Problem von anonym - 18 Jahre

Mein Vater ist Alkoholiker, vernachlaessigt mich seitdem ich denken kann und ist aggressiv. Reden geht nicht( er kann kein Deutsch)

Hallo liebes Kummerkasten-Team, ich kenne eure Seite schon seit mehr als fuenf Jahren und finde es toll, das ihr so kompetent helfen koennt. Mein Problem mit meinen Eltern, ist so schwerwiegend, dass ich mich noch nie getraut habe mit jenandem Aussenstehenden darueber zu sprechen. Nun zu meiner Situation: Ich bin 18 Jahre alt und stehe kurz vor dem Abitur. Ich habe eine 1 Jahr juegere Schwester und mein kleiner Bruder ist zwoelf. Meine beiden Eltern kommen aus Asien und fuehren selbststaendig seit 2 Jahren ein asiatisches Restaurant. Das Sorgenkind meiner Familie ist mein Vater. Seitdem ich denken konnte hat er sich nie um mich und meine Geschwister gekuemmert. Wir wissen echt nichts, rein gar nichts ueber ihn. Er arbeitet schwer und in seiner freien Zeit widmet er sich Kriegsfilmen, als sich fuer uns zu interessieren. Dazu kommt, dass mein Vater gesundheitlich mehr als angeschlagen ist. Er ist schwerer Alkoholiker und trinkt jeden Tag schaetzungsweisse 20 Bier und Hochprozentiges. Nach seiner eigenen Aussage 'braucht' er seine Bier um zu funktionieren, also zu arbeiten. Natuerlich bin ich nun 18 und mehr oder weniger auf dem Weg zur Selbststaendigkeit. Aber ich habe nie ein gesundes Verhaeltnis zu meinem alkoholkranken Vater gehabt. Mein Vater vernachlaessigt uns und ist drogenabhaengig, aber das ist noch lange nicht Alles. Ich muss vorwarnen, dass diese Anfrage noch laenger wird. Spaeter werde ich auch ueber meine Mutter zu sprechen kommen. Zurueck zu meinem Papa: Er kann nicht mit Geld umgehen. Bei ihm hat dieser Umgang Geld krankhafte Zuege. Meine Mutter erzaehlte mir, dass mein Vater in Asien eine schwere Kindheit hatte. Seine eigenenrn Eltern mussten ihn und 5 Geschwister versorgen. Sie waren sehr arm und mussten Hunger leiden. Anscheinend hat ihn seine Vergangenheit gepraegt. Heute lebt er mit uns in Deutschland im Wohlstand. Dies geniesst er, aber zeigt es auch gerne. Seine sogenannten Freunde nutzen ihn nur aus, weil sie wissen, dass er Geld einfach verschenkt. Ich muss noch hinzufuegen, dass mein Papa kein Wort Deutsch spricht. Somit lebt er abseits der Gesellschaft und hat nur Asiaten als Freunde. Seine Art Zuneigung zu anderen zu demonstrieren ist es, ihnen Bares Geld (mehrere 100 €) zu geben. Dabei sind es keine festen Freunde, er vertraut jedem blind. Einmal hat er einen ehemaligen Mitarbeiter Geld 'geliehen'. Dieser Freund hat sich dann aus dem Staub gemacht, das Geld weg! Jetzt zu meiner Mutter, die sein Verhalten noch unterstuetzt. Meine Mutter verwaltet alles Einnahmen aus dem Restaurant und alles Ausgaben. Mein Vater muss also meine Mutter fragen, wenn er Geld benoetigt. Ich habe meine Mutter liebt und sie weiss, dass dieses Geld wieder an Fremde oder entfernte Verwandte verschenkt wird. Aber sie gibt es ihm trotzdem, weil er sonst sie schlaegt und beschimpft. Er macht das meist verbal, aber einmal hat er meiner Mutter mit einer Bratpfanne auf ihr Handgelenk geschlagen, dass alles blau und geschwollen war. Ihm tat es nicht mal leid, stattdessen beschimpft er uns alles als dunm und faul. Frueher als ich ein Kind war hat er mich auch geschlagen. Heute macht er das nicht mehr, aber beleidigt mich immer noch. Ich merke jeden Tag, wie meine Familie durch diesen 'Dreckskerl' immer weiter zu grunde geht. Meine Mutter ist ueberfordert und bezeichnet ihren Mann nicht umsonst als 'viertes Kind in der Familie'. Er ist hilflos wie ein Kind. Seine Grundbeduerfnisse sind Arbeiten, dabei Alkohol komsumieren, sein PC und seine 4 Stunden Schlaf. Das einzige, was ich und meine Geschwister von ihm wahrnehmen ist, dass er uns Essen kocht. Sonst herrscht Null Kommunikation. Ich und meine Schwester sind froh darueber, dass wir bald unser Studium bzw. Ausbildung beginnen und dann ausziehen koennen. Wir machen uns aber Sorgen um meinen Bruder. Er ist erst 12 und ihn dem Alter muss Erziehung nich sein. Er kann sich nicht vorstellen ohne mich und meine Schwester im Haus zu leben und wuerde sogar ins Kinderheim ziehen. Denn auch unsere Mutter kuemmert sich kaum um uns. Wir wissen echt nicht, was zu tun ist. Wir haben meinen vater schon vorgeschlagen mal einen Akkoholentzug im Krankenhaus durchzufuehren, aber seine Gesundheit ist ihm egal. Er arbeitet 7 Tage die Woche und will keinen Ruhetag, denn er muss ja 'Geld verdienen'. Keiner kann ihn zur Vernunft bringen. Eigendlich will ich, dass meine Eltern sich trennen, denn mein vater macht uns alle kaputt. Ich bedanke mich, dass ihr euch die Zeit genommen habt mir so lange zuzuhoeren. Was wuerdet ihr in diesem Fall tun ? Freue mich von euch zu hoeren. Anonyme (18)

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte,

dein Vater ist in einer Suchtspirale gefangen. Er hat seinen täglichen Trott und aus dem kommt er auch nicht raus. Er ist ja nicht nur ein Alkoholiker, sondern auch ein Workoholic. Dazu kommt wahrscheinlich noch, dass er einfach die Verhaltensmuster aus seiner Eltern-Kind-Beziehung weiter führt. Asiaten haben, ohne dass ich jetzt rassistisch bin, durchaus eine andere Art der Kindererziehung, gerade auch in früheren Generationen. Wir haben hier öfter Ratsuchende, die aus asiatischen Familien kommen und die genau wie du von Liebesentzug und mangelnder Aufmerksamkeit sprechen, ebenso von einer total verkümmerten emotionalen Schiene.

Für deinen Vater funktioniert das Leben so. Er arbeitet sich halbtot, überschüttet das mit Alkohol und falschen Freunden, einfach weil er nie wieder so leben will wie als Kind. Dass er dabei selbst grobe Fehler bei seinen Kindern macht, sieht er wahrscheinlich nicht. Süchtige tunneln gern, das heißt, sie nehmen nur das am Ende des Tunnels wahr (also einen sehr kleinen Bereich), während außen rum alles verwildern und zugrunde gehen kann - sie merken es nicht.

Um aus einer Sucht heraus zu kommen, bedarf es den absoluten Willen. Meist wird dieser durch ein schlimmes Erlebnis hervor gerufen, wenn der Süchtige ganz am Boden angekommen ist und nicht tiefer fallen kann. Vorher wird er jegliche Hilfe abweisen, so wie auch bei euch geschehen. Es funktioniert ja, warum also was ändern?

Eigentlich gibt es nur eine Möglichkeit, da etwas zu ändern und das wäre ein professioneller Familienhelfer vom Jugendamt. Warum nur dies als Möglichkeit?

Gegenwind von der Familie wird nichts bringen, außer Gewalt. Wenn er gewalttätig wird, könnt ihr davon ausgehen, dass, wenn ihr euch ihm entgegen stellt, er das auch weiter so tut. Zureden funktioniert ja nicht und sowas wie Alkohol wegnehmen funktioniert auch nie, denn Druck erzeugt immer Gegendruck.

Ihn komplett alleine lassen wollt ihr ja sicher auch nicht, obwohl das vielleicht sogar das Beste wäre, weil der Fall auf den Boden einfach viel steiler und schneller käme. Aber wer will das schon einem Familienmitglied antun.

Das Jugendamt ist für solche Fälle eigentlich der beste Ansprechpartner. Such dir bei Google die Adresse eures Jugendamtes raus (Jugendamt + den Namen deiner Stadt angeben, dann spuckt Google das Richtige aus. Solltet ihr keins haben, nimm die nächstgrößere Stadt) und geh einfach mal hin. Das kostet nichts, nur etwas Mut. Und dann lass dich dort beraten, wie du vorgehen sollst. Die sind genau auf solche Problemfälle geschult und wissen Rat. Vielleicht ist es das Beste, euch Kinder da aus der Familie rauszuziehen, vielleicht ist es aber auch das Beste, in der Familie zu sein und mit allen Familienmitgliedern kräftig zu arbeiten, damit ihr euch wieder eine Familie nennen könnt - oder zum ersten Mal überhaupt so nennen könnt.

Du hast Angst um deinen kleinen Bruder, aber die Verantwortung ist doch viel zu hoch für dich. Das solltest du gar nicht fühlen müssen. Daher hol dir Hilfe. Notfalls nimm deine Schwester mit zum Jugendamt, damit du nicht alleine dort hin gehst. Aber hol dir aktive Hilfe ins Haus, die die Situation wahrnimmt und dann Lösungen mit euch erarbeitet. Familienhelfer sind eine tolle Einrichtung. Sie werten deine Familie nicht ab, sie richten nicht über euch, sie kommen und helfen. Und die Hilfe ist meist wirklich gut und effektiv.

Ich wünsche dir den Mut, das mal vors Jugendamt zu tragen und einfach darum zu bitten, dir Hilfe zukommen zu lassen. Mach das, du wirst merken, dass eine riesen Last von dir fällt, wenn sich jemand eures Problems annimmt, der Ahnung davon hat.

Alles Liebe und VIEL Erfolg für die Zukunft euch dreien!

Dana