Problem von petra - 39 Jahre

16jährige wird flügge

hallo,
ich habe mit meiner Tochter (seit Februar 16) eigentlich ein sehr gutes Verhältnis bis jetzt gehabt. Aber seit 3 Monaten , seitdem sie zum ersten Mal verliebt ist, überrascht sie mich jeden Tag mit neuen Sachen. Ihr Freund wird in zwei Tagen 18 und bis jetzt haben sie sich immer nur auf Partys gesehen. Ich habe bis jetzt nichts gegen diese "Beziehung" gehabt, weil mein Kind glücklich ist. Aber ich kenne diesen jungen Mann überhaupt nicht und ich glaube auch nicht, das seine Eltern von meiner Tochter wissen. In zwei Tagen wird er also 18, das heißt endlich Auto fahren und die Freiheit genießen. Ich weiß nicht, wie er zum Alkohol und zu Drogen steht. Wenn ich mit meiner Tochter reden möchte, macht sie total dicht. So kenne ich sie nicht. Sie ist ein sehr vertrauensseeliger Mensch und ich mache mir riesengroße Sorgen. ich weiß nicht, ob hier Vertrauen allein reicht. Sie erkennt ja nicht einmal die Gefahr bzw. versteht meine Sorgen nicht. Nun steht hier ein riesengroßes Fest an, das über 4 Tage geht. Die jungen Leute kommen aus ganz Deutschland und es herrscht 4 Tage Ausnahmezustand. Wir waren vor 3 jahren da-und deshalb weiß ich,was da abgeht. Gestern teilte uns unsere Tochter dann beiläufig mit (sie hat schon ihre Karte fürs Fest), das sie mit ihrem Freund und seinen Kumpels da campen will. Ich weiß nicht mehr wie ich reagieren soll? Mein Instinkt sagt mir, das ich vielleicht einmal Kontakt zu seinen Eltern aufnehmen sollte. Dann hatte ich überlegt, ob ich ihn nicht mal einlade, um sich näher kennenzulernen. Vermutlich sagt er aber nein. Auch habe ich Angst, das ich meiner Tochter mit solchen Aktionen schade und wir uns dadurch entfernen voneinander. Ich bin auf Ihre Hilfe angewiesen. Soll ich ihr das campen und den Umgang mit dem jungen Mann verbieten, wenn sie so sturr ist? Ich möchte meine Tochter nicht verlieren. Vielen dank

Dana Anwort von Dana

Liebe Petra,

natürlich kommt unsere Antwort für dieses Fest und die damaligen Situationen zu spät. Das ist aber leider nicht anders möglich, wie auch auf der Problem-Formular-Seite beschrieben.

Ich selbst habe keine Kinder in diesem Alter, war aber selbst mal jung, hatte Geschwister, die auch mal das Alter hatten und arbeite viel mit Kindern und Jugendlichen, die ebenfalls dieses Alter irgendwann durchmachen und die erste Liebe.

Ich weiß jetzt natürlich nicht, ob mein Ratschlag für diese Beziehung zwischen Tochter und dem Freund überhaupt noch Sinn macht, ob sie noch zusammen sind oder nicht...aber ich weiß, dass Eltern genau in dem Alter einfach ein rotes Tuch sind. Da kann man vorher noch so ein gutes Verhältnis gehabt haben, wenn "die Mutter in die Beziehung reinquatscht", erreicht sie genau das Gegenteil von dem, was sie erreichen möchte. Rolladen dicht und es wird genau das Gegenteil von dem gemacht, was die Mutter rät, bzw einfach nicht drauf gehört.

Damit ist deine Tochter kein Einzelfall.

Druck erzeugt Gegendruck, das ist bekannt. Selbst wenn du nur fragst und deine Zweifel äußerst, wird sie das als "Druck von oben" empfinden und sich dagegen stellen. Ich hatte zB mit 14 einen Freund, der fast 18 war. Meine Eltern waren höchst besorgt, luden den Freund ein (was ich zuließ) und hinterher meinte meine Mutter nur entsetzt: "Er sieht ja gut aus...aber bitte, was ist das für ein Lackel???" Ich selbst habe damals schon so meine Zweifel gehabt, ob die Beziehung zu ihm das Richtige sei, aber nachdem meine Mutter dies gesagt hatte, verteidigte ich ihn bis aufs Blut und blieb viel länger mit ihm zusammen als ich eigentlich wollte, einfach nur, um meiner Mutter "es zu zeigen".

Ich würde dir raten, deine Tochter zu dir zu holen und ihr zu sagen, dass du ihr vertraust. Ihr zu sagen, dass du sie frei gehen lässt und darauf baust, dass sie selbst weiß, wo Schluss ist. Sowohl, was Verhütung oder zu viel Alkohol angeht oder, dass die Finger weg von Drogen bleiben.

Dazu halte alle deine Sinne offen. Man riecht sowohl Rauch als auch andere Stoffe an der Kleidung, man riecht auch, ob das Kind eine Fahne mitbringt und so weiter. Aber bleibe im Hintergrund, beobachte das Ganze, während du deine Tochter an der langen Leine lässt. Sie wird es sowieso machen. Wenn du es ihr verbietest, dann halt heimlich. Aber man kann die Hemmschwelle vergrößern.

Ich möchte dir gerne noch ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung mitteilen. Letztes Jahr war ich mit meiner 10jährigen Nichte im Holliday-Park. Sie hatte von ihrer Mutter genau zwei Verbote bekommen: "Du fährst nicht Free-Fall (das ist diees Ding, wo man hochgezogen wird und dann im freien Fall runterfällt, bis kurz vor dem Boden) und du fährst nicht Achterbahn, weil die zu wild sind!" Und was war? Die gaaaanze Zeit Gedrängel und Gequengel, dass sie uuuuunbedingt das fahren will und es voll gemein sei, dass sie diese Verbote hat und dass ICH gemein sei, weil ich sie durchziehe...

Irgendwann hatte ich die Nase voll, weil mir das den ganzen Tag verdarb. Ich nahm sie zur Seite und sagte: "Ok. Du willst das unbedingt fahren. Dann übertrage ich die Verantwortung für dein Handeln jetzt dir. Du darfst fahren, ich lasse dich. Aber überlege, was das für Folgen haben kann. Es kann sein, dass du deine Mutter anlügen musst, wenn sie fragt. Du weißt, wie furchtbar es dir dann geht. Lügst du nicht, wirst du es ihr erzählen müssen und sie nicht nur sehr böse auf dich machen sondern auch auf mich, weil ich mich nicht an ihre Bitten gehalten habe. Die weitere Folge kann sein, dass du nicht mehr bei uns schlafen und mit uns unterwegs sein kannst, weil deine Mutter weder dir noch mir noch vertrauen kann. So. Nun kennst du die Fakten, entscheide selbst."

Laaaanges Gesicht, vorher war sie schon mit einem Bein strahlend in Richtung der Achterbahn gelaufen, als ich sagte "du darfst". Sie setzte sich auf die Bank, schmollte und dachte nach, ich hab sie gelassen.

"Möchtest du Achterbahn fahren?"
"................neeeeeeeeeeeeee.........!!!!"

Damit war das Thema gegessen.

Meist ist es wirklich so, dass man den Kindern mehr Verantwortungsgefühl und Gerechtigkeitsgefühl zutrauen kann als man denkt. Man muss nur die Folgen klar machen und dann sagen: "aber ich vertraue dir, du wirst die für dich richtige Entscheidung treffen". Damit ist eine enorme Hemmschwelle aufgebaut, weil die Kinder SELBST entscheiden müssen, was sie tun. Entscheide ich mich bewusst dafür, dass es mir und meiner Mutter dann schlecht geht? Oder entscheide ich mich für das Gegenteil? Was ist mir wichtiger?

Und das funktioniert wirklich oft, auch bei älteren Jugendlichen noch. Wenn sie merken, dass sie die alleinige Last der Verantwortung haben, werden sie interessanterweise wirklich auch verantwortungsbewusster. Wenn die Verantwortung bei "Mama" liegt, kann man so schön dagegen revoltieren...

Das wären so meine Gedanken dazu.

Ich wünsche dir und deiner Tochter noch ein schönes Leben miteinander - verzweifle nicht, dass sie momentan eher nicht auf das hört, was du sagst. Ich kann aus Erfahrung sagen, dass das bei 90% der Fälle so ist...und dass es sich später wieder verändert. Sie wird erwachsen und sich dir wieder zuwenden.

Liebe Grüße, viel Erfolg und Durchhaltevermögen!

Dana