Problem von Annie - 21 Jahre

Verunsichert... er kann nicht

Hallo liebes Team,

ich hatte vor etwa einer Woche ein ziemlich bewegendes Gespräch mit meinem Freund. Wir sind 7 Monate zusammen und seit Wochen (oder vielleicht schon Monaten) hatte ich das Gefühl, dass bei uns die Beziehung nicht ausgeglichen ist.

Mein Freund treibt Leistungssport (etwa 5 Mal die Woche), trainiert Kinder, gibt Nachhilfe, hat Gitarrenunterricht und macht auch sehr viel für die Uni.
Dementsprechend wenig Zeit bleibt uns für uns beide. Wir sehen uns eigentlich fast jedes Wochenende ein bis 2 Tage und ab und zu noch einmal in der Woche, dann aber nur über Nacht und gehen morgens dann in die Uni.
Im Grunde ist das aber nicht mein Hauptproblem.

Ich habe oft das Gefühl, dass ich nicht Teil seines Lebens bin, sondern eher "eingeplant" bin für ein paar Stunden und er dann wieder heeht und sozusagen sein Leben normal weiterführt.
Mein Freund hasst Handys -.-
Das heißt uns schreiben, wenn er unterwegs ist, ist auch kaum möglich. Er hat sich zwar jetzt wegen mir eins angeschafft aber er schreibt halt total ungern SMS und telefoniert auch ungerne.
Meistens schreiben wir uns abends dann via Chat. Aber auch da fehlt mir halt dieses "zwischendurch mal".
Wir wohnen etwa 40 Minuten mit dem Zug auseinander, wodurch ein spontanes Treffen auch kaum möglich ist.

Ich komm damit halt momentan kaum klar.. ich liebe ihn. Ich hab glaub ich noch nie jemanden so geliebt wie ihn.

Wir haben halt letzte Woche darüber geredet und ich hab ihm meine Probleme erzählt, dass ich mich halt irgendwie vernachlässigt fühle und das Gefühl habe, dass ich nicht Teil seines Lebens bin, sondern nur immer mal wieder "eingebaut" werde. Außerdem hab ich das Gefühl, dass er halt so gut wie nie zeigt, was er fühlt. Wir reden und schreiben eher wie Freunde miteinander - nicht wie ein Paar. Zumindest empfind ich das so. Ich weiß nichtmal genau, warum er eigentlich mit mir zusammen ist.
Er war während meinen Erklärungsversuchen sehr still (er ist allgemein sehr still) und meinte dann, dass er grad vollkommen überrumpelt wäre, da er das nicht so sehen würde. Er hatte bis dato kein Problem in der Beziehung gesehen. Er hat mich dann in den Arm genommen (ich musste weinen während meiner Erklärungen) und gemeint er versuche es zu ändern, ihm würde halt nur momentan nicht einfallen wie. Er könne doch nichts anderes tun, als mir sagen, dass er mich mag - und dass er mit mir zusammen sei, weil er mich mag.

Im Grunde haben mich seine Erklärungsversuche beruhigt. Was mich jedoch immernoch beschäftigt ist die Tatsache, dass er nach 7 Monaten nur sagt, dass er mich mag.
Ich habe ihm gestern das erste mal gesagt, dass ich ihn liebe (hab mich davor nie getraut).

Ist es normal, dass er nach 7 Monaten Beziehung noch nicht "Ich liebe dich" sagen kann? Er macht auch überhaupt keine Anstalten das zu sagen. Er sagt er mag mich, oder ich sei sympathisch. Und er wäre mit mir zusammen, weil er mich mag.
Übertreibe ich da in meinen Überlegungen? Oder ist das wirklich komisch? Wie soll ich mich verhalten? Ich bin echt damit momentan ein wenig überfordert. :(

Nach unserem Gespräch hat er sich - am nächsten Tag - wirklich mehr um mich gekümmert, als ich hatte schon das Gefühl, dass unser Gespräch bei ihm angekommen ist.
Jetzt ist aber eine Woche vergangen und ich hab irgendwie wieder so ein leicht ungutes Gefühl dazu. Es verändert sich halt nicht viel.
Wir chatten immer noch größtenteils und das auch immernoch eher wie "alte Freunde".

Jetzt kommt hinzu, dass mir meine beste Freundin, die jetzt 5 Monate mit ihrem Freund zusammen ist, jetzt verkündet hat, dass sie im August mit ihrem Freund zusammen zieht. Das hat mich irgendwie wie ein Schlag ins Gesicht getroffen. :(
Wieso schaffen die sowas nach 5 Monaten, und ich hab nach 7 Monaten das Gefühl, dass bei mir alles so unsicher ist?

Gut, mein Freund ist wirklich das komplette Gegenteil von ihrem Freund. Ich habe meinen Freund auch so kennen gelernt, dass er super viel beschäftigt ist und nicht viel redet. Sonst wären wir wahrscheinlich nicht zusammen gekommen.
Ich fand das am Anfang super. Ich glaube sogar, das war der Grund, dass ich mit ihm zusammen gekommen bin.
Mein letzter Freund war das krasse Gegenteil von ihm. Wir waren 2 Jahre zusammen und er hatte in dieser Zeit fast seinen kompletten Freundeskreis für mich aufgegeben. Hatte eigentlich keine Hobbys mehr außer "mich" und ist nurnoch mit anderen alleine weg gegangen, wenn ich ihn davor 3 Tage dazu überredet hatte. Zudem wollte er ununterbrochen Liebesgeständnisse von mir und hat mich allgemein als den Mittelpunkt seines Lebens gesehen. Ich fand das nie toll und es hat mir oft Angst gemacht, wie sehr er mich damals geliebt hat.
Damals war das, glaub ich, der Grund, warum das auseinander ging. Ich war total unglücklich damit und habe mir danach geschworen niemals wieder mit jemandem zusammen zu kommen, der kein eigenes Leben führt. Sobald jemand danach was von mir wollte und mir zu schnell zu nahe kam, hab ich daraufhin abgeblockt. Das war weniger gewollt, als dass ich garnicht anders konnte.

Bei meinem jetzigen Freund war das anders.
Wir haben uns vorher oft getroffen, haben viel über Belanglosigkeiten geredet und kamen uns doch durch Berührungen immer näher. Letztendlich bis wir dann irgendwann zusammen kamen.
Hätte er angefangen von Gefühlen oder so zu reden, dann wäre ich wahrscheinlich zurückgeschreckt.
Also hat er mir so eigentlich erst die Chance gegeben mich in ihn zu verlieben.

Aber mittlerweile hab ich mich verliebt, und bräuchte einfach mehr Feedback. :(

Dana Anwort von Dana

Liebe Annie!

Als ich deinen Brief an uns las, musste ich etwas lächeln.

Du hast erst einen Freund, der dich fast bedrängt und dich "überliebt" und nun hast du dir das genaue Gegenteil geangelt. Jemanden, der sein Leben weiter lebt, obwohl er eine Freundin hat...passt dir auch nicht. ;)

Ich verstehe, dass für dich der goldene Mittelweg passend erscheinen würde. Aber so ist dein Freund nunmal nicht. Er ist anders. Und einen Menschen zu ändern, ist nicht gut. Erstens kann man das normalerweise gar nicht und zweitens wäre es gut, wenn du deinen Freund so lieben würdest, wie er ist. Er tut das bei dir ja auch.

Vor allem mach um Gottes Willen bitte nicht den Fehler, deine Beziehung mit anderen Beziehungen zu vergleichen. "Die ist mit ihrem Kerl aber schon SO weit!"...das ist tödlich. Dein Freund kann unmöglich mit allen möglichen Beziehungen im Umfeld mithalten. Du siehst bei deiner Freundin den Fakt des Zusammenziehens. Aber würde deren Beziehung in sonst allem anderen auch standhalten? Versuch es erst gar nicht, es geht einfach schief.

Dein Freund macht keine großen Worte, er ist viel beschäftigt (mit lauter wirklich tollen Sachen) und versucht, für dich auch noch da zu sein. Er tat diese Dinge schon, bevor du mit ihm zusammen kamst, du hast ihn damit kennen gelernt. Doch nun forderst du von ihm das, was dir beim anderen Freund nicht gut gefallen hat. Du erwartest, dass er sein Leben für dich umkrempelt. Was soll er denn aufhören? Wo soll er sparen, um für dich da zu sein?

Du nimmst die Zeit, die er mit dir verbringt, nicht als das wahr, was sie ist: eine Oase für deinen Freund. Etwas, auf das er sich freut. Sonst wäre er nicht mit dir zusammen. Du denkst, er quetscht dich einfach noch in seinen vollen Terminkalender. Ich denke nicht, dass das so ist und daran, wie betroffen er reagiert hat, siehst du, dass er es auch nicht so empfunden hat.

Dazu kommt, dass du unbedingt ein "ich liebe dich!" aus ihm rauspressen willst. Ganz ehrlich: lass ihm doch die Zeit, die er braucht. Er hat ein anderes Tempo und will vielleicht "ich liebe dich!" dann sagen, wenn er weiß, dass er sein ganzes Leben mit dir teilen möchte. "Ich liebe dich!" geht nicht jedem so schnell über die Lippen und eigentlich ist das auch besser so. Du hast einen treuen, sehr lieben Freund, der offen für dich ist (sonst hätte er nicht so genau zugehört, als du dich ihm offenbart hast) und der es ernst meint. Das ist doch besser als jemand, der gleich mal die schwülstigsten Liebesbeteuerungen loslässt, dich aber sonst schlecht behandelt.

Und zu diesem "freundschaftlich schreiben" bei ICQ oder im Chat: eine gute Partnerschaft ist auch auf einer Freundschaft aufgebaut. Romantische Texte werden mit der Zeit ultralangweilig und wenn eine Beziehung nur darauf aufgebaut ist, dann bricht sie danach, weil nichts mehr kommt, was die Erwartungen erfüllen kann.

Mein Freund und ich oder auch mein Bruder und meine Schwägerin sind deshalb so gerne mit dem jeweiligen Partner zusammen, weil wir über ALLES reden können. Über die winzigsten Alltäglichkeiten. Denn darum geht es auch.

Es klingt so, als würdest du alles falsch machen, er aber alles richtig. Das sage ich nicht. Du hast einfach ein schnelleres Tempo als er. Aber das könnte dann zum Problem werden, wenn er versucht, sich dir anzupassen und merkt, dass er es nicht kann. Lass ihm sein Tempo. Da du ihn wirklich liebst, musst du dich auf dieses Tempo einlassen. Du hast gesagt, dass es dir erstmal ganz Recht war, wie er ist. Und plötzlich war es dann nicht mehr Recht, weil du deine Gefühle entdeckt hast. Das ist ihm gegenüber schon etwas unfair, meinst du nicht? Lange denkt er, er macht so alles richtig und plötzlich ist das anders.

Verlange und fordere keine Dinge von ihm, seid füreinander da. Klar, kannst du dich ab und an mal in sein Gedächtnis bringen, wenn es dir zu wenig vorkommt, wie ihr miteinander unterwegs seid. Aber lass ihn ansonsten seinen Weg in seinem Schritttempo gehen und bleib bei ihm, statt vorweg zu laufen. So verliert ihr euch nicht. Und es ist egal, wie weit vorne andere Paare sind oder wie schnell die gehen. Wenn du dich dem Tempo eines anderen Paares anschließt, bist du zwar auf deren Höhe...aber alleine.

Ich wünsche dir, dass du die Geduld mitbringst und nicht versuchst, die Beziehung und deinen Freund in eine Form zu pressen, die andere dir vormachen und die du uuunbedingt jetzt sofort möchtest. Dann wäre er der Falsche für dich. Verbiege ihn nicht. Du wirst dein "Ich liebe dich" bekommen, wenn es an der Zeit ist und ihr zusammen ein Stück des Weges gelaufen seid.

Alles Gute euch beiden!

Dana