Feedback: Ich hab Mist gebaut
Liebe Dana,
ich kann es einfach nicht lassen hier ein kurzes Feedback zu diesem Problem zu schreiben:
http://mein-kummerkasten.de/266798/Ich-hab-Mist-gebaut.html
Liebe Dana,
ich gebe zu, dass ich gerade Deine Ratschläge besonders gerne lese, da Du in meinen Augen sehr viel Einfühlungsvermögen und Verständnis zeigst.
Leider muss ich Dir in Deiner hier gegebenen Antwort etwas widersprechen. Du schlägst vor, in dieser Situation gar nichts zu sagen, den Fehltritt zu verschweigen. Ich kann die Motivation des Verschweigens natürlich vollends nachvollziehen, jedoch versuche ich gerade, mir vorzustellen, was z. B. in einem halben Jahr passiert, falls der Nachbar sich "verquatscht" und diese Geschichte über Umwege an den Ehemann gerät.
Ist es nicht wesentlich verletztender, eine derartige "Geschichte" hinterrücks von anderen zu erfahren?
Nach meiner persönlichen Auffassung ist Ehrlichkeit und Vertrauen das oberste Gut in einer Beziehung. Wenn sie ihren Mann liebt, er sie liebt und beide bisher eine glückliche Ehe geführt haben, dann ist es für den Mann sicher sehr sehr verletztend zu erfahren, was passiert ist. Dies definitiv. Aber wenn sie die Situation ehrlich und aufrichtig erklären würde, erklären würde, wie es dazu kam, warum sie sich darauf eingelassen hat und auch glaubhaft erklärt, dass es ihr leid tut (was ich ihr aufgrund ihres Beitrages hier durchaus glaube), wird ihr Mann vermutlich gekränkt und verletzt sein. Jedoch versuche ich eher abzuwägen, was "schlimmer" ist.
Ich versuche mir vorzustellen, wie ich reagieren würde, würde meine Freundin mir beichten, "fremdgeknutscht" zu haben. Ich wäre sauer, verletzt, gekränkt. Ich wollte wissen, warum sie dies getan hat. Ich würde versuchen, die Situation nachzuempfinden. Würde sie mir versichern, dass es sich um einen einmaligen Fehltritt handelt, der unter extremen Alkoholeinfluss stattfand, würde ich ihr wohl - vorausgesetzt ich liebe sie -, trotz eigener Kränkung verzeihen.
Würde ich hinterrücks erfahren, dass meine Freundin "fremdgeknutscht" hat und müsste sie selbst darauf ansprechen, wäre ich vermutlich nicht nur sauer, verletzt und gekränkt, sondern auch noch enttäuscht, dass sie offenbar so wenig Vertrauen in mich hat, mir so etwas zu beichten.
Dass ich in keiner Situation sagen würde: "Natürlich Schatz, macht ja nichts" ist glaube ich mehr als verständlich, so wird es der Mann wohl auch sehen.
Ferner sollte man den "Vorteil" bedenken, dass man bei einem eigenen Geständnis selbst den Zeitpunkt bestimmen kann, selbst der "Gesprächsleiter" ist. Wenn der Mann es erfahren würde wäre er derjenige, der das Gespräch "leitet" und jegliche Kontrollmöglichkeiten übernimmt.
Natürlich würde ich es dem Mann nicht sagen, bevor kein Gespräch mit dem Nachbarn stattgefunden hat. Dies natürlich auch mit den von Dir, Dana, genannten Punkten: Es war ein einmaliger, sich nicht wiederholender Vorfall.
Auch würde ich ihm sagen, dass geplant ist, es dem Mann zu sagen. Je nachdem wie der Mann reagiert, bleibt dem Nachbarn evtl. auch die Wahl, es seiner Frau zu sagen oder weiterhin zu verschweigen. Alternativ kann (und muss) sich der Nachbar darauf vorbereiten, dass er um ein Gespräch mit seiner Frau nicht herum kommen wird.
Jedoch, wie schon geschrieben, ist die derzeitige Situation ja so "gestaffelt", dass die Beitragsschreiberin noch jegliche Kontrolle über die Situation hat. Jedoch kann sie diese auch ganz schnell verlieren und ich denke, die hieraus resultierenden Folgen wären problematischer.
Liebe Dana, ich hoffe, Du verzeihst mein Feedback auf Deine Antwort und weiterhin Hochachtung für Eure Arbeit!
LG Bianca
Anwort von Dana
Liebe Bianca!
Danke für deine Kritik und auch für das Lob, dass du mich gerne liest, das ist nett.
Deine Kritik ist stimmig, allerdings möchte ich dich auf folgendes aufmerksam machen:
Du schreibst: "Nach meiner persönlichen Auffassung ist Ehrlichkeit und Vertrauen das oberste Gut in einer Beziehung."
Ja, nach deiner persönlichen Auffassung. Nach meiner nicht. Und wir haben hier im Kummerkasten stehen, dass wir unsere Meinungen wiedergeben...wir können nicht die Meinung aller widerspiegeln, das geht nicht, es gibt einfach zu viele.
Du schreibst von Vertrauen. Wenn die Problemstellerin es ihrem Mann erzählt, glaubst du, da ist dann noch Vertrauen zwischen den beiden möglich? Glaubst du wirklich, das steckt jeder einfach so weg? Wenn du es könntest und deiner Freundin verzeihen könntest, dann ehrt dich das sehr. Ich weiß aber aus Erfahrung, wie viele Familien, Ehen und Beziehungen da schon auseinander gegangen sind, weil der Partner entweder nicht verzeihen und wieder vertrauen will oder kann.
Wo ist denn der Beziehung geholfen, wenn sie es beichtet? Es wird nur alles schwerer. Entweder ist die Beziehung dann komplett im Eimer (was sie ja als große und reale Möglichkeit beschreibt) oder sie wird sehr schwer wiederherzustellen sein. Ich riet ihr, sich mit dem Nachbarn auszutauschen, das zu klären. Ich halte es nach wie vor für nicht sinnvoll, von dem Fehltritt zu berichten. Das muss nicht deine Meinung sein oder die Meinung von einigen, die es lesen, aber es ist meine.
Ein Partner (Mann oder Frau ist egal), der hintergangen wurde, fühlt sich oft sehr schlimm. Er fühlt sich zurück gesetzt, gehörnt, nicht für voll genommen, gekränkt und erniedrigt. Zorn und Selbstwerteinbrüche sind gerne mal die Folge. So eine Wunde ist nur sehr selten wirklich zu kitten, da muss der Partner schon ein enormes Selbstbewusstsein haben. Ich kann mir zB nicht vorstellen, dass ich jemals meinem Freund wieder vertrauen könnte, wenn er mir sowas beichten würde. Ich würde dauernd überlegen, ob er das vielleicht wieder machen könnte und dauernd ein Auge auf ihm haben...und das schadet einer Beziehung immens.
Für mich persönlich gewinnt keiner, wenn hier ehrlich ausgesprochen wird, was passiert ist. Was soll sie ihrem Mann denn sagen?
"Schatz...es tut mir SO leid, aber ich hab mit unserem Nachbarn rumgeknutscht...eigentlich wollten wir auch miteinander schlafen, aber weil wir beide so voll waren, hat das nicht geklappt..." Bis wohin soll die Ehrlichkeit hier gehen? Was soll sie zugeben? Was nicht? Alles? Was glaubst du, wie es dem Mann dann geht? Wenn das eine normale Ehe ist, wird etwas unwiderrufbar zerbrochen sein. Nichts ist wie vorher. Für den Mann ist es daher besser, wenn er nichts weiß, so empfinde ich das persönlich. Und nichts weiter schreibe ich hier, wenn ich Ratschläge gebe. Ich überlege, ich durchwühle meinen Erfahrungsschatz, ich denke an mein bisschen Psychologie neben meinem Hauptstudium...und dann rate ich zu etwas.
Wenn natürlich die Gefahr besteht, dass der Nachbar das nicht für sich behalten kann, dann ist das was anderes. Aber genau das sollen sie ja im Gespräch rausarbeiten. Sicher ist es schlimmer, wenn er es von anderen erfahren würde. Aber am besten ist es für ihn, wenn er es nicht weiß. Er verliert nicht sein Gesicht.
Das ist einfach meine persönliche Meinung, resultierend auf einigen Erfahrungen im Freundeskreis und auch bei Problemen hier. Ich teile diese "Ehrlichkeit ist immer das Wichtigste - Ehrlichkeit ist alles"-Einstellung leider nicht. Zu oft habe ich mitbekommen, wie gehörnte Partner reagieren, dass die Verletzungen so groß waren, dass eine reibungslose Beziehung nicht mehr möglich war, egal, wie sich bemüht wurde.
Du hast eine andere Meinung zu dem Thema, die ich dir auch absolut zugestehe und zeigst eine Reife (in der Theorie, aber vielleicht bist du dann wirklich so offen und gestehst deiner Freundin einen Fehler zu), die wunderbar ist. Du brauchst dich für dein Feedback absolut nicht zu entschuldigen, hast du ja einfach deine Meinung dazu gesagt. Das ist absolut in Ordnung. Vielleicht ist das sogar auch die Meinung, die für die Fragestellerin zählen könnte, ich kann es mir nur einfach nicht vorstellen.
Mir gehts auch nicht so gut damit, jemanden dazu anzustiften, es einfach für sich zu behalten. Aber zu oft habe ich eben schon Folgen gesehen, mit denen jeder todunglücklich ist, beide Partner. Und daher habe ich abgewogen.
Ich hoffe, du kannst damit leben. Ich werde der Fragestellerin dein Problem reinverlinken, vielleicht interessiert sie ja deine Meinung zum Thema.
Liebe Grüße,
Dana