Problem von Anonym - 17 Jahre

Es reicht...

Hey,
Ich weiß nicht genau in welche Kategorie ich mein Problem einordnen soll, da es eigentlich so ziemlich jeden Breich meines Lebens betrifft. Es wäre mir wirklich äußerst wichtig, wenn ihr hierauf antwortet.

Ich habe versucht meine Probleme alleine in den Griff zu kriegen und voriges Jahr war ich noch der Meinung, dass ich das schaffe, aber kann's einfach nicht.
Gerade eben hatte ich einen Streit mit meiner Mutter. Mir geht es schön seit längerer Zeit nicht gut, ich bin sehr oft niedergeschlagen und muss weinen, ich kann mich zu fast nichts motivieren, meine Noten in der Schule sind auch viel schlechter geworden...ich leide höchstwahrscheinlich unter Depressionen.

Meine Eltern wissen nichts davon und ich kann es ihnen auch nicht sagen. Ich habe schon oft genug versucht ihnen zu sagen, dass es mir nicht gut geht, aber sie können es einfach nicht verstehen. Sie sind sehr konservativ (kommen aus dem Kosovo) und sind in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Ich weiß, dass sie meinen Brüdern und mir ein besseres Leben ermöglichen wollen, aber sie können anscheinend nicht über den Tellerrand hinausblicken und begreifen, dass Materielles nicht alles ist. Sie fragen nur sehr selten wie es mir geht. In meinem Streit mit meiner Mutter hat sie eben gemeint, dass man Leute nur dann fragt wie es ihnen geht, wenn sie krank sind. Obwohl ich sie kenne, überrascht es mich manchmal wie klein ihr Blickfeld doch ist. Ich habe schon oft genug versucht sie zu verstehen und ihnen zu erklären, dass es auch ein seelisches Wohlbefinden gibt, aber meine Mutter will mir gar nicht zuhören. Sie hält mich für arrogant und besserwisserisch. Und mein Vater...naja, ich habe versucht mit ihm alleine zu reden und er versucht wenigstens mir zuzuhören, aber ich finde einfach nicht die richtigen Worte. Außerdem glaube ich nicht, dass sie das jemals verstehen werden. Ich weiß nicht wieso ihnen das so schwer fällt. Immerhin wollen sie doch auch nicht, dass man sie nicht ernst nimmt, wenn es ihnen schlecht. Ich glaube meine Mutter kann die Wahrheit nicht akzeptieren. Sie ist selbst unglücklich und hat das sogar schon mal gesagt - wenn auch nicht direkt. Das merke ich aber ohnehin. Ich bin nicht blind. Aber wenn ich sie direkt darauf anspreche, sagt sie sie habe keinen Grund unglücklich zu sein, sie hat ja immerhin alles was sie braucht (...ja, Materielles...), und für mich gibt es auch keinen Grund dafür.
Jedesmal wenn ich irgendetwas (ihrer Meinung nach) falsch mache, tut sie so als ob ich sie nur ärgern und zur Weißglut bringen wollte, was überhaupt nicht stimmt. Ich habe auch nie gesagt, dass sie daran Schuld ist, dass es mir nicht gut geht, aber sie sagt das immer wieder. Ich kann mich mit ihr einfach nicht unterhalten...wir reden nur aneinander vorbei und keiner von uns versteht den anderen. Außerdem, scheint es ihr egal zu sein, wer ich bin oder was ich will. Hauptsache ich funktioniere, um dann später ein "glückliches" Leben mit meinem Mann führen zu können.

Vor über 4 Jahren wurde mein Bruder mit Multipler Sklerose diagnostiziert (Kann sein, dass auch das bekannt vorkommt. Ich habe schon ein paar mal an euch geschrieben, aber keine Antwort erhalten. Aber macht nichts, ich weiß, dass ihr viel zu tun habt.). Seitdem hat sich alles verändert. Mein Bruder hat sich damals überlegt, ob er jemanden um Sterbehilfe bitten soll. Allerdings wissen meine Eltern nichts davon, was auch nachvollziehbar ist. Ich hätte es ihnen auch nicht erzählt. Sie sind sehr religiös und hätten wahrscheinlich so etwas wie "Das darfst du doch nicht! Weißt du denn nicht, dass dich Gott dafür bestraft hätte!" geantwortet - keine große Hilfe und auch nicht besonders einfühlsam, wenn ihr mich fragt. Jedenfalls, ging es seitdem nur bergab. Mein ältester Bruder hat sich zum Glück nicht umgebracht und physisch scheint es ihm (bis auf einigen Kleinigkeiten) ganz gut zu gehen. Wie es um seine Psyche steht, weiß ich nicht, weil wir selten miteinander reden, aber ich glaube er hat Minderwertigkeitsgefühle und wahrscheinlich auch selsbt Depressionen - aber wie gesagt, das kann ich nicht beurteilen. Er hat vor ca. einem Jahr die Schule geschmissen und ist immer noch arbeitslos.

Wie auch immer, ich fühle mich seit mittlerweile 2 Wochen schlecht, wobei meine Depressionen vor über einem Jahr angefangen haben. Mir fällen alltägliche Dinge schwer, wie z.B. Zimmer aufräumen, Hausübungen machen, lernen,..., was mich umso mehr belastet. Nächstes Jahr sollte ich eigentlich maturieren (= Abitur machen), aber ich befürchte, dass ich schlechte Karten habe, wenn das so weiter geht. Ich habe mir schon öfters überlegt mit der Schule aufzuhören, aber ich weiß, dass ich es dann später mit der Jobsuche schwer haben würde. Ich kann nicht einfach so aufhören, auch wenn ich das noch so gerne täte. Außerdem würden meine Probleme dadurch auch nicht einfach in Luft auflösen.

Ich habe erkannt, dass es in meiner Hand liegt. Nur ich kann meine Situation ändern und ich weiß, dass ich irgendwann daran zu Grunde gehen werde, wenn ich es nicht tue. Ich bin schon fast verzweifelt. Ich glaube ich werde einen Termin beim Psychiater machen und versuchen ihm zu sagen, dass ich nicht der Medikamente wegen zu ihm gegangen bin. Ich habe Angst...große Angst sogar...Ich habe noch nie jemandem wirklich erzählt, was lost ist, aber ich will nicht mehr nur darauf warten, dass sich irgendwas ändert. Es wird sich doch gar nichts ändern, es sei denn ich selbst unternehme etwas dagegen...ich hoffe nur, ich schaffe es endlich jemandem zu sagen, was wirklich los ist.

Das hier war noch lange nicht die ganze Geschichte, aber ich hoffe ihr könnt mich verstehen.
Danke fürs Durchlesen

Marie Anwort von Marie

Liebe Ratsuchende,

ich danke dir für dein Vertrauen an uns!

Du schreibst, dass du höchstwahrscheinlich an Depressionen leidest - und nach dem, was du beschreibst, muss ich dir Recht geben.
Es ist sehr gut, dass du erkannt hast, dass nur du selbst etwas an deiner Situation ändern kannst. Du brauchst nur jemanden, der dich dabei unterstützt und dir zeigt, was du konkret tun kannst.

Deine Idee, dir professionelle Hilfe zu suchen, finde ich super! Deine Eltern müssen auch nichts davon erfahren; sprich das einfach mit dem Therapeuten und der Krankenkasse ab.
Es ist wichtig, dass du anfängst, darüber zu reden, wie schlecht es dir wirklich geht - mit einem Therapeuten, einem Psychologen in einer Beratungsstelle oder vielleicht auch erst einmal bei der Telefonseelsorge, je nachdem, was dir leichter fällt.
Du merkst ja selbst, wie kaputt es dich macht, die ganze Zeit so niedergeschlagen und antriebslos zu sein und niemanden zum Reden zu haben, und dass es sich auch negativ auf deine schulischen Leistungen auswirkt.
Deswegen fang JETZT an, dich um dich selbst zu kümmern und für dich zu sorgen! Du verdienst es, ernst genommen zu werden und die Hilfe zu bekommen, die du brauchst!
Wenn du keine Medikamente haben möchtest, solltest du am besten nicht zu einem Psychiater gehen, sondern zu einem sog. Psychologischen Psychotherapeuten. Tipps zur Therapeutenwahl findest du in unserer Soforthilfe: http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Wie-finde-ich-einen-Psychologen.html
Mach am besten mit mehreren Therapeuten einen Termin aus, damit du wirklich jemanden findest, der dir sympathisch ist und mit dem du arbeiten möchtest.
Die Probleme mit deinen Eltern kannst du auch ruhig zu einem Thema in der Therapie machen. Vielleicht findest du dort Wege, etwas an der Situation in deiner Familie zu verändern oder zumindest besser damit umzugehen.

Ich drück dir die Daumen und wünsche dir alles Gute!

Liebe Grüße,
Marie