Problem von anonym - 15 Jahre

Lehrerin als Mutterersatz

Folgendes: Meine Mutter ist vor über fünf Jahren gestorben. Ihr Tod war hart für mich, doch ich habe ihn recht schnell überwunden. Doch seit nun 9 Monaten habe ich mütterliche Gefühle für einer meiner Lehrerinnen. Sie weiß es auch, sie kam auch gut damit klar. Im August fing ich an mich zu ritzen, weil es überfordert mit allem war. Meine Lehrerin ging mit mir zum Schulleiter, da sie nicht wollte, dass ich mir so etwas antue. Seitdem bin ich einmal im Monat zur Psychotherapie.
Nun, dann kamen zwei Wochen Betriebspraktikum und Ferien. Ich habe sie so sehr vermisst, dass ich dann den einen Tag im Oktober mit dem Bus zu ihr gefahren bin. Sie hat mich in den Arm genommen und es war das schönste Gefühl. Ich habe ihr täglich Nachrichten über Facebook geschickt, in dem ich ihr alles erzählte. Sie schreib anfangs zurück, doch dann ab November nicht mehr.
Als die Schulzeit wieder begann und ich mit ihr reden wollte, hieße es, sie müsse Abstand halten. Ich konnte einfach nicht mehr, da ich ihre Geborgenheit brauchte und fing wieder an mich weiter zu ritzen. Mit dem Schreiben hatte ich nicht aufgehört, bis der Direktor mich daraufansprach. Bis dahin dachte er, ich wäre in sie verliebt gewesen. Ein halbes Jahr lang, bis Januar hat er die Situation vollkommen falsch verstanden. Wie auch immer - mein Vater hat danach von dem Ganzen erfahren, er war total erschüttert und geschockt. Meine Leherin war nun 8 Wochen nicht in der Schule, da sie einen Bandscheibenvorfall hat und auch irgendwann diese Woche operiert werden soll. Es könnte noch 1-2 Monate dauern, bis sie wieder kommt. Ich war gerade eben wieder kurz davor mich zu ritzen, weil ich es einfach nicht mehr aushalte. Ich brauche diese Frau. Manchmal wünschte ich, sie könnte mich adoptieren. Ich weine jeden verdammten Abend. Ich darf ihr nicht mehr schreiben, nichts. Sie könnte dadurch ihren Job verlieren oder ich müsste Schule wechseln, was ich mir nun natürlich gar nicht erlauben kann, da ich nächstes Jahr meinen Abschluss schreibe und außerdem gehe ich seit der ersten Klasse auf die Schule und könnte mir deshalb niemals vorstellen zu wechseln. Auf jeden Fall brauche ich diese Frau mehr als alles andere. Es ist merkwürdig, ich weiß... Das mütterliche Gefühl für meine reale Mutter verschwindet auch immer mehr. Ich gucke ihr Bild an und spüre nichts. Keine Trauer, keine Liebe. Denk' ich an meine Lehrerin, kommen mir sofort die Tränen und dieses Gefühl ist da... Ich weiß doch, dass sie niemals meine Mutter sein wird. Vor allem hat sie selbst eine kleine Familie, sie hat vor zwei Jahren einen Sohn bekommen nach all den Jahren, in denen es nicht geklappt hat. Sie ist so glücklich und ich ruiniere all das wahrscheinlich nur.

Ich weiß einfach nicht wie ich ohne sie klarkommen soll. Sie ist das Beste was mir je passiert ist.Ich will einfach nicht wegen so einem Gefühl leiden müssen. Ich will bei ihr sein, doch es geht nicht. :/ Könnt ihr mir helfen?

Dana Anwort von Dana

Mein liebes unbekanntes Mädel!

Gefühle für eine Lehrerin...das ist ein sehr bekanntes Thema. In deinem Fall ist es natürlich etwas heftiger als normalerweise, aber das ist auch verständlich, da du deine Mutter verloren hast. Wenn ich dich jetzt allerdings tröste und dir Hoffnung und Mut in diese Richtung mache, würde ich lügen und dir falsche Dinge erzählen. Daher hoffe ich, dass du mir "zuhörst", wenn ich sehr ehrlich zu dir bin.

Deine Lehrerin scheint dich zu "triggern". Das bedeutet, dass du Gefühle erlebst, die du mit deiner Mutter hattest und diese kommen wieder hoch, wenn du diese Lehrerin siehst. Das mag an ihrer Art liegen oder an ihrer Ausstrahlung...ja sogar am Geruch kann es liegen. Du suchst mit allen Mitteln eine neue Mutterfigur und sie scheint geeignet. Daraufhin hast du angefangen zu "tunneln", was bedeutet, dass du nichts anderes mehr fokussierst, nur noch sie und deinen Wunsch, eine neue Mutter zu haben.

Aber: sie ist NICHT geeignet. Sie ist deine Lehrerin und darf dir gar keine Sonderposition einräumen. Auch wenn sie dich mag, muss sie einen gewissen Abstand halten. Es ist wirklich wichtig, dass du, so schlimm das für dich ist, diesen Wunsch nach Nähe zu ihr aufgibst. Ich weiß, das ist ultrahart, denn sie bedeutet dir viel. Aber diese Passion, die du für sie entwickelst, weil sie dir das gibt, was dir im Leben so sehr fehlt, ist sehr ungesund. Sie ist dafür die Falsche. Ich denke, sie hat auch gemerkt, dass das mit dir weiter geht als sie das eigentlich will, weshalb sie den Abstand suchte. Das hat nichts damit zu tun, dass sie dich nicht mag oder dass du blöd bist oder uninteressant. Es geht hier lediglich um ihren Job und die Verpflichtungen, die sie damit eingegangen ist. Sie DARF dich nicht anders behandeln als ihre anderen Schüler.

Dass das für dich jetzt richtig schwer wird, weiß ich und das tut mir auch im Herzen leid, wirklich. Aber dieser Weg ist nicht der richtige, den du eingeschlagen hast. Er tut nur weh und führt nicht dahin, wo du hin möchtest.

Meiner Meinung nach ist der Tod deiner Mutter noch nicht ganz verarbeitet, auch wenn du das denkst. Diese überwältigenden Gefühle für jemand anderen, diese Fokussierung auf eine Frau als Mutterersatz, das zeugt eigentlich davon. Dazu kommt das Ritzen. In dir drin ist einiges an Trauer, Wut, Verzweiflung...und das richtest du gegen dich selbst, anstatt es mal richtig auszukotzen. Du willst die Kontrolle nicht verlieren und hältst dich so bei dir. Sicher, das ist ein Ventil, aber ein falsches. Wut und Verzweiflung müssen raus, müssen verarbeitet werden und nicht in Wunden umgesetzt, die dich auch noch körperlich schwächen.

Ich weiß nicht, ob du bei einem Mann oder einer Frau in Psychotherapie bist. Ich würde dir zu einer Frau raten und dir dringend ans Herz legen, sehr intensiv in der Therapie zu arbeiten. Ich weiß nicht, was euer Thema dort ist und welcher Art deine Therapie ist. Aber ich weiß, dass diese Therapie sehr nötig ist und ihr dort auf jeden Fall diese Themen bearbeiten und mögliche Lösungswege aufzeigen solltet. Alleine wirst du das nicht schaffen und das ist auch nicht nötig. Eine verwundete Seele heilt sich nur sehr schwer selbst. Da ist Hilfe von außen schon genau das Richtige.

Dazu würde ich mir wünschen, dass du deinen Vater vielleicht mehr mit einbindest...weiß er denn von alledem? Du hast zwar ein Familienmitglied verloren, aber nur eins! Nicht zwei. Und selbst, wenn du meinst, du könnest mit ihm null reden...meist stimmt das nicht und es herrscht Hilflosigkeit vor, weil derjenige nicht weiß, wie er helfen soll. Ist aber nur eine Idee.

Ich hoffe, du findest den Mut, deine Lehrerin loszulassen. Dazu gehört Kraft, aber ich traue sie dir zu. Und ich hoffe, du kannst in der Therapie wieder richtig zu dir selbst finden. Das ist eigentlich das Schönste an einer Therapie, dass man Hilfe bekommt, wie man wieder mit sich selbst und dem Leben fertig werden kann. Lege deine Fokussierung mehr darauf. Nur weil du in deiner Lehrerin keine neue Mutter sehen darfst, heißt das nicht, dass du ungewollt bist. Es sind nur beruflich einfach gewisse Grenzen gesetzt, die nicht übertreten werden dürfen. Von daher wäre es wichtig, dass du diese Grenzen einhältst, um deine Lehrerin vor Schaden zu bewahren.

Ich wünsche dir wirklich alles Liebe und Gute...und vor allem viel Erfolg in der Therapie und bei deinen weiteren Entscheidungen!

Liebe Grüße,

Dana

Deine Lehrerin darf nicht mehr - Passion ist nicht gut

Du hast deine Mutter nicht "überwunden".