule gemobbt, dann bin ich umgezogen und habe Freunde verloren, weil ich sie nicht mehr gesehen hab. An meiner anderen Schule bin ich nie klargekommen mit meinen Mitschülern und auch nicht wirklich mit den Lehrern. Dann habe ich vor 7 Jahren meinen ersten Freund bei einem Autounfall verloren, einige Zeit später meinen nächsten Freund samt seiner Familie bei einem weiteren Unfall. Mein Leben war dahin. Ich habe nur existiert und nicht gelebt. Auch Selbstmordversuche habe ich hinter mir, bereits schon in Kindertagen, obwohl ich eine liebevolle Familie habe.

Trotzdem habe ich mein Abi geschafft, mache derzeit eine Ausbildung und bin auch richtig gut. Meine Freunde, die ich jetzt habe, sind ehrlich und treu. Auch meine Seelenverwandten habe ich gefunden. Menschen mit denen ich auch über Dinge reden kann, die kein anderer Mensch versteht. Ich habe in den letzten zwei Jahren Dinge erlebt, von denen ich bisher nur geträumt habe.

Eigentlich bin ich jetzt glücklich und habe Frieden mit mir und dem Leben geschlossen. Aber ich merke immer mehr, dass mir etwas fehlt. Dass ich irgendetwas tun muss, was meinem vergangenen Leben sagt, dass alles in Ordnung ist und nur die Zukunft zählt.

In letzter Zeit sind auch wieder geliebte Menschen verstorben. Eine Freundin und meine Großtante/mein Großonkel. Meinem Opa geht es auch immer schlechter. Ich weiß einfach nicht, wann ich das alles verarbeiten soll. Immer wieder kommen die alten Sachen hoch, wenn ich denke, jetzt geht es aufwärts. In der Tat weiß ich, dass alles seinen Sinn hat und es nach solchen Schicksalsschlägen auch wieder aufwärts geht. Aber ich kann mich einfach nicht konzentrieren.

In zwei Wochen habe ich Abschlussprüfungen und bisher konnte ich noch nicht lernen, weil
a) viel Stress war,
b) privat viel Neues dazu kam und
c) ich über das ganze Zeugs nachdenken musste.
Wie kann ich am Besten beiseite schieben, was mich bewegt? Wie kann ich erstmal einen Schlussstrich ziehen und mich konzentrieren?

nach den Prüfungen will ich erstmal alles verarbeiten, einzeln mit den Themen Frieden schließen. Aber bis dahin?

Bitte helft mir!
ich danke euch, einfach für das Zuhören alleine schon...

Dana Anwort von Dana

Liebe Ria!

Das Wegschieben von Dingen, die einen belasten und immer wieder hochkommen, ist kein guter Weg, allerdings verstehe ich, dass du momentan den Kopf für deine Prüfungen frei kriegen musst und wahrscheinlich keine Lust hast, der Verarbeitung wegen deine Prüfungen für ein Semester nach hinten zu schieben - wahrscheinlich ist es dafür auch schon zu spät.

Was bei Psychologen oft praktiziert wird, ist die Idee des "Refugiums", also eines Zufluchtsortes, der in dir drin liegt und den du so einrichtest, dass es dein "Zuhause" sein kann, aus dem alle Probleme fern bleiben müssen.

Dazu gibt es noch die Möglichkeiten, die Probleme, die immer wieder hochkommen und die Gedanken, die dich plagen, auf Zettel zu schreiben und diese in eine Kiste zu packen. Diese Kiste wird nach den Prüfungen zur Verarbeitung geöffnet, aber bis dahin bleiben die Gedanken und Probleme da drin.

Ich weiß, das hört sich total aberwitzig an und viele Menschen lächeln darüber und glauben nicht, dass es hilft. Ich kenne jemanden, der so auch dachte, aber dann in einer Therapie mal ausprobiert hat, ob das hilft. Und es half! Auf diese Weise kann man punktuell mit Problemen fertig werden, ohne dass einen alle überrollen und sie auch mal für zwei Wochen beiseite schieben, indem man sich innerlich in sein Refugium zurück zieht, wo diese Bilder und Gedanken keinen Zutritt haben. Die Tür bleibt ihnen einfach verschlossen, der Ort geheim.

Und in diesem Refugium sind NUR die schönen Dinge. Das, was du jetzt erlebst, deine Freunde, das, was du schätzt und liebst, wofür du jetzt dankbar sein kannst. Diese Gedanken beflügeln schon für eine kurze Zeit und lassen die anderen Bilder verblassen.

Allerdings: du solltest dringend danach eine Therapie beginnen, Ria. Die Gedanken deiner Vergangenheit werden dich sonst immer wieder einholen, lähmen und behindern. Alleine da durch zu kommen, ist verdammt schwer und es schaffen die wenigsten. Therapeuten sind geschult und in der Lage, dir auf den Punkt zu helfen.

Ich wünsche dir jetzt erstmal alles Gute und viel Erfolg für deine Prüfungen - und danach einen guten Weg, mit deiner Vergangenheit in Ruhe abzuschließen.

Alles Liebe,

Dana