Problem von Yora - 12 Jahre

Ich fühle mich, als wäre ich abgestürzt

Hallo KuKa-Team, erstmal ist es super, dass ihr das hier so toll macht, ich hab schon oft meine eigenen Probleme inklusive Lösung hier gefunden, vielen Dank!
Jetzt zu mir:
Ich bin Yora, 12 Jahre alt und mein Problem ist folgendes:
Ich bin iwie total fertig, ich bin abgestürzt. Ich sitze teilweise nur noch in meinem Zimmer, hab die Vorhänge zugezogen und höre Musik und spiele auf meinem Laptop oder DS. Ich weiß, dass das ein Problem ist, aber ich kann mich dann einfach nicht losreißen. Heißt das, dass ich süchtig bin oder so? Ich vernachlässige sogar die Hausaufgaben oder Lernen vor Arbeiten. Ich hab einfach mein Selbstvertrauen verloren, ich weiß nicht, was ich machen kann.
Meine ganze Klasse ist voll mit Tussen und Vollidioten die immer nur nerven und grölen und rumkreischen. Ich hab nur zwei wirkliche Freundinnen, eine davon wurde vor kurzem am offenem Herzen operiert und hängt jetzt immer noch am Sauerstoffdings (Die OP war Anfang des Jahres! Sie hat Mukowiszidose). Sie liegt im Krankenhaus in Köln, ich wohne in Düsseldorf, deshalb kann ich sie auch nicht so gut besuchen.
Sie wäre fast gestorben, und ich habe einfach nur ganz schreckliche Angst um sie, und weiß nicht, was ich dagegen tun kann.
Dann kenn ich noch zwei total nette Jungs, aber auch da gibts Probleme:
Der eine wohnt in Karlsruhe und ich sehe ihn höchstens alle zwei Monate, und der andere ist in meiner Klasse und ich glaube, ich bin in ihn verliebt. Wir albern auch immer zusammen rum und so, aber auch nur in der Schule, sonst haben wir uns noch nie getroffen.
Ich bin in meiner Klasse voll der Aussenseiter und das stört mich auch nicht, ich käme auch super als Einzelgänger klar, aber die anderen lassen halt keine Gelegenheit aus, mir zu zeigen, wie wenig willkommen ich bei ihnen bin.
Und wenn ich mich dann noch mit diesem Jungen treffen würde, hätten wir BEIDE keine Ruhe mehr in der Schule.
Ich bin so unglücklich mit meinem kompletten Leben, ich habe sogar schon öfters an Selbstmord gedacht.
Es ist mir wirklich ernst mit diesem Problem, und ich bitte dringendst um Antwort! Ich brauche wirklich Hilfe!
Danke im Voraus!

Dana Anwort von Dana

Liebe Yora!

Gut, dass du deinen Frust einfach mal rauslässt, denn so ist er angreifbar und man kann etwas dagegen tun. Das ist der erste Schritt zur Besserung.

Ich glaube, du steckst gerade in einem kleinen, fiesen Teufelskreis fest, der dich hinunter zieht und dich vor allem nur die negativen Sachen sehen lässt. Du fühlst dich unwohl, hast Angst um deine Freundin, kapselst dich ab, versteckst dich hinter Computerspielen, vernachlässigst dadurch fast deine Pflichten, fühlst dich unwohl....und alles geht von vorne los. Es sind viele kleine "Baustellen", auf denen herum gehämmert wird und du hörst das Gesamtgeräusch und würdest am liebsten die Decke über den Kopf ziehen, um diesem Lärm zu entgehen.

Das Problem ist, dass durch "Decke über den Kopf ziehen" nichts passieren wird. Um aus so einem Kreis auszubrechen, braucht es Energie. Es reicht meist nur ein kleiner Schubs, um die "richtigen Dinge" ins Rollen zu bringen. Und da setzen wir jetzt mal an.

Ich glaube, du siehst in deinem Leben momentan NUR die negativen Sachen. Du hast ja einige aufgezählt, aber zwischen den Zeilen viel geschrieben, das man eigentlich positiv sehen kann!

Mal zwei Beispiele aus deinem Text:

1. Ich bin total alleine, habe keinen Anschluss, bin Einzelgänger.
Du erzählst aber von deinen Freundinnen und deinen Freunden, die dich mögen und mit denen du gut kannst. Vier gute Freunde zu haben, egal ob männlich oder weiblich, ist durchaus schon eine Menge! Es gibt Menschen, die haben weniger.

2. Meine beste Freundin ist fast gestorben.
FAST. Sie lebt! Und sie wird wieder kommen. Wenn dich ihr Schicksal so belastet, besuche sie! Bitte deine Eltern, dich mal in die Klinik zu fahren. Erkläre ihnen, wie wichtig dir das ist, dass du deine Freundin sehen kannst. Oder telefoniere wenigstens öfter mal mit ihr, sag ihr, dass sie dir fehlt. Aber: habe im Auge, dass sie lebt und dass sie weiterhin auf dieser Welt ist. Das ist doch wirklich schön!

Und so weiter.

Du erzählst, dass du mit deinem Freund in der Schule herum albern kannst. Das ist wunderbar! Und wenn ich mir deinen Brief hier durchlese, erkenne ich, dass du mit deinen 12 Jahren durchaus intelligent bist. Du schreibst sehr gut, sehr erwachsen und hast deine Rechtschreibung im Griff. Das haben nicht wirklich viele 12jährige.

Im Prinzip tust du einfach nur ein paar Dinge, die dir nicht gut tun, zB eben dich hinter dicke Vorhänge zurück zu ziehen, Musik zu hören, die wahrscheinlich auch noch so gestrickt ist, dass sie deine Negativstimmung verstärkt, du haderst mit dem Schicksal und fühlst dich einfach total doof. Aber dies sind alles Dinge, die du selbst beheben kannst. Du hast genug Grips im Kopf, als dass Selbstmord ein Thema wäre. Wie schlau wäre es, am absoluten momentanen Tiefpunkt zu gehen, obwohl es viele Möglichkeiten gibt, diesen Tiefpunkt wieder aufzulösen? Nicht wirklich schlau.

Du bist 12, da ist gerade der Anfang des Lebens rum. Gut, Kinder in dem Alter können echt manchmal mies sein und wenn du, so wie ich das sehe, einfach schon etwas weiter bist, kommen dir auch viele wie Vollidioten vor. Aber das gibt sich mit der Zeit. Manche werden hinterher ziehen und aufholen und es kann sein, dass du schon in ein, zwei Jahren merkst: Holla, da sind jetzt doch zwei, drei, mit denen ich besser klar komme. Auch Beziehungssituationen ändern sich in dem Alter sehr schnell. Nervt dich jemand noch in dieser Sekunde, kann das übermorgen schon anders aussehen. Ich würde deinen weiteren Weg auf keinen Fall als "chancenlos" beschreiben, sondern bin der festen Überzeugung, dass du deinen Weg machen wirst.

Ich selbst hatte ein paar Jahre in der Schule keinen wirklichen Spaß. Ich wurde zwar nie gemobbt oder so, aber ich bekam klassische Musikausbildung und konnte eigentlich nie wirklich bei meinen Klassenkameraden mitreden, bzw ankommen. Das war eine schwierige Zeit, aber wenn man fest zu sich steht, dann übersteht man das. Habe keine Angst vor dem, was andere über dich denken. Du bist du, Yora (wunderbarer Name übrigens!) und das ist absolut gut so.

Sei stolz auf das, was du bist und froh über das, was du hast. Du bist nicht ohne Freunde, du kannst dich ausdrücken und mitteilen. Das ist schon mal ein großer Schatz. Und ich bin mir sicher, dass da noch viele andere Dinge sind, die du kannst und magst. Von daher: versuche deine Freundschaften zu pflegen (und wenn du dich mal mit dem Jungen treffen möchtest, dann ist es wurschtegal, was andere darüber denken könnten, vielleicht hat er ja auch Spaß dran, mit dir mal etwas zu unternehmen?), mach dir einen Tagesplan, auf dem deine Pflichten stehen, die erledigt gehören und auch der Spaß nicht zu kurz kommt. Organisiere deinen Tag, nutze deine Intelligenz, aus dem Kreis auszubrechen. Zieh die Vorhänge auf, lass das Licht rein, hör Musik, die dich positiv stimmt und schwätze am Telefon ausgiebig mit deiner Freundin, wenn das möglich ist oder unternimm was mit deiner anderen Freundin. Nutze deine Kontakte, nutze dich selbst! In dir ist viel drin.

Ich wünsche dir ein paar dunkle Wolken weniger und ein paar Sonnenstrahlen mehr! ☼

Alles Liebe,

Dana