Problem von anonym - 16 Jahre

Was stimmt nicht mit mir?

Hallo erstmal.
Nachdem ich einige andere Probleme gelesen habe, bin ich mir nicht sicher, ob mein "Problem" hierher gehört, da es im Vergleich zu anderen nicht sehr schlimm ist. Aber es plagt mich trotzdem und ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.
Also ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist und weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ich isoliere mich von meinem sozialen Umfeld schon seit 4 Jahren ab. Hätte ich keine Familie, würde ich wohl überhaupt keinen Kontakt zu anderen Menschen, außerhalb der Schule, haben. Die letzten Sommerferien habe ich das Haus auch kein einziges mal verlassen. Ich war wirklich 6 Wochen lang nur zu Hause. Auch war ich für sachen wie Einkaufen nie draußen, habe 6 Wochen in der Wohnung verbracht. Ich wäre auch monatelang bis hin zu Jahren zu Hause geblieben, wenn die Ferien lang genug wären. Und auch die anderen Ferien verbringe ich alleine zu Hause und verlasse es nur, wenn es wirklich nicht anders geht. Ich bin zwar gerne alleine, aber das ist doch nicht mehr normal oder?
Auch vertraue ich niemandem außer 3 Personen, meiner Familie.Obwohl, bei meinem Bruder bin ich mir nicht sicher. Ich denke immer von jedem schlecht und vermute irgendwelche Verschwörungen, die irgendjemand gegen mich geplant haben könnte. Und das ohne Grund. Ich bin irgendwie übervorsichtig, obwohl ich selber weiß, dass die Person nett ist.
Ich hab auch ein Gespür dafür, wem man nicht trauen sollte und wem schon, aber trotzdem kann ich niemandem vertrauen, weshalb ich auch 2 Jahre lang überhaupt keine Freunde hatte. Jetzt hab ich eine Freundin, der ich auch sehr misstrauisch begegne. Ich teste Menschen auch oft.

Ich zeige auch kaum Gefühle, was mich wahrscheinlich noch unsympathischer wirken lässt. Auch rede ich angeblich immer monoton und gelangweilt. Ich kann auch auf niemanden zugehen. Bin nicht sehr gesprächig. Viele sagen auch, ich gucke immer so gelangweilt oder böse. Dabei bin ich alles andere als böse. Ich bin zwar misstrauisch, aber nicht feindlich gegenüber anderen. Ich bin immer nett und versuche zu helfen, wo ich kann. Aber mehr ist da auch nicht. Wenn das so weiter geht, werde ich wohl einsam und verlassen in irgendeiner Gruft leben.
Ich bin auch allem gegenüber negativ eingestellt. Bis auf 1-2 Dinge. Total lustlos bin ich auch. Lerne seit Schulbeginn nicht für die Schule, bin aber trotzdem eine der Klassenbesten. Ich bin auch gar nicht motiviert, den Abschluss zu machen. Also für gar nichts motiviert.

Das kann doch nicht mit der Pubertät zusammenhängen, oder? Soweit ich mich erinnern kann, bin ich schon seit meinem 4. oder 7. Lebensjahr so. Es gab zwar Ereignisse in meinem Leben, die nicht schön waren, aber ich glaube nicht, dass es daran liegt.
Z.B. wurde ich mal als Kind (3-4 Jahre) von meinem Bruder in unserem Heimatland bei unseren Verwandten alleine gelassen, als ich mit ihm im Urlaub war. Er war für eine längere Zeit irgendwo anders hingegangen, ohne irgendwas zu sagen, obwohl ich sehr protestiert hatte, weshalb ich angeblich fast "den Verstand verloren" haben, nur rumgeweint haben und jeden Fremden auf der Straße "Mutter" und "Vater" genannt haben soll. Nach 2 Wochen kam mein Vater aus Deutschland um mich abzuholen und ich soll ihn nicht mehr losgelassen haben, nicht mal damit er auf Klo kann.
Kann das damit zusammenhängen?
Wie kann ich anderen Vertrauen und aus mir herauskommen? Oder ist das einfach meine Persönlichkeit? Denkt ihr, das verschwindet von selber irgendwann? Ich will mit anderen ohne schlechte Hintergedanken reden können.
Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mein Problem überhaupt zu lesen und ihr versucht Leuten zu helfen. Ich finde das echt toll. LG

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte!

Im Prinzip fragst du uns hier nach einer Diagnose. "Was fehlt mir?". Diese Diagnose dürfen wir als Laien nicht stellen, selbst wenn Dinge klar auf der Hand liegen. Das darf nur ein Fachmann.

Ich kann dir aber Dinge aufzeigen, die mir auffallen und dir auch einen Ratschlag geben, wie du weiter verfahren sollst. Ich hoffe, dir hilft das weiter und du kannst damit genug anfangen.

Zuerstmal: dein heutiges Verhalten kann sehr wohl auf diese schlimme Erfahrung im Kleinkindalter zurück zu führen sein. Du hast damals einen Vertrauensbruch erlebt, denn dein Bruder, den du zum Schutz hattest, der dir vertraut war und dem du vertraut hast, ist einfach weggegangen und hat dich alleine gelassen. Das ist für ein so junges Mädchen eine wirklich schlimme Sache und das kann traumatisieren, so sehr, dass du jetzt keine Chance mehr siehst, dich fallen zu lassen, grenzenlos einfach zu vertrauen.

Ich möchte mich nicht zu sehr hinein vertiefen, weil es auch durchaus andere Gründe haben kann, die ein Fachmann sehen würde, ich aber nicht. Du kapselst dich ab, gibst niemandem wirklich eine Chance, isolierst dich richtiggehend, bleibst dort, wo du weißt, dass du dich wohlfühlst...das alles kann mit der Sache damals zusammen hängen. Es könnte auch eine Art Sozialphobie sein, die ganz woanders herkommt. Du siehst, es gibt eine Menge Möglichkeiten, wie dein Verhalten zustande gekommen ist. Ich denke aber nicht, dass du einfach resignieren solltest und sagen: "Mist, ich bin halt so...bleib ich halt alleine." Ich glaube, da gibt es sicher einiges zu reparieren und einige Möglichkeiten, aus Verhaltensmustern auszusteigen.

Dies alles kann aber nur ein Fachmann. Vielleicht erschreckt es dich - muss es aber nicht, denn Hilfe möchtest du ja, sonst hättest du hier nicht geschrieben. Ein Psychologe (egal ob Frau oder Mann) hat einfach die nötige Ahnung. Ob du eine Traumatherapie oder eine Verhaltenstherapie oder eine völlig andere Therapie brauchst, kann ich dir als Laie nicht sagen, aber ich bin mir 100%ig sicher, dass die Gespräche mit jemandem, der sich da perfekt auskennt, dir sicherlich absolut gut tun würden.

Du würdest lernen, mit dir selbst besser umzugehen, mit deinem Umfeld wieder besser klar zu kommen, das Vergangene zu verarbeiten, so dass neues Vertrauen wachsen kann und dieses Misstrauen gemindert wird. Du wirst merken, dass du entspannst und sich auch wieder solche Gefühle wie Glück und Freude einstellen. Es wird dauern, bis du nicht mehr hinter allem etwas Negatives siehst, aber es wird funktionieren.

Einen Therapeuten findest du leicht über Google, indem du "Psychotherapie" oder "Psychologe" eingibst und den Namen deiner Stadt. Meist gibt es mehrere und du solltest auch bei mehreren ein Erstgespräch machen. Erstens gibt es Wartezeiten und zweitens gefällt einem nicht jeder Therapeut. Wenn du dich bei einem nicht wohlfühlst, gehst du einfach nicht nochmal hin. Es muss passen. Es kostet dich übrigens keinen Cent, du kannst auch einfach zu einem Therapeuten hingehen ohne deine Eltern. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten.

Du würdest dich wundern, wie viele Menschen inzwischen die Hilfe eines Psychologen in Anspruch nehmen oder genommen haben. Ich kenne selbst einige und kenne niemanden, dem es nicht geholfen hat. Es ist auch nicht peinlich oder bescheuert, man ist nicht geistesgestört oder verrückt. Man kommt einfach sich selbst auf die "Schliche" und kommt den Dingen auf den Grund, die einen hemmen oder stören. Und das ist unglaublich entspannend und hilfreich. Die Last auf den Schultern wird dann immer leichter, ich kann es nur empfehlen.

Ich wünsche dir alles Gute und kann nur hoffen, dass du meinen Rat ernst nimmst.

Alles Liebe,

Dana