Problem von B - 17 Jahre

Feedback (Wie schaffe ich es von zu Hause auszuziehen?)

Hallo Nele

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Es hat mich sehr gefreut.

Ich habe an die Organisation die Mail geschickt, und auch eine Antwort bekommen. Noch mal dankeschön!
Im Moment habe ich Kontakt mit einer Frau von der Organisation, hab ihr beschrieben, wie es derzeit bei mir zu Hause abläuft, wie es früher ablief, doch wie es jetzt weitergeht und ob ich wirklich rauskomme von zu Hause - das weiss ich leider noch nicht.

Ich finde es einfach schade, dass ich vor meinen Eltern nicht so sein kann, wie ich wirklich bin. Sie zu verletzen ist eins meiner letzten Wünsche, nur sollten sie eigentlich die Wahrheit wissen... Denke ich. Und du hast recht, es ist so verdammt wahr... Ich wünsche es mir so sehr, dass meine Eltern merken würden, wie schlecht es mir geht.
Gern würde ich ihnen in kleinen Schritten versuchen zu erklären, dass ich (spätestens nach meinem 18. Geburtstag) von zu Hause wegziehen möchte. Dass ich anders denke. Nur wie - das weiß ich nicht, da ich einfach Angst habe, vor zu großem Ärger.
Oft waren wir so weit, oft hat es gekracht, doch immer, wenn ein Wenig Zeit vergangen ist, und es einigermaßen in Ordnung war, sind meine Eltern, (wie auch immer sie das können) davon ausgegangen, dass ich gläubig bin, und eben so bin,wie sie sich das wünschen. Ich frage mich: Wissen sie wirklich nicht, wie es in Wirklichkeit ist,oder WOLLEN sie es nur nicht wissen???.

Betreutes Wohnen - das wär was tolles, gern würde ich da hin. Aber wie??
Hätte ich, wenn ich 18 bin bessere Chancen? Da es bisher vom Jugendamt aus immer hieß, dass ich nicht aufgenommen werden kann... (Nicht mal in eine Pflegefamilie.) !

..Ich glaube in der vorigen Mail erzählt zu haben, dass ich im Mai 2010 einen ernsten Suizidversuch hatte. Bis dahin hatte ich das gesagt, was ich denke, ich habe mich kein Bisschen verstellt. Als ich an jenem Tag wieder zu mir kam, wurde ich in die Psychatrie gefahren, eigentlich sollte ich aufgenommen werden. Dort hatte ich ein langes Gespräch mit meinen Eltern und den Menschen aus der Psychatrie, meine Eltern wollten mich nicht dort lassen, da sie drei Tage später mit mir für die Pfingstferien in die Türkei fahren wollten. Ich wollte auch nicht in der Psychatrie bleiben, da ich sonst zum dritten Mal die Klasse wiederholen müsste, und daher nicht mehr auf die Realschule könnte. Alles würde sich ändern.
..Wenn ich heute darüber nachdenke - vielleicht habe ich an diesem Tag einen sehr,sehr großen Fehler gemacht - ich weiß es nicht.
Meine Eltern wollten einen Vertrag gegen ärztlichen Rat unterschreiben, und mich mit in Urlaub nehmen. Natürlich; das war mir auch viel lieber, obwohl ich nicht in die Türkei wollte. Doch in der Psychatrie bleiben - das wollte ich schon gar nicht. Da stellten sie mir die Frage:
Ich sollte ihnen versprechen, keinen Tropfen Alkohol mehr anzurühren, in meinem ganzem Leben.
Und schon an diesem Tag, noch bevor ich ihnen die Antwort gab gingen sie wieder davon aus, dass ich an Allah glaube. (Noch an dem Tag, als ich mir das Leben nehmen wollte wussten sie, dass es nicht so ist.)
..Ich habe es mir gründlich überlegt:
Wenn ich sagen würde, "nein, ich werde bestimmt irgendwann trinken", hätten sie mich in der Psychatrie gelassen, das sagten sie auch zu mir. Sie würden wissen, ich trinke, glaube somit nicht an Allah. Wegen den Fehlzeiten käme ich auf die Hauptschule. Ich hätte wieder kräftigen Streit mit meinen Eltern, und das bedeutete, mir würde es erneut total schlecht gehen. Da ich schon Erfahrungen mit dem Jugendamt hatte,und ihre Antwort kannte, wusste ich, ich komme nicht weg von zu Hause. Und davor hatte ich extreme Angst.Denn das,was ich durchgemacht hatte,wollte/will ich auf keinen Fall noch mal erleben... !
..Wenn ich sagen würde, "ok, ich trinke nichts mehr", würden sie den Vertrag gegen ärztlichen Rat unterschreiben, mich mit in den Urlaub nehmen, nett zu mir sein,mich nicht schlagen da sie wissen,ich trink nichts mehr,d.h. ich glaube an Allah, und es wär alles ok, zumindest von ihrer Seite aus.
Und so versprach ich es ihnen, obwohl ich wusste, dass das eine bittere Lüge ist... Und ich hasse Lügen. Heute finde ich das verdammt feige von mir...

So ist es eben. Seit jenem Tag verstelle ich mich, um Ärger zu vermeiden. Seit jenem Tag spiele ich ihnen die B. vor,die sie sich wünschen. Deswegen ist der Mai so schrecklich für mich. Wie gerne würde ich einfach ich selbst sein können.

Ja, Tagebuch schreibe ich sehr gern. Manchmal auch Gedichte. Mit meiner Betreuerin im Internat könnte ich vielleicht reden... Nur es ist die Angst die mich aufhält. Die große Angst vor der Reaktion meiner Eltern.

Die Zeit mit meinem Freund war schön, jetzt ist sie vorbei, leider. Nach dem er mich zwei mal betrogen hat, habe ich schluss gemacht. Aber das belastet mich nicht so sehr, wie meine anderen Probleme... Denn ich weiß, dass er mich eigentlich nicht verdient hat...

Ich hoffe es, eines Tages endlich wegzukommen, so sehr... Vielleicht magst du mir noch einmal antworten? Würde mich freuen.

Viele Grüße

Nele Anwort von Nele

Hallo nochmal! Wie schön wieder von dir zu lesen!! - Was mir zum Betreuten Wohnen gleich einfällt ist, dass man (ich glaube NUR) wenn man körperlich oder seelische Beschwerden hat, in dieses Programm rein kommen kann. Das heisst: Es wäre von Vorteil für dich wenn du einem Arzt, (Allgemeinärztin z.B.) erzählst wie es dir seelisch geht. Depressionen, Melancholie, Angst, etc. & das du ins betreute Wohnen möchtest/willst/MUSST um irgendwie überleben zu können & das sie dir verdammt nochmal helfen muss! (Manchmal muss man Leute am Kragen packen & schütteln bevor sie die Dringlichkeit verstehen!) Weine, flehe bitte sie - KÄMPFE! (Weiter!) - Noch ein Tipp: Suche für dich einen Betreuer/eine Betreuerin. Ambulant. Heisst die kommt zu dir heim oder trifft sich mit dir irgendwo. Gute Betreuer sind praktisch Sozialarbeiter, kennen sich mit dem Kampf mit Jugendämtern aus. Was du herausfinden solltest, warum du nach Meinung des Jugendamtes NICHT ins betreutes Wohnen kannst. Wie gesagt, es ist dein RECHT in Sicherheit zu leben usw. siehe oben genannte links!

http://www.deine-rechte.de/html/das-darf-ich-3-deine-rechte.html
Auf dieser Seite stehen deine Rechte, z.B. zur Religion:

Bis du 12 Jahre alt bist, entscheiden deine Eltern, welcher Religion du angehörst. Danach kann dich niemand mehr zwingen, die Religion zu wechseln und mit 14 Jahren bist du "religionsmündig". Welchen Glauben du annimmst entscheidest du nun ganz allein.

Unter dem selben Link steht: Ausziehen

Zuhause ausziehen darfst du, wenn du dort in einer Notsituation bist. Das kann Gewalt betreffen, große Schwierigkeiten zwischen dir und deinen Eltern und besonders auch sexuellen Missbrauch. Wende dich in solchen Fällen an eine Beratungsstelle oder das Jugendamt. Da du bis zum 18. Lebensjahr noch einen Erziehungsberechtigten brauchst, übernimmt dann evtl. das Jugendamt deine gesetzliche Vertretung und entscheidet (mit dir zusammen) wo du wohnen willst. In solchen Fällen kommen meist Jugendwohngruppen in Frage, die nicht viel mit der gängigen Vorstellung eines Heims zu tun haben.

Heisst schnapp dir eine Person der du vertrauen kannst, (das kann auch eine Lehrerin sein, eine Freundin) & trete beim Jugendamt ganz entschieden auf. Lass dich nicht abwimmeln, sag notfalls dass du solange da sitzen bleibst bis die kapieren was los ist! Zeig ihnen blaue Flecken o.ä. oder lass dir von einem Arzt deine Panik, deine depressiven Gefühle attestieren! Geh zu einer Frauenberatungsstelle oder einer B-Stelle der Diakonie. Googel das im Zusammenhang mit dem Ort in dem du wohnst <3

Unter Umständen kannst du dich aber auch selbst in die Psychiatrie einweisen (lassen). Frag da bitte einmal einen Arzt! Der Vorteil wäre da ja, dass solange du seelisch instabil wärst du nicht raus kämst, aber sozusagen "auch keiner rein"/an dich heran, du also nicht zwangsverheiratet werden könntest. Auch würden die Ärzte darin sofort begreifen & sehen wie mies es dir geht, dir helfen wollen ....auf solchen Stationen sind auch meistens Sozialarbeiter die dich dann auch tatkräftig unterstützen. (Die "Geschlossene" wie die, in der du nach deinem Selbstmordversuch warst, muss es ja nicht wieder sein, es gibt ja auch ganz normale Stationen für seelisch nicht ganz gesunde...)


Und das du "damals" gelogen hast & du das feige von dir selbst findest kann ich aber VOLLSTENS verstehen. Es war zu deinem eigenen Selbstschutz (& damit doch eine RICHTIGE Entscheidung) dass du gelogen hast. Alles andere hätte nur Schmerz & Ärger verursacht....)= *in den arm nehm* Echt, es ist okay wie du dich damals entschieden hast. Ich wünschte du würdest dir da keine Selbstvorwürfe wegen machen! (Zu ändern ist es ja jetzt nicht mehr.)

Bleib bei dem Kontakt zu der Frau der Organisation! Frag immer wieder nach wenn die Antwort zu lange dauert. Nimm dir raus zu drängeln & dich wichtig zu nehmen, denn genau das bist du: WICHTIG!

und ui ui ui )))= ja, ich vermute du hast es ganz treffend schon selbst erkannt: Deine Eltern können U N D wollen nicht sehen wie schlecht es dir geht. Du weißt es ja leider am meisten, dass Ansehen wichtiger ist, als wirkliche Gefühle ...und solange du nach aussen hin gläubig wirkst, ist für sie die Welt okay. So gesehen prallen bei dir & deinen Eltern zwei Welten aufeinander. Sie sind durch & durch mit der türkischen Kultur aufgewachsen & du mit der Deutschen.

Ich kann es spüren wie mutig & tapfer du bist! Alleine dass du solange ehrlich zu deinen Eltern warst & dafür riesen Ärger dir eingefangen hast, zeugt von deiner Tapferkeit für dich einzustehen. Nur Ehrlichkeit ist nicht die richtige Lösung deines Problems, also versuch das was ich dir schreibe <3 Und denk dir tief innen drin, während du deine Eltern das glauben lässt von dir was SIE wollen: Ha! Ich zeigs euch! Ich schaffe das & werde ein eigenständiges Leben führen! Ich werde an das glauben an das ich will! Ich werde es schaffen!

Versuch das jeden Abend vor dem schlafen gehen & jeden Morgen vorm zur Schule wandern intensiv zu denken! Damit "therapierst" du dich selbst ein bisschen & gibst deiner Seele wieder positive Kraft!

Also ich bin froh, dass du da bist, existierst & lebst!
Halte mich auf dem Laufenden!! Ich bin in Gedanken bei dir!
<3 Nele