Problem von Marco - 21 Jahre

Traumberuf Schauspieler. Lebenslauf - völlig versagt.

Hallo geehrtes Kummerkastenteam.

Ich habe ein dickes Problem. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese Plattform hierfür geeignet ist, aber auf der Suche nach passenden Foren hierfür bin ich auf nichts gestoßen dessen Mitglieder mehr Finger als an der Hand hatten. Von daher wende ich mich in meiner Verzweiflung an euch.

Zu aller erst würde ich euch gerne meine Situation erklären. Vor ungefähr 21 1/2 Jahren kam ich in einer ländlichen Umgebung in Deutschland zur Welt. In meiner Jugend war mir nie klar was ich später mal werden wollte. Nachdem ich die mittlere Reife mit einem einiger maßen 'guten Durchschnitt' abgeschlossen hatte ging ich auf eine weiterbildende Vollzeitschule mit dessen Abschluss ich die Berufsbezeichnung des technischen Assisstenten für Informatik erhalten hätte. Allerdings ohne Aussicht auf Arbeit danach. Diese Ausbildung hätte 2 Jahre gedauert. Während ich im 1. Schuljahr noch glänzende Noten hatte verschlechterten sie sich im 2. Halbjahr aus persönlichen Gründen drastisch. Auch Trägheit meinerseits hatte da seine Finger im Spiel. Letztlich kam es dazu, dass ich nach 1 1/2 Jahren die Schule abgebrochen hatte und für ein weiteres halbes Jahr arbeitslos war.

Dann besuchte ich die FOS in der Ausbildungsrichtung Sozial mit dem Ziel später mal einen sozialen Beruf auszuüben und mir das allgemeine Abitur zu sichern, da ich in der Realschule eine 2. Fremdsprache - französisch - erlernt hatte. Allerdings brach ich auch hier nach einem halben Jahr die Schule wieder ab und war wieder für ein halbes Jahr arbeitslos.

Vielleicht besteht hier ein kleiner Erklärungsbedarf für die Motive meiner kläglichen Vergangenheit. Es war so, dass ich mir nie sicher war was ich wirklich wollte und einfach stets auf der Suche war - Privat saß ich viel vor dem PC weshalb ich es zunächst mit Informatik versuchte. Als mir allerdings bewusst war, dass mich das Thema sehr langweilt hatte ich auch nicht mehr den Ehrgeiz Lücken, die durch ausbleiben des Unterrichts wegen einer Verletzung, entstanden waren, wieder zu füllen. Bei der FOS war die Situation eine ähnliche. Ich dachte mir, die soziale Richtung wäre vielleicht etwas für mich aber ich lag offenbar wieder falsch und hinzu kam eine Depression. Ich war damals auch in Therapie.

So hab ich quasi einen großen Teil meines Lebens verschwendet, könnte man sagen. Auch wenn ich persönlich an den Erfahrungen gewachsen bin, die Zeit bringt mir keiner zurück und sieht auf dem Lebenslauf grob gesagt beschissen aus.

Nach einem halben Jahr an der FOS und einem halben Jahr als Arbeitsloser bekam ich einen befristeten Arbeitsvertrag bei einer Druckerei als Aushilfsarbeiter, der stetig verlängert wurde und nun schon fast 2 Jahre andauert. Während dieser Zeit wurde mir klar, was ich mal werden möchte. Nämlich Schauspieler! Witziger Weise hatte ich diesen Berufswunsch schon mal als Jugendlicher geäußert, wurde mir dann aber von meiner Familie aus den Kopf geschlagen. Leider hatte ich damals noch kein Rückgrat. Allerdings ist mein Verlangen diesen Beruf eines Tages auszuüben nun so stark, dass ich mir sicher bin, dass es das ist was ich tun möchte. Ich denke es gibt für mich keine andere Option mehr - wenn ich glücklich werden will, muss ich Schauspieler werden. Ich habe mich schon immer für Film&Fernsehen interessiert und wenn ich mal Musicals besucht habe, war ich auch recht begeistert. Aber wie stelle ich das jetzt an? Ich bin jetzt 21 Jahre und habe mir in meinem Leben keinerlei nennenswerte Fähigkeiten und Eigenschaften angeeignet. Meine einzigen Stärken sind wohl meine Englischkentnisse, meine körperliche Fitness (ich mache viel Kraft- und Ausdauersport) und meinen Fleiß den ich zur Zeit bei meinem jetzigen Arbeitsplatz zu Tage bringe.

Viele staatliche Schauspielschulen verlangen Hochschulreife und es gibt auch Eignungstests mit vielen Bewerben, wo erstmal aussortiert wird wer überhaupt auf die Schule darf. Ich habe Angst, dass mir meine mittlere Reife zum Verhängnis wird. Vielleicht sollte ich es NOCHMAL mit der FOS versuchen und wenn ich dann nach 3 Jahren mein Abitur habe mich für Schauspielschulen bewerben. Die FOS hätte auch einen Theaterclub bei dem ich endlich Erfahrungen sammeln könnte. Allerdings wäre ich dann schon 24. Bei einer 3-4 jährigen Ausbildung zum Schauspieler wäre ich dann schon 27/28. Ist das nicht etwas zu alt? Es wäre mein Wunsch eines Tages mal nach London auszuwandern und dort mein Glück im Theater/Film zu versuchen. Oder soll ich mich vielleicht doch lieber gleich für Schauspielschulen bewerben, oder doch gleich nach London auswandern und mich dort für Castings anmelden? Ich weiß einfach nicht was ich machen soll um meinen Traum näher zu kommen. Ich habe so viele Zweifel und Ängste. Ich sollte sie nicht haben.

Sie lähmen mich.

Ich wünschte ich hätte viel früher so entschlossen gewusst was ich eines Tages machen will. Bei keiner anderen Sache bisher hab ich so einen Drang und Leidenschaft verspürt. Allerdings hab ich manchmal das Gefühl ich sei jetzt zu alt für sowas und ich könnte nicht gut genug sein. Ein anderer Beruf käme für mich inzwischen nicht mehr in Frage. Ich hoffe ihr wisst irgend einen Rat... Und wenn nicht, tat es gut das einfach mal alles zusammenzufassen.

Letztes Wort: Auch wenn ich persönlich mein ganzes Leben scheiße fand bin ich doch dankbar, da ich weiß wie schön es sein kann. Ich will leben, ich will nur nicht mehr so weitermachen und bereue eigentlich so ziemlich alles was ich je getan habe. Bis auf 1-2 Sachen.

Dana Anwort von Dana

Lieber Marco!

Ich kann dir nur den Tipp geben: versuch dein Glück und sei genauso bestechend ehrlich, wie du es hier gewesen bist. Ich musste während des Lesens mehrfach schmunzeln, weil du dich so goldig ausdrückst und überhaupt nicht schonst. Du erklärst einfach, wie es ist. Die Orientierung fiel dir schwer, du wusstest nicht, was du tun wolltest, daher war es auch schwer, dich zu motivieren.

Wenn du das im Lebenslauf erklärst oder einen Schrieb vorne dran hängst, der das erklärt, in genau dieser erfrischenden ehrlichen Art und Weise, dann kann es sogar sein, dass gerade deshalb die Neugier auf dich bei den Agenturen wächst, bzw bei den Schauspielschulen. Schauspiel kann man übrigens auch noch viel später anfangen zu studieren, ein Bekannter von mir, den ich in Studienzeiten kannte, hat noch mit Anfang 30 ins Fach gewechselt. Meist kommt es da einfach auf die Begabung an, man muss da ja vorsprechen und Aufnahmeprüfungen machen.

Sicher ist ein Glanzlebenslauf etwas, das sich schön liest. Aber ein Lebenslauf, der eine Prise Humor beinhaltet und die ehrliche Aufzählung von Misserfolgen, zusätzlich zum jetzt fest gesteckten Ziel und der Leidenschaft...warum nicht? Ich möchte dir raten, es zu versuchen. Schreibe die Schauspielschulen an, bitte darum, angehört und gesehen zu werden. Wenn du Talent hast, wird dir dein Lebenslauf nicht im Weg stehen. Es soll auch Anwärter gegeben haben, die einfach hingegangen sind, aber dazu muss man schon dreist sein und das klappt auch öfter nicht, als dass es klappt.

Gut, im Leben hast du einiges versemmelt, was aber meiner Meinung daran lag, dass es einfach nicht dein Weg war. Sowas passiert und das sollte dich auch nicht runterziehen. Solltest du an der Aufnahme bei den Schauspielschulen scheitern, kannst du immer noch auf dem zweiten Bildungsweg dein Abi nachmachen und dann Theaterwissenschaften oder Theaterpädagogik (auch ein sehr interessanter Beruf) studieren. Kämpfe für deine Möglichkeiten und hab aber auch den Mut und das Durchhaltevermögen, dafür einiges zu tun, dann sollte das eigentlich kein Problem sein.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Erfolg bei dem, was du nun wirklich willst.

Dana