Problem von Anonym - 22 Jahre

Unstimmigkeit

Heyho,
Vorab: ich weiß, dass es hier wesentlich schlimmere Probleme gibt, die in wesentlich weniger Zeilen auf den Punkt gebracht werden. Vermutlich bin ich in manchen Augen ein kleiner Junge der hingefallen ist und zu blöd zum Aufstehen ist und 'nen Lutscher möchte.

Daherwerde ich den Text wohlwissen nochmal schicken, wenn er übergangen wird, weil's grade besonders brenzlige Dinger gibt die wichtiger sind.

Trotzdem muss ich diese Unstimmigkeit bei mir einfach mal in Worte fassen, sonst beschäftige ich mich zu sehr damit und lenke mich von wesentlichen Dingen ab.

Wo fange ich an?
Am Besten mit dem entscheidenden Gedanken, der den Rest in mir so wach gerüttelt hat, dass ich nicht mehr schlafen konnte:

"Du bist jetzt 22 Jahre alt, bist immer noch Single, warum sollte sich das ändern? Dann kannst du auch noch den Rest so weitermachen."

Wie ich darauf komme?

Jeglicher Versuch, das Singleleben zu beenden, ging bei mir nach hinten los. Der letzte vielversprechende Versuch liegt nun fast 1 Jahr zurück.
Zu dem Zeitpunkt hatte ich dieses krampfhafte Flirten und unter Druck setzen von mir selbt ("Oh gott du bist schon über 18 und hast noch keine Freundin!") abgeschaltet und dachte: Wenn's soweit ist, ist's soweit, fertig.

Ich hatte eine alte Tanzpartnerin durch Geburtstage von Stufenkollegen "wiederentdeckt" - nach dem Abschlussball vor mehr als 6 Jahren, hatte ich absolut nichts an ihr gefunden und wollte mit ihr nichts mehr zu tun haben, was bei ihr evtl anders aussah, ich kann es nicht mehr wirklich einschätzen.
Sie war zwar in meiner Stufe, aber wir hatten nicht einen Kurs zusammen und in einer Schule kann man sich schon mal bewusst oder unbewusst aus dem Weg gehen.
Also knüpfte ich per Zufall in der Wartezeit zwischen Zivildienst und Studium wieder Kontakt zu ihr und merkte, dass ich sie total super fand - man verändert sich ja über die Jahre, sie vom Aussehen und ihrer Ansichten und Lebensweise her (sie hatte noch die gleichen Interessen/Hobbies wie zu früheren Zeiten, vielleicht etwas abgeändert, im großen und Ganzen aber die gleichen).
Und ich hatte mich auch verändert, andere Interessen/Hobbies/Ansichten, die ihren teils ähnelten.
Ich war davon fasziniert, wie sie alles anging, was sie machte und was sie noch vor hatte und mir vielen auf einmal wieder Dinge ein, die ich längst gemacht haben wollte, aber nie in Angriff genommen hatte - vom Motorradführerschein bis zum Gitarren spielen (sie hatte z.B. schon den Motorradführerschein).

Ich wollte natürlich nur Freundschaft, weil ich teils manche Interessen mit meinem aktuellen Freundeskreis nicht teilen konnte, wohl aber mit ihr. Ich verstand mich super mit ihr….und beim Kinobesuch, den ich durch zufällige Absagen von Freunden dann mit ihr allein verbrachte (es war also kein offizielles Date), verschoss ich mich dann doch in sie.
So etwas war mir das letzte mal mit 16 passiert.
Ich wollte es mir erst nicht wirklich eingestehen, doch dann gab ich dem Bauch nach und buhlte mind. 2 Monate um sie. Lustiger weise war mein Bester Kumpel schon vor mir etwas länger hinter einem anderen Mädchen her und bekam auf einmal Angst, ich würde vor ihm "fertig" sein - er hatte mich auf einer Party mit ihr beobachtet und sprach mir zuversichtlich zu, dass er so verschlingende Blicke von mir gar nicht kenne und dass es bei ihr wohl auch so aus sah. Mein Kumpel ist übrigens glücklich mit seinem Mädchen zusammen, hat geklappt und läuft super - das ist aber denke ich eine andere Geschichte.
Zurück zu mir:
Als ich dachte, sie endlich soweit zu haben, kam etwas dazwischen: Ihre Schwester heiratete und auf der Feier war wohl auch ein guter Kumpel von ihr eingeladen - er war wohl in irgendeiner Form mit ihrem leidenschaftlichen Hobby, dem Tanzen, in Verbindung.
Seid der Hochzeit verhielt sie sich anders. Ich wollte das nicht erkennen und machte weiter. Er kam mir natürlich in die Quere und gewann das Rennen - ich bin wohl beim Flirten, Zeichen erkennen und reagieren, zu paddelig, zu langsam und ich redete mir ein, dass mir wohl wie bei allen anderen Versuchen aus vorigen Jahren bei anderen Frauen, einfach irgendetwas, das gewisse Etwas (ich weiß nicht was es ist), fehlt.
Eingeknickt und frustriert brach ich den Kontakt zu ihr ab.

Trotzdem hatte die Sache etwas gutes an sich: Ich habe mit Beginn des Studiums mich zumindest von meiner Gammelei vor dem PC verabschiedet, was mir ziemlich Zeitverschwenderisch vorkam, als ich durch sie (also die, die mich absägte) merkte, was man nicht alles sonst im Leben so machen kann.
Im 1. Semester stürzte ich mich verbissen in die Arbeit, unter anderem vermutlich, um sie zu vergessen.
Ich habe mit dem E-Gitarre spielen angefangen und mir noch ein paar andere Dinge vorgenommen, die ich schon immer machen wollte, aber nie konkretisiert hatte.
Und aufgrund der Aktivitäten, die ich jetzt neben dem Studium so unternehme, muss ich eingestehen, dass ich überhaupt keine Zeit für eine Freundin hätte.
Daher bin ich letzten Endes zu dem Entschluss gekommen: "Frauen sind wohl nichts für dich, am Ende ziehst du nur den kürzeren, sieh's ein, du bist dafür nicht gemacht."

Nach dem Motto: Bleib bei deinem Studium, mach das so gut du kannst und du hast später 'nen guten Job, genügend Hobbies und Kohle, mit der du dann reisen kannst und anderes Zeugs kaufen kannst.

Frage: Kann das eine gesunde Einstellung sein oder ist da was angeknackst bei mir?

Dana Anwort von Dana

Lieber Unbekannter!

Du fragst dich (und uns), ob bei dir etwas "angeknackst" ist. Ich würde diese Frage nicht unbedingt mit Ja beantworten, aber auch nicht mit einem Nein. Es ist das berühmte "Jein" in deinem Fall.

Du bist sehr gut in der Lage, dich selbst zu reflektieren, du merkst, was du tust und kannst es für dich selbst analysieren. Das ist super, das können viele nicht. Allerdings ziehst du dann, meiner Meinung nach, die falschen Folgen aus deiner Analyse, gehst zu sehr in ein "generalisiertes Extrem". Du hattest bisher Pech, es hat nicht geklappt. Manche haben mit 13 den ersten Partner und wechseln viel bis es irgendwann mal richtig funkt, andere brauchen lange, bis sie wissen, wer es ist, andere noch länger. Vergleiche dich da nicht mit anderen. Jeder hat seine Zeit und sein Tempo.

Klar, das klingt jetzt tröstend, ist aber so nicht gemeint sondern eher als "knallharter Fakt". Denn genauso ist es. Mit 22 da schon zu resignieren und eine These aufzustellen, dass du insgesamt einfach nicht "dafür gemacht bist", halte ich für völlig falsch.

Du hast einen Fall erlebt, in dem du den Kürzeren gezogen hast. Das ist ärgerlich, tut weh und nagt am Selbstwertgefühl. Es ist aber so, dass es in der Liebe einfach beidseitig passen muss, was nicht heißt, dass es an Qualitätsmangel liegt, wenn es nicht passt. Im Prinzip wie bei einem Puzzle. Das Puzzleteil, das an dem einen hakt, passt an einem anderen Teil wunderbar. Es passt nicht, ist aber nicht deshalb kaputt, sondern passt eben nur woanders.

So ist es auch bei dir. Wenn eine Beziehung nicht hinhaut und du lange keine neue Beziehung hast, dann muss das nicht zwingend daran liegen, dass du nicht dafür gemacht bist. Vielleicht bist du momentan einfach nur an der falschen Stelle des Puzzles und deine Zeit ist einfach noch nicht reif.

Es hatte etwas Gutes: du wurdest "geweckt" und hast angefangen, für dein Studium zu lernen. Du hast wieder begonnen, an dir zu arbeiten und dich zu verändern, meiner Meinung nach hin zum Positiven. Manchmal hat man "Posten" auf seinem Weg, die einen in eine bestimmte Richtung schubsen.

Ich würde dir empfehlen, weder die Schlappe mit dieser Freundin, noch dein Studium und deine sonstigen Aktivitäten zu verbissen zu sehen und zu endgültig. Bleibe offen und schreibe dir nicht einen Weg zu, der vielleicht gar nicht deiner ist. Lauf einfach los und schau, was die Welt bietet, ohne schon alles vorgezeichnet zu haben. Du kannst nicht wissen, ob nicht schon in den nächsten Wochen oder mit 23 oder mit 25 eine Frau des Weges kommt, die deinen kreuzt und dann mit dir weiter läuft. Verbeiße dich nicht in Thesen, die dich beruhigen sollen, aber im Endeffekt nicht gut tun. Sowas wie "ich bin nicht dafür gemacht!" ist meines Erachtens eine Lüge und soll nur die Sehnsucht herunter drücken, die Aktivitäten sind gut zur Ablenkung, sollten aber nicht alles zudecken.

Ich rate in solchen Fällen immer dazu, sich selbst zu entdecken. Zu gucken, womit man im Leben so richtig zufrieden an sich selbst ist und was verbesserungswürdig sein könnte. Arbeite an dir, verbessere dich in aller Ruhe, freu dich an deinen Erfolgen und nimm die Misserfolge zum Lernen. Tue nichts mit Druck oder gebauten Gedankengerüsten sondern lasse einfach alles auf dich zukommen. Wenn du momentan keine Zeit für eine Freundin hast, ist das völlig ok, aber mach da kein Dogma draus, das für immer gilt. Bleibe offen und freudig am Leben, lass auch mal die Sehnsucht zu, die gehört dazu. Du kannst diese Selbstreflektion doch, du kannst mit dir selbst im Dialog sein. Dann beschummle dich aber nicht und setz keine End-Thesen.

Es bringt nichts, alles in Kisten zu packen und Schlösser davor zu setzen. Dazu bist du noch viel zu jung. Sicher, es ist viel schwerer, mit sich selbst ins Reine zu kommen als einfach alles zu verschließen und zu sagen: wird ja eh nix. Aber trotzdem ist das meist die bessere Lösung.

Dass du dein Studium so durchziehen willst, ist mit Sicherheit sehr gut. Fleißig zu sein, um später gute Berufschancen zu haben, ist löblich und auch produktiv sinnvoll. Trotzdem sollte dieses Lernen nicht aus einer Resignation geboren sein. Tu das, was du gerne möchtest, was dir wichtig ist. Und wenn momentan die "Frau" nicht wichtig erscheint, ist das ok so. Mach aber nicht den Fehler, es dir komplett zu verwehren, weil es "nichts für dich ist". Das ist definitiv falsch. Es kommt auch wieder eine Zeit, wo du das anders sehen wirst, ich bin mir sicher. Bleibe offen und freundlich, alles andere wird sich geben.

Liebe Grüße und viel Erfolg weiterhin!

Dana