Problem von Fie - 18 Jahre

Lebenssituation, die einen verzweifeln lassen

Vorab ich weiß, dass Sie mir garantiert nicht helfen können.
Ich schreibe hier nun meine Sorgen auf, um mir etwas Luft zu machen &' hey vielleicht haben Sie sogar einen guten Rat für mich, wer weiß es kann ja immer mal Überraschungen geben.

Um meine Probleme und Sorgen zu verstehen, müsste ich von GANZ VON VORNE anfangen zu erzählen..., aber das wäre zu emotional und viel zu viel Text, damit würde ich außenstehende Personen nur langweilen.

Also machen wir es etwas undetailierter, und wer gut zwischen den Zeilen lesen kann, wird zu mindest den Inhalt verstehen.

Es ist ein Jahr schon her, eigentlich müsste man sagen, dass ich "übern Berg" bin mit der Geschichte, aber so ist es nicht.

Meine Familiensituation war ein Alptraum...
Wir waren 4 Kinder, die zusammen gewohnt haben...
meine Mutter war nie Zuhause, und wenn sie mal da war, dann ausschließlich in betrunkenen Zustand, wo sie des öfteren gewalttätig wurde...
Ich sorgte mich seit meinem 9. Lebensjahr um meine 3 jüngeren Geschwister...
der älteste (3 Jahre jünger als ich).
Wurde nach einer Zeit in ein Heim gebracht, er war vorher "das Opfer" meiner Mutter, oft schlug sie ihn fast bewusstlos...
Nachdem er weg war, war ich an der Reihe... sie wurde immer gewalttätiger... und ich steckte extra Schläge für meine beiden noch kleineren Geschwister ein.

Ich hatte kein privates Leben... mein Leben drehte sich um die Kinder, und um die Angst, wenn meine Mutter nach Hause kommen würde.

Ich hatte keine Freunde, ich hatte keine Hobbys...
ich hatte die Schule und schrieb sehr gute Noten, wegen meinem Traum Tierärztin zu werden...
Doch wie es das Schicksal so wollte verliebte ich mich... und ich kam mit den Jungen meiner Träume auch zusammen... Vorher hatte ich sowas nie zugelassen aus Scham vor der verwahllosten Wohnung und meiner außergewöhnlichen Familie...
Ja, mittlerweile kann ich darüber so öffentlich schreiben.

Aber hey ich habe diesen Jungen wirklich geliebt... und also unternahm ich alles mit ihn zusammen, ich war oft gefühlskalt, aber nur weil ich diese Wärme die er verbreitete NIE zuvor gelernt hatte...
ABER ich habe ihn geliebt... und mein Leben hatte einen neuen Sinn bekommen...
Nun hatte ich neben meinen Geschwistern und der Schule, einen Seelenverwandten, der mir zuhörte (wenn ich überhaupt jemals darüber sprach) ...
Ich war ein verschlossener Mensch, was aber nichts an meinen Gefühlen änderte...
Wie es das Schicksal so wollte, merkte er natürlich die Missstände meiner Familie...
und er ging mit mir zum Jugendamt... da flossen Tränen... ich wollte nicht ausziehen, aber ich wollte meine große Liebe auch nicht verlieren...
Ich hang fest, konnte mich MONATELANG nicht entscheiden...

Dann ging es zu einer Norwegenreise mit meiner Schule und kurz davor entschied ich mich beim Jugendamt auszuziehen...
sie teilten es meiner Mutter in meiner Abwesendheit mit, damit diese mich nicht schlagen würde...
als ich wieder kam, war mein Freund komisch zu mir...
und ein paar Wochen später machte er Schluss...
nach 1 Jahr und 7 Monaten Beziehung...
ich brach zusammen... er war das wichtigste für mich...
ich grub mich in mein Zimmer ein, die ganze Woche...
in der Schule brach ich zusammen, es war so als hätte mir jemand, ein Teil von mir einfach rausgerissen...
am Wochenende arbeitete ich hart auf einen Markt 10-12 Stunden pro Tag ...
GOTT LASS MICH VERGESSEN... dachte ich...
doch damit, war nicht genug...
ich hatte mich gegen meine Familie entschieden... meine Geschwister nannten mich immer Mutter... doch diesmal... stand mein kleinster Bruder vor mir und sagte:" Eine Mutter lässt ihre Kinder nicht in Stich, Du bist eine Rabenmutter!"

Die wichtigsten Menschen, waren gegen mich...
und das einzige was mein Freund mir sagte, war dass er einfach keine Gefühle mehr habe...

Meine Mutter wusste, dass ich nun am verletzlichsten bin .... und schmiss mich aus der Wohnung, ich war für sie nutzlos geworden...
da das Jugendamt mich in 4 Wochen holen wollte...
und da ich eh in mein Zimmer, wie eine Leiche lag und mir Tag und Nacht die Seele rauswien...
Nun stand ich draußen... alleine... niemand war mehr da...
ich zog zu meinen ehmaligen Stiefvater... eine harte Zeit begann für mich, mein Exfreund schob Hass auf mich... und ich wusste immer noch nicht, wie es so weit kommen konnte...
egal was er tat... meine Gefühle zu ihn waren bedingungslos....

Ich versuchte mich abzulenken... die Arbeit am Wochenende... ließ mich den Schmerz kurzzeitig übertönen... aber es hielt nur bis Feierabend an... dann lief ich in der Kälte weinend nach Hause...
Nachts ging ich im Schnee joggen, ich spürte die Qual dabei nicht...
Sport... war alles... ich aß kaum noch was... und machte so viel Sport, wie es ging...
Folge ich magerte ab, aber erntete viele Komplimente für meinen flachen Bauch...
ich wollte perfekt sein, ich wollte, dass er es irgendwann bereut mich fallen gelassen zu haben...
ich übertrieb es immer mehr...
und dann geriet ich an die falschen Freunde... ich ging kaum noch zur Schule, obwohl diese Noten meine Zukunft bedeuteten ... ich war keine normale Abiturientin mehr...
ich war kaum noch da... schrieb jedoch noch gute Noten, am Wochenende griff ich zu Spirituosen...
Mittlerweile habe ich meine Gefühle im Alltag unterdrückt bekommen, und im Suff weinte ich bitterlich...
Dann ließ ich andere Jungs nach so vielen Monaten an mir ran, und geriet an die Falschen...
Jedes Mal, war wie fremd gehen für mich!
Denn ich liebte nur diesen einen Jungen, aber das war nicht alles, was mich belastet hatte...
Meine Kindheit saß mir immer noch im Nacken und sitzt es immer noch...
Ich durfte meine Geschwister nicht mehr sehen... und sie entfernten sich immer mehr... ich hatte keine Kontrolle mehr darüber, was mit meinen beiden Schützlingen passiert...

Ich war alleine und das wusste ich auch, ich hatte schon lange keine wahren Freunde mehr... Nur noch Kerle, die es auf das Eine abgesehen hatten.
Aber für diese kleinen Momente, war wenigstens jemand da auch wenn es dabei nie um mich ging...

Nun verhaute ich meine Schule... verlor meine Familie und meine große Liebe...
irgendwann raufte ich mich zusammen, ich trieb weiterhin sport und musste für meine Gesundheit den Alkoholkonsum natürlich deutlich zurück schrauben...

Mein Exfreund, machte mir wieder Hoffnungen, aber vermutlich hatte er dies nicht einmal bemerkt, auch wenn ich es nicht normal finde, dass man sich mit seiner Exfreundin küsst, aber vielleicht ist das in der heutigen Gesellschaft nur eine Form von ich verachte Dich doch nicht so sehr...

Meine Familie blieb mir weiterhin fern... jede Nacht träumte ich von meiner Mutter und hatte ein Gefühl als würde ich ewig fallen...
Morgens wachte ich verheult auf... und immer, wenn jemand in meiner Nähe eine ruckartige Bewegung macht zucke ich zusammen...

&' dann geschah das Unmögliche... mein leiblicher Vater hat sich bei mir gemeldet nach 12 Jahren... und meine Halbschwester...
und ich habe erfahren, dass ich noch nen kleinen Halbbruder habe.
(alles an einem Tag erfahren)

Wieder ein Zusammenbruch... ich lag fast ne halbe Stunde bewusstlos in meinem Zimmer... als ich aufwachte hatte ich starke Kreislaufprobleme, wow ich dachte ich stehe dem Tode nahe...

Das Jugendamt ließ mich mit meinem 18-Lebensjahr fallen...
ich habe niemanden mehr, aber ich rede mir zwangshaft ein, dass es mir nichts ausmachen würde...

Während ich eigentlich immer versuche mich mit Leib &' Seele an Menschen fest zu halten....
es scheint als würde es bergauf gehen, aber meine Psyche macht es nicht so mit...
JA klar die Schule läuft wieder, weil ich ein Kämpferherz bin...
Ich wollte meiner Mutter zeigen, dass es die richtige Entscheidung war Abi zu machen statt Geld für die Familie zu verdienen...
und ich wollte meinen Exfreund zeigen, was er dort gehen lassen hat...
aber ich zweifel an mir selber, bin mir mit meinen Wünschen und Gefühlen nicht mehr im Klaren...

Ich wünsche mir mein altes gewalttätiges Leben zurück!
Ich wünsche mir, dass mich meine Mutter fertig macht... nur um ihre Nähe zu spüren...
Ich wünsche mir, die verwahrloste Wohnung zurück... nur um die Verantwortung über jemanden wieder tragen zu können...
und außerdem... vermisse ich meinen Freund... und ich weiß nicht mehr weiter....

ich bin kein Mensch, der sich je was antun könnte...
nun ist nur die Angst da, dass ich weiß, dass ich mich fallen lassen werde. . .

Also hat jemand eine Idee, wie ich mein altes Leben zurück kriegen kann...?

Marie Anwort von Marie

Liebe Fie,

ich danke dir für dein Vertrauen und deine Offenheit!
Da haben sich sehr viele und schlimme Erlebnisse bei dir aufgetürmt. Ich weiß nicht, ob ich dir dabei wirklich helfen kann, aber ich möchte es zumindest versuchen.

Zunächst einmal: Ich werde dich nicht dabei unterstützen, dein altes Leben zurück zu bekommen. Du hast es nicht verdient, von deiner Mutter so behandelt zu werden, und ich bin sicher, dass es für dich eine bessere Zukunft geben kann, als das, was du bisher erlebt hast.
Du wünschst dir eine Veränderung - und das ist gut so! Aber diese Veränderung sollte nicht darin bestehen, wieder in dein altes Leben zurückzukehren. Natürlich wäre es eine Möglichkeit, die Nähe deiner Mutter und die Verantwortung für deine Geschwister wieder zu erlangen - aber zu welchem Preis?
Wenn du wirklich eine Veränderung zum Guten willst, wirst du einen neuen Weg einschlagen müssen, der dich nicht einfach zurück in ein „gerade noch erträgliches Leben“ führt, sondern in ein Leben, das deinen Wünschen und Vorstellungen entspricht und es tatsächlich Wert ist, von dir gelebt zu werden.
Nimm dir Zeit, um dir darüber klar zu werden, wie dieses Leben aussehen soll.

Ich denke, der erste Schritt dorthin könnte darin bestehen, deine Vergangenheit aufzuarbeiten. Da gibt es so vieles, das dir, wie du schreibst, immer noch im Nacken sitzt und verarbeitet werden will. Da das allein kaum zu schaffen ist (und deine Probleme auch zu komplex sind, um sie mit einer einzigen Antwort von uns zu bewältigen), möchte ich dir ans Herz legen, dir dafür professionelle Unterstützung bei einem Psychotherapeuten zu suchen. Tipps dazu findest du in unserer Soforthilfe: http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Wie-finde-ich-einen-Psychologen.html
Ruf am besten bei mehreren Therapeuten an und vereinbare einen Termin (für den Fall, dass du dich z.B. beim ersten nicht gut aufgehoben fühlst). Du kannst dich auch, falls es in deiner Nähe eine Hochschule gibt, an die dortige psychotherapeutische Institutsambulanz wenden oder an die Ambulanz eines Ausbildungsinstitutes für Psychotherapie in deiner Nähe (einfach mal bei Google eingeben). Dort bekommt man relativ schnell einen Termin.

Außerdem denke ich, dass es ganz wichtig ist, dass du dir jemanden zum Reden suchst. Das kann ein Therapeut sein, ein Internet-Forum, aber auch jemand bei der Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de) oder eine Selbsthilfegruppe, z.B. für Menschen in schwierigen Lebenssituationen oder für Menschen, die häusliche Gewalt erleben mussten (einfach "Selbsthilfegruppe" und den Namen deiner Stadt/deines Bundeslandes bei Google eingeben). Es ist wichtig, dass du nicht allein bleibst.

Möglicherweise - aber das musst du selbst entscheiden - wäre auch ein klärendes Gespräch mit deinem Ex-Freund sinnvoll. Ich habe das Gefühl, dass es zwischen euch viele Missverständnisse gab, die durch ein offenes und ehrliches Gespräch (ohne Vorwürfe, ohne Schuldzuweisungen) vielleicht ausgeräumt werden könnten. Warum er z.B. angefangen hat, dich zu hassen. Warum er dich geküsst hat. Erkläre ihm auch, wie es dir damit ging. Vielleicht hilft das, euch gegenseitig besser zu verstehen.
Und: Sei gewiss, dass du irgendwann jemanden finden wirst, der dich so akzeptiert, wie du bist, ohne dich im Stich zu lassen.

Ich finde, das, was du bisher im Leben geleistet hast, verdient höchsten Respekt. Die Mutterrolle für deine jüngeren Geschwister zu übernehmen, obwohl du selbst noch ein Kind warst, war absolut keine Selbstverständlichkeit. Nachdem deine Mutter sich ihrer Verantwortung entzogen hat, warst du keinesfalls eine „Rabenmutter“, sondern im Gegenteil das Beste, was ihnen passieren konnte. Ich bin sicher, dass deine Geschwister das irgendwann erkennen werden, und hoffe sehr, dass du das auch tust.
Auch dein Einsatz für die Schule und deine guten Noten sind keineswegs selbstverständlich, sondern etwas sehr Wertvolles, worauf du mit Recht stolz sein kannst. Ich hoffe, dir ist bewusst, was du da geleistet hast und auch immer noch leistest.

Ich hoffe auch, dass du dich dazu überwinden kannst, (professionelle) Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich wünsche dir für deine Zukunft alles Gute und ganz viel Kraft!

Viele liebe Grüße,
Marie