Problem von Tobias - 19 Jahre

Wiederholen der Oberstufe aufgrund von privaten Problemen.

Hallo liebes KK-Team.
Erstmal ein dickes Lob an Euch für das, was ihr alles leistet. Ich hatte mich schon einmal vor einigen Jahren bei Euch gemeldet und Eure Antwort hat mir damals sehr weitergeholfen :-)

So nun zu einem neuen Problem:

Im Moment gehe ich in die 11 Klasse eines Gymnasiums in Niedersachsen. Eigentlich hätte ich letztes Jahr mein Abitur gemacht, da ich eigentlich im G9 Jahr bin. Da mein Vater mich damals gezwungen hat von der Schule abzugehen und eine Ausbildung anzufangen, weil er sagt, dass das Abitur Schwachsinn sei, konnte ich zu der Zeit mein Ziel das Abitur zu machen vergessen. Aufgrund weiterer Probleme, die schließlich zu einem mehrwöchigen Klinikbesuch führten, bin ich während meiner Ausbildung von zu Hause ausgezogen und wurde vom Jugendamt betreut. Nach Rücksprache mit meiner Ausbilderin habe ich letztendlich meine Ausbildung abgebrochen, da ich den Beruf des Bürokaufmanns nie erlernen wollte (mein Vater hat mich dazu gezwungen das zu nehmen). Schließlich bin ich wieder auf die gleiche Schule gegangen, die ich auch vor meinem Schulabgang besucht habe. Probleme gab es zu der Zeit keine weiteren. Ich bin im Jahr 2010, nach den Herbstferien, in die Oberstufe reingekommen, hatte aufgrund der schulischen Lücken aber beschlossen, dass ich nach dem Halbjahr wieder in die 10. Klasse gehe, damit ich alles aufarbeiten kann und ich nicht zu großem Druck ausgesetzt bin, in allen Fächern den bis dahin gelernten Stoff nachzuholen (leider war nach den Herbstferien gleich Klausurenzeit und dementsprechend fielen diese auch ziemlich schlecht aus, weil ich die Themen nicht nachholen konnte). Nachdem ich die 10. Klasse zum zweiten Mal abgeschlossen habe und de 11. Klasse von Anfang an besucht habe, kamen neue Probleme. Das Jugendamt wollte, dass ich aus meiner WG ausziehe, da ich zu alt (zu der Zeit 18 und im Laufe des Jahres wurde ich 19) war. Dementsprechend musste ich häufig Ämter besuchen und auf Wohnungssuche gehen, was sich auf meine Anwesenheit in der Schule stark ausgewirkt hat und aufgrund der häufigen Fehlzeiten (bei den Ämtern saß ich zum Teil 4 Stunde um zu diskutieren) sind die Noten auch in den Keller gerutscht. Hinzu kommt noch, dass ich aufgrund einer chronischen Erkrankung zum Teil bis zu zwei Wochen krank war und viel Unterricht versäumt habe. Der Stress zwischen Schule, Wohnungssuche und Ämtern hat sich zum Teil auch auf meine Psyche ausgewirkt und zwischenzeitlich wurde ich sogar wegen Verdacht auf Burn-Out eine zeitlang krankgeschrieben (aufgrund der Fehlzeiten habe ich in allen Fächern um Extraaufgaben und Referate gebeten, damit meine Noten nicht zu stark absinken). Dies führe dann zu dem Verdacht. Letztendlich habe ich seit April eine eigene Wohnung. Meine Noten sind aber noch ein bisschen weiter abgerutscht. Nun habe ich bereits mit einigen Lehrern und dem Koordinator geredet, dass ich wiederholen würde, weil ich persönlich weiss (habe dies auch von einigen Lehrern gehört), dass ich zu besseren Leistungen fähig bin, wenn ich nicht zu viel Stress habe, doch gehen die Meinungen sehr stark auseinander. Aufgrund von Geldproblemen (Kindergeldbearbeitung kommt einfach nicht in die Hufen, obwohl ich schon öfters nachgefragt habe und dem Aspekt, dass ich unter 100 Euro im Monat zum Leben habe (Essen, Trinken, Schulsachen, Kleidung, Hygiene) muss ich erstmal schauen, wie ich leben kann. Einen Job kann ich aufgrund meiner Krankheit nicht neben der Schule machen und meine Noten verschlechtern sich weiter, obwohl ich mich bemühe. Nun weiss ich nicht genau was ich machen soll. Einige sagen ich sollte wiederholen, damit ich einen besseren Schnitt habe und dementsprechend den NC für mein Wunschstudium (Lehramt) habe, andere sagen, dass ich nicht wiederholen soll, weil der Altersunterschied einfach zu groß ist (wenn ich wiederhole habe ich mein Abi mit 21) und ich eigentlich darauf stolz sein kann überhaupt in meiner Situation zur Schule gehe. In meinen jetzigen Kursen haben einige Lehrer Vorurteile gegenüber mir, obwohl ich ihnen erklärt habe, warum ich so oft gefehlt habe, doch stieß auf Ablehnung. Dementsprechend bewerten mich einige Lehrer auch von vorne herein schlechter. Im kommenden 11. Jahrgang gibt es viele gute Lehrer, die auch vom Unterrichtsklima viel besser sind, worüber ich sehr froh wäre. Nun meine Frage: Könntet ihr mir einen Rat geben?

Jasmin Anwort von Jasmin

Hallo Tobias,

Zunächst einmal wollte ich dir ein dickes Lob aussprechen, dass du so viel Verantwortung für dein Leben übernehmen willst. Der richtige Weg ist leider meist nicht der einfachste. Ich verstehe deine Probleme sehr gut, habe selbst Abitur unter erschwerten Bedingungen gemacht.. Und habe es geschafft :-)

So wie ich es aus deinem Text heraus lese, hast du schon eine Antwort auf deine Frage gefunden, du selbst weißt, was das beste für dich ist und danach solltest du dich in deiner Entscheidung richten..
Du denkst, dass du das Jahr wiederholen solltest, aber bist dir nicht sicher, ob das nicht vielleicht Vergeudung wäre?

Meine Meinung dazu ist, dass du nicht auf das hören solltest, was andere sagen, denn du hast ein Recht auf Bildung und ein Recht auf Schule und du hast so hart dafür gekämpft, um dir dieses Recht einzufordern.. - warum nicht jetzt auch das allerbeste daraus machen?
Wenn du jetzt nicht das Beste aus dir raus holst, wirst du dich später fragen, was hätte sein können.. Ein besserer Abiturschnitt bedeutet nicht zwangsläufig ein besseres Leben, aber wenn du selbst einen NC brauchst, würde ich dir empfehlen die 11. Klasse zu wiederholen und den besten Schnitt, den du erreichen kannst, versuchen zu erreichen..

Und den Altersunterschied, so finde ich, ist nicht hinderlich.. Denn so weit auseinander liegt er nunmal auch nicht.. Ich glaube nicht, dass das jemanden stört, der die selben Interessen wie du teilt :-) Und diejenigen, die es stört, die hätten ohnehin wohl nicht sehr viel Kontakt gehabt.

Ich hoffe ich konnte dich etwas auf deinen "richtigen Weg" bringen ..
Bis dahin alles Gute :)
Jasmin