Problem von Fenya - 21 Jahre

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Hallöchen

ich würde dir gerne ein paar Ratschläge ergänzend zu Bernds netter Antwort geben. So aus der Lebenslage einer Gleichaltrigen.

Erstmal Glückwünsch zu deinem Freund, deiner guten Beziehung zu Familien und Freunden und natürlich zu deinem erfolgreichen Studium. Wenn du gerade auch in den Prüfungen steckst, von einer Mitstudentin, ich wünsche dir viel Erfolg :)

Zu deinen Selbstzweifeln. Ich kenne deine Situation, da ich selbst ein sehr kopforientierter Mensch bin und viel viel nachdenke, besonders über mich und mein Leben. Das nennt sich Selbstreflektion und ist erstmal etwas sehr positives und sei dankbar, dass du diese Fähigkeit hast. Denn vielen Menschen ist diese Gabe leider abhanden gekommen, zumindest lässt manches Handeln in meiner persönlichen Umgebung darauf schließen. Vielleicht ist es nur ein regionales Problem, dass sich in meiner Sphäre der Erde manifestiert.
Dass du oft das Negative in deinem Lebens siehst, ist traurig aber nicht schlimm. Siehe das Negative in deinem Leben ganz objektiv, analysiere die Situation und versuche daraus eine Essenz der Erkenntnis für dich zu gewinnen, wie du das Negative verändern und in etwas Positives verwandeln kannst. Wenn es auch um Vergangenes handelt, versuche es trotzdem.
Ich kann dir mal ein Beispiel aus meinem Leben geben. Vor einigen Jahren trennten sich meine Eltern, für mich brach eine Welt zusammen und die schlimmste Zeit meines bisherigen Lebens begann. Ich zog damals aus und mit meinem Bruder zusammen. Diese Zeit war besonders schlimm, da mein Bruder mit mir + seiner Freundin überfordert war und daher nicht wirklich wusste wie mit einem gestressten Teen mit damals ziemlichen psychischen Problemen (ging damals bei mir bis zum Suizidversuch) umzugehen hat. Damals ist einiges bei mir zusammen gekommen, nicht nur familiär. Ich war viel alleine und bin es heute noch. Und da ich damals auch schon absolut ALLES was ich tue, denke und mir wünsche in Frage stelle und analysiere, hatte ich keinen Sinn mehr in meinem Leben gesehen. Eltern getrennt, beknackten Bruder daheim und Schule (mein damals einziger Lebensinhalt) war beendet. Doch ich habe weiter nachgedacht und überlegt wo meine Chancen sind in dieser Situation. Es war ein völlig neuer Anfang. Ich musste rasch lernen auf eigenen Beinen zu stehen und mich selber zu erziehen, da ich das meinem Bruder nicht zumuten wollte und meine Eltern mir damals nicht wirklich am Herzen langen. In meiner schlimmsten pubertären Zeit machte ich viele Phasen durch: keine emotionen zeigen = du wirst sonst verletzt, der Verstand als einzig wahres ansehen. Resultat: Naja war nicht so das Optimum, Gefühle lassen sich nicht lange einsperren.
Dann "Alle andren sind Schuld- du bist unschuldig". Resultat: Ich wurde zum Ego-Monster. Dann kam irgendwann man die Phase einer für mich interessanten Art der Persönlichkeitsspaltung. Keine Sorge ich wurde nicht zu Gollum, bei mir hat sich nur eine sehr interessante Konstellation aus "Engelchen, Teufelchen und der PSychiater" ergeben. Letzterer war für die Analyse zuständig. Resultat: Ich wurde nicht irre, war aber manchmal sehr intressant die inneren Monologe anzuhören.

Heute sehe ich auf diese Situationen zurück und auf meine Phasen und zweifle manchmal ernsthaft an meiner geistigen Gesundheit, ist aber alles tutti. Nur so bekloppt wie in der deutschen Norm vorgesehen. Nun, ich habe überlegt was hat mir diese Zeit damals gebracht außer Schmerz, Depression und Trauer? Vor ein paar Jahren hätte ich gesagt nichts...
Heute sage ich, ich verdanke meine heutige geistige Reife und meinen CHarakter dieser Zeit maßgeblich. Ich habe es geschafft selbstständig ohne ärztliche Hilfe aus dieser Zeit herrauszukommen, das Leben wieder genießen zu lernen und mich über jeden Tag zu freuen, denn ich weiß, komme was da wolle, ich werde das auch bewältigen.

Heute denke ich auch immer wieder darüber nach ob mein Leben so wie es ist passt. Ich zweifle auch viel. Ist die Beziehung zu meiner Familie wieder fest genug? Und wenn ich länger darüber nachdenke, an die Momente wenn ich zusammen bin mit meiner Fam denke, dann kann ich für mich sagen Ja ist sie.
Wenn du dir nicht sicher bist ob du in deiner Beziehung glücklich bist, schließe mal deine Augen und denke an die schönen und kritischen Momente in deiner Beziehung. Das erste was du tust, wenn du an deinen Freund denkst, was ist das? Heulen? Lächeln? Das gibt dir einen Anhaltspunkt ob du glücklich bist. Du wirst immer wieder zweifeln, das gehört zum Leben, wichtig ist, sich den Zweifeln zu stellen und sie nicht zu verdrängen. Wenn du dir nicht sicher bist, ob du das richtige studierst, überlege was du in deinem späteren Leben machcen willst, oder erreichen willst und ob deine Wahl dir dabei hilft. Ziele können sich natürlich ändern, aber aktualisier deine Ziele immer wieder.
Ich mache das heute noch jeden Tag. Täglich denke ich über meine Ziele, meine Handlungen des Tages und der Vergangenheit, meinen Charakter und Umgang mit Menschen und meine Fähigkeiten nach. Ich überlege was ich will, was ich erreichen will und was ich tun muss um es zu erreichen.

Der wichtigste Rat den ich dir im Umgang mit deinen Zweifeln geben kann: Stelle dich ihnen, weine auch wenn es die hilft, aber denke darüber nach was sie dir sagen wollen. Denke über das Negative nach und überlege wie du etwas Positives daraus machen kannst. Analysiere es, dann fühlst du dich nicht deinen Zweifeln ausgeliefert sondern kannst sie nutzen. Das ist das Zauberwort, nutze diese Chancen der Selbstreflektion und ziehe für dich daraus Schlüsse und dein Leben, dann werden die Zweifel zwar nicht verschwinden, aber sie werden weniger und belasten dich nicht mehr so sehr, da du sie untersuchst und aus etwaigen Fehlern lernst und etwas verändenr kannst.

Ich hoffe dir geht es wieder etwas besser und ich kann dir vielleicht einen Tipp geben.

Liebe Grüße

Fenya

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Fenya!

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Alles Liebe,

Bernd