Problem von Anonym - 29 Jahre

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Problem vom 21.04.2011, 15:59 Uhr von Anonym (24 Jahre)
http://mein-kummerkasten.de/256187/Motivationslos.html

Bitte an die junge Frau weiterleiten. Falls ihr etwas nicht in Ordnung oder zu bestimmend findet, könnt ihr gerne Teile löschen. Ich schreibe wegen ihres Interesses im kulturellen Bereich.


Hallo Ratsuchende,

ich habe Kunstgeschichte und Kunstpädagogik studiert. Im kulturellen Bereich ist die Arbeitslage generell sehr schwierig.

Das größere Problem ist wohl, dass du eine Ausbildung im Betrieb deiner Eltern gemacht hast und die Firma natürlich nicht als dein Lebenswerk betrachtest. Vielleicht hältst du diese Stelle (wenn sie auch gering bezahlt ist) und bewirbst dich gleichzeitig woanders, vielleicht auch weiter weg um mehr Abstand zu bekommen.
Problematisch ist natürlich, dass du woanders (=nicht elterlicher Betrieb) kündigen kannst und dich NICHT rechtfertigen musst, warum du die Firma wechselst. Daher wäre ein Gespräch mit deinen Eltern wichtig, wenn sie bereit sind dir zu zuhören.
Deine Eltern haben dich sehr schnell in den Betrieb integriert/ "in Beschlag genommen" und du bist auch nicht von zu Hause weggekommen. Du hast weder räumlich noch beruflich eine Distanz zu deinen Eltern und so ist es natürlich sehr schwer ihnen deinen gewünschten Lebensplanung mitzuteilen. Zudem ist für sie ist Kunst abstrakt und unvernünftig, da sie sich nicht damit beschäftigen und eventuell keinen Bezug zu diesem Bereich haben.
Durch die fehlende Distanz fehlt dir vielleicht auch der Freiraum, wo du nicht unter der Beobachtung deiner Eltern stehst.
Ich kann dir sagen, dass ich den Auszug von daheim dringend nötig hatte, da ich mich tatsächlich eingeschränkt fühlte, obwohl ich meine Eltern sehr mag. Es taugt halt nicht als Lebensentwurf bei den Eltern zu wohnen, da sie ein bestimmtes Maß an Anpassung wollen.
Es ist nicht in Ordnung, dass du zu wenig Lohn für deine Arbeit bekommst und dadurch nicht selbstständig sein kannst. Vielleicht stört dich auch das. Das sind Dinge, die du vielleicht mit deinen Eltern/ Stiefvater klären kannst.

Tips zur Kunst: Soll es zum Beruf werden oder reicht eine individuelle Freizeitgestaltung?

Wenn sich in deiner Nähe eine Universitätsstadt befindet, kannst du dich als Gasthörer einschreiben. Du kannst dich aber auch einfach in eine Vorlesung schmuggeln (das merkt eigentlich niemand) oder öffentliche Vorträge besuchen. Dann weißt du ja, ob dich die Kunst(theorie) wirklich interessiert. Vorlesungen sind ganz einfach in den online Vorlesungsverzeichnissen zu finden.

Wenn du dich eher für das kunsthandwerkliche als das kunsttheoretische interessierst, ist Kunstpädagogik vielleicht nicht schlecht. Aber: es läuft daraus hinaus, dass KP nicht für eine Arbeit reicht. Man kann es eher als Grundlage für etwas weiterführendes sehen, z.B. Kunsttherapie,...
Auch ein Besuch bei Angeboten der vhs ist empfehlenswert, z.B. Kurse wie Skulpturen gießen, freies Malen, Aktzeichnen, etc Da könntest du dich bestimmt ausleben und Neues dazulernen! Außerdem motiviert es, wenn man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann!
Wenn du dich sicher fühlst und denkst, dass du anderen Menschen etwas beibringen kannst, kannst du dich auch bei der vhs als Kursleiterin bewerben!

Solltest du dich wirklich für die Kunst als Studienfach (Theorie/ Praxis) entscheiden, vergewissere dich, dass du genug Energie, Interesse und Engagement hast. Knüpfe bereits IM Studium Kontakte, indem du möglichst viele Praktika machst. Fange klein an und versuche dann, wenn du selbstbewusster und im Studium weiter bist, an renommierte Museen und Galerien zu kommen.
Es gibt in der Regel unbezahlte und wenig bezahlte Praktika. Bei Volontariatsstellen für wissenschaftliches Arbeiten gibt es eine "ungeschriebene Altersgrenze" von 30 Jahren. Wer drüber ist, ist raus.
Stelle dich darauf ein eher patchworkartig zu arbeiten, d.h. eher Stellen als freier Mitarbeiter, keine Festanstellung, Wechsel alle zwei Jahre und entsprechende Bewerbungsmarathons!
Auch Lehramt mit Kunst wäre möglich? Je nach Bundesland variiert es. In Bayern kann man Hauptfach Kunst auf Lehramt an Kunsthochschulen studieren. In anderen Bundesländern hat man noch andere Schulfächer, die man studieren muss.
Deine kaufmännische Ausbildung wäre für einen Nebenjob während des Studiums und bei der Bewerbungen an Museen und Galerien unter Umständen vorteilhaft.
Vielleicht wäre die Richtung Kulturmanagement etwas für dich?
Wenn es bei deiner Arbeit gut laufen würde, könntest du dir auch überlegen im "Alter" zu studieren!

Liebe Grüße, eine Arbeitssuchende
PS: Es sind keine Anweisungen, sondern Denkanstöße, damit du die Arbeit mit Kunst realistischer einschätzen kannst. Es tut mir leid, falls etwas vom Geschriebenen besserwisserisch oder bestimmend klingen sollte!

Marie Anwort von Marie

Hallo!

Vielen Dank für dein umfangreiches und informatives Feedback!
Ich werde es gleich an die Ratsuchende weiterleiten.

Liebe Grüße,
Marie