Problem von Anonym - 30 Jahre

Alleinerziehend und Vollzeit berufstätig

Ich habe momentan mit mehreren Problemen zu kämpfen, die mich langsam an meine Grenzen bringen:

Seit meine Tochter 1 Jahr alt war (jetzt ist sie fast 10) bin ich sofort wieder zur Schule gegangen, bzw. arbeiten.
Mittlerweile mache ich mir große Vorwürfe, dass ich nicht immer für sie da war. Da ich schon von Anfang an alleinerziehend bin, musste sie zusätzlich betreut werden. Diese Tagesmütter wechselten häufig. Nun ist es so, dass meine Tochter etwas enwicklungsverzögert ist. Sie geht zwar zur normalen Schule, bekommt aber Unterrichtsstoff von der Sonderschule. Auch hat sie ziemliches Übergewicht. Ich mache mir große Vorwürfe, dass ich diese Dinge nicht besser steuern kann, aufgrund meiner Berufstätigkeit. Ich spiele oft mit dem Gedanken eine Halbtagsstelle anzunehmen, damit ich mehr Zeit für meine Tochter habe. Andererseits würde dann das Geld hinten und vorne fehlen.
Ich beneide jene Frauen, die nur zu Hause sind, und der Mann arbeiten geht.
Außerdem bin ich die verachtenden Blicke der Mütter leid, wenn es darum geht etwas für die Schule zu organisieren, und ich nicht mithelfen kann, weil ich arbeiten muss.

Dazu kommt noch, dass ich mit meiner beruflichen Situation überhaupt nicht zufrieden bin. Seit 6 Jahren bin ich nun in diesem Unternehmen. Zuerst nur als Versicherungskaufrau angestellt. Seit Anfang 2011 bin ich nun zusätzlich im Zweitunternehmen meines Arbeitgebers tätig. Offiziell als Assistentin der Geschäftsleitung. Jedoch kann man das eher als Mädchen für alles beschreiben: Putzfrau, Lageristin, Kassiererin, Gartenbauer .. alles bleibt an mir hängen. Mehr Geld gibt es dafür natürlich nicht! Mein Gehalt wurde lediglich aufgesplittet. Ich bekomme zwar einen Firmenwagen und ein Firmenhandy gestellt, wofür ich einerseits sehr dankbar bin, aber andererseits total an das Unternehmen gebunden. Ich könnte mir kein eigenes Auto anschaffen, wenn ich hier aufhören würde. Seit einiger Zeit muss ich nun auch einmal im Monat samstags an der Kasse arbeiten, weil sich die anderen Mitarbeiter ungerecht behandelt fühlten. Dafür hab ich dann einen halben Tag in der Woche frei (was mir nichts bringt, weil mir der halbe wertvolle Samstag mit meiner Tochter fehlt). Zudem gibt es ständig böse Diskussionen im Unternehmen, weil sich mein Chef nicht gegen seine Mutter durchsetzen kann, die noch mit im Unternehmen tätig ist.

Bei mir bröckelt es im Moment sehr, und ich weiß nicht wie lange ich diese Situation noch aushalten kann. Einerseits möchte ich unseren Lebensstandard aufrecht erhalten, andererseits bin ich langsam am Ende meiner Kräfte und mache mir große Vorwürfe.

Ich hoffe, ihr könnt mich in irgendeiner Form unterstützen, bzw. mir einige Tipps geben.

Vielen Dank!

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte!

Du klingst einfach chronisch überfordert. Zudem machst du dir Vorwürfe, nicht besser "funktioniert" zu haben, nicht besser dein Leben zu managen. Da möchte ich gerne als erstes dazwischen gehen.

Du hast eine Tochter, du hast Verantwortung und du hast bisher versucht, dieser Verantwortung auch gerecht zu werden. Du arbeitest hart, damit ihr leben könnt und hast es nicht leicht im Leben. Wer da auf dich herab sieht, sorry, der ist ein Idiot.

Was dir fehlt, ist Stärkung im Alltag. Du bist ausgelaugt, denkst, du seist eine schlechte Mutter und alles wächst dir über den Kopf. Du bist keine schlechte Mutter. Du bist allein erziehend und musst für das Geld im Haus sorgen, anders geht es nunmal nicht. Die Frage ist, ob es wirklich dieser Job sein muss. Du bist 30, also noch nicht so unglaublich alt, wie wäre es, wenn du deine Fühler mal ausstreckst? Vielleicht gibt es irgendwo einen Job, der weniger stressig ist und vor allem mehr Spaß macht? Manchmal muss man einfach sein Leben umstellen, auch wenn man Angst davor hat.

Deine Arbeitsstelle ist ja sicher und das "Fühler ausstrecken" muss ja erstmal keiner mitbekommen. Bewerbe dich doch einfach mal bei anderen Firmen, anderen Arbeitgebern, vielleicht hast du ja sogar Chancen?

Dass deine Tochter entwicklungsverzögert ist, kann einfach passieren. Ob das nun passiert ist, weil sie dauernd wechselnde Bezugspersonen hatte oder einfach genetisch bedingt ist, kann man nicht sagen, auf jeden Fall sind da Vorwürfe unangebracht. Du hast Recht: Zeit mit ihr zu verbringen ist sehr wichtig, auch sollte das Übergewicht angegangen werden.

Ich würde dir ja mal empfehlen, eine Mutter- und Kindkur zu beantragen. Du könntest mal frei durchatmen und deine Tochter würde eine Ernährungsberatung bekommen, bzw ihr beide, so dass sie vielleicht von ihrem Gewicht runter kommt.

Hast du dir mal überlegt, eine Therapie zu besuchen? Und zwar keine, weil du verrückt oder gestört bist (diese Ammenmärchen sind schon lange antik), sondern weil du einfach jemanden brauchst, bei dem du dich mal etwas fallen lassen kannst und der dir aus seiner beruflichen Erfahrung heraus einfach Hilfestellung geben kann. Das kann eine Frau oder ein Mann sein. Es ist sehr wichtig, dass du dich wieder fangen kannst und wieder mehr du selbst sein kannst. Einfach nur im Leben zu "funktionieren", klappt nie. Das frisst einen irgendwann auf.

Denk nicht so viel an die Vergangenheit, mach dir keine Vorwürfe, sondern schau, wie du im Hier und Jetzt für dich und deine Tochter besser sorgen kannst. Vor allem für dich. Deine Tochter hat nichts von einer Mutter, die fast am Ende ist.

Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinem weiteren Weg und hoffe, ihr kriegt eine Kur bewilligt. Einfach beim Hausarzt anfragen.

Liebe Grüße,

Dana