Problem von Marina - 15 Jahre

Mein Essverhalten ist gestört!

Hallo liebes KummerKasten - Team!
Ich hab mich nun lange selber mit meinem Problem beschäftigt und ich weiß wirklich nicht mehr weiter. Niemand weiß, wie er mir helfen kann, weder meine Familie noch meine Freunde! Ich weiß, dass ihr um mein Problem zu bearbeiten bestimmt 3 - 4 Wochen braucht. Dafür hab ich vollstes Verständnis ! Ich hoffe nur, dass ihr auch die Zeit findet, mein Problem zu bearbeiten!

Ich weiß gar nicht, wie ich mich richtig ausdrücken soll... In Kurzform: ich esse zuviel. Und damit mein ich wirklich ZU viel! Würde man mich bei meinem Essverhalten filmen, würde das unglaublich krank aussehen! Ich hab schon versucht es abzustellen, aber es gelingt mir einfach nicht. Ich hoffe ihr könnte mir irgendwelche Vorschläge machen!
Ich komme nach der Schule nachhause und esse zu Mittag. Wie jeder andere Mensch auch!! Der Unterschied kommt dann nach dem Mittagessen. Ich will nie sofort nach oben in mein Zimmer sondern will mich erst immer 'entspannen' von der Schule und so..blabla..
Allerdings ahtet mein ganzes Essverhalten dann völlig aus! Ich setz mich vor den Fernseher und esse. Ich esse so unglaublich viel, dass ich danach manchmal wirklich kaum noch laufen kann & fast kotzen muss. Danach fühl ich mich nicht besser, nein kein Stück ! Im Gegenteil! Ich hasse es, dass ich mich einfach nicht zusammenreißen kann.
Das Schlimme ist, es ist wirklich krampfhaft, wenn ich alleine bin. Wenn ich Stress habe esse ich ganz normal und fühl mich auch wirklich gut.
Natürlich wollt ihr mir nun ein Hobby oder eine Sportart raten, an der ich Spaß habe und mit der ich direkt nach der Schule beginnen kann..ja haha :( Ich wurde Dienstag (15. Mai) nun zum 3. Mal am Knie operiert & werde auch in Zukunft nur noch vereinzelte Sportarten ausüben können. Das wären dann, Fahrrad fahren oder Schwimmen..und das mag ich nicht, da ich zu viel esse hab ich natürlich auch ordentliches Übergewicht & werde so, wie ich jetzt aussehe sicherlich nicht schwimmen gehen..
Zu allem kommt nun auch noch meine Mutter, die die Beste ist. Sie unterstützt mich bei allem! Würde alles dafür machen, dass ich endlich mal glücklich bin und mich wohl fühle. Seit 2 Monaten hat sie mich nun bei WeightWatchers angemeldet. Eine wirklich gute Idee mit der ich wirklich einverstanden war, aber an deren Preis ich immer noch zu knacken habe!
Ich schaff es mit meinem Essverhalten einfach nicht..und Monat für Monat fließt das Geld weg und der Druck meiner Familie wächst. Ich habe so Angst sie zu enttäuschen, obwohl ich das tagtäglich tue.. und ich schäme mich dafür wirklich so sehr. Aber ich kann wirklich einfach nicht anders.
Noch nicht mal meine beste Freundin versteht micht.. alle raten mir einfach, das Frustessen sein zu lassen. Aber es funktioniert nicht.
Was ich mir von diesem Anschreiben erhoffe weiß ich selber nicht genau. Vielleicht positive Rückmeldungen..welche allerdings auch nicht lange Wirkung zeigen würden.
Ich will einfach, dass ich stolz auf mich sein kann.
Denn seit meiner Verletzung letzten Jahres geht es mir wirklich nicht gut. Ich bin einfach nicht zufrieden mit meinem Leben - und das mit 15. Ja wahrscheinlich kann man meine leichten Depressionen auch auf die Pubertät & die Hormone zurück führen, allerdings will ich so wirklich nicht weiter mein Leben verschwenden. Ich will einfach allen zeigen, dass ich mehr bin als die kleine fette von nebenan. Und ich weiß auch irgendwo in mir drin, wenn sich der Schalter in mir umlegt..schaff ich das auch! Aber alleine schaff ich das nicht. Ich schaff es einfach nicht.
Bekomme ich eine Tafel Schokolade geschenkt ist diese in 2 Minuten weg. Durch meine Operation am Dienstag wurde alles wieder verschlimmert.. Meine 3 Kilo die ich durch WW abgenommen habe sind nun wieder drauf.
Bitte helft mir! Sagt mir, wie ich da wieder rauskommen kann & bald mal wieder leben kann & nicht einfach immer vor mich hinvegetiere ! Denn es ist wirklich schrecklich. Meine Mutter leidet, mein Vater schüttelt nur verständnislos den Kopf & meine Schwester belächelt mich. Sie würden mich alle unterstützen und ich weiß das wirklich zu schätzen..
Aber ich brauche nun einfach nochmal ein Rat von einer Person die mich nicht kennt und alles von außen betrachtet!

Ich hoffe, man hält mich nun nicht für psychisch gestört..aber ich möchte einfach wieder glücklich, zufrieden und stolz auch mich selber sein!

Zum Abschluss möchte ich jetzt allen Arbeitern hier danken! Ich finde es wirklich klasse, dass ihr euch solche Mühe gebt..

♥ Marina :)

Dana Anwort von Dana

Liebe Marina!

Du hoffst, dass wir dich nun nicht für psychisch gestört halten. Aber was genau ist eine psychische Störung? Ist das etwas, das einen Menschen zum "Blödmann" abstempelt? Mit Sicherheit nicht. Es gibt massige psychische Störungen, viele Menschen haben eine oder mehrere...in unserer heutigen, aufgeklärten Zeit ist es doch nicht mehr so, dass man "aussätzig" ist, wenn man eine hat. Irgendwas läuft in Körper und Seele falsch - genau wie bei einer sonstigen normalen Krankheit. zB ist Fieber auch ein Aufbäumen des Körpers gegen Viren und Bakterien, dennoch ist es ja kein Normalzustand.

Du hast definitiv ein Suchtverhalten, Marina. Man sieht es an deiner Art zu essen, du selbst merkst, dass du weit weg von einem "normalen Verhalten" bist, also einer Ess-Art, die dem Großteil der Menschheit entspricht. Die Frage ist aber nun, wie man damit umgeht. Stempelt man sich selbst als Idioten ab und verschanzt sich vor der Welt oder geht man das Problem einfach mal an?

Dieses Langeweile- oder Frustfressen geschieht oft, weil man nicht ausgelastet ist, weil man gut zu sich selbst sein will und ein Ventil dafür sucht. Du schmeckst gerne, es ist quasi ein "Hobby", das übertrieben wird. In dieselbe Kategorie gehören zB auch Suchtgamer, die den ganzen Tag vor dem PC hocken, obwohl sie wissen, dass es einfach nicht gut für sie ist. Du weißt es auch, aber dein Verstand setzt für diese Zeit des Vollfressens dann aus. Und das ist ein eindeutiges Sucht-Zeichen, bzw ein Zeichen für eine Essstörung.

Das Gute ist, dass du eigentlich schon auf dem richtigen Weg bist, denn du hast angefangen, dich selbstkritisch zu betrachten und rufst um Hilfe. Dieser Schritt ist für viele eigentlich der schwierigste, weil die meisten es sich nicht eingestehen wollen, dass sie dieses Problem haben. Aber genau da muss es im Kopf klicken.

Und du hast NOCH etwas erkannt: alleine schaffst du das nicht. Im Prinzip hast du damit die beiden wichtigsten Grundsteine schon völlig alleine gelegt und dazu gratuliere ich dir.

Nun kommt ein Weg, der sehr steinig ist und der viel Geduld fordert. Das Problem: du musst ihn wirklich wollen! Bevor du nicht mit all deinen Fasern im Körper sagst: "ICH WILL!!!", kann ich hier erzählen und können dir alle Leute erzählen, was sie wollen, es wird nichts passieren. Du selbst musst sagen: Ok, nicht ab morgen, nicht ab übermorgen, ab JETZT. Und dann geht es los.

Es gibt verschiedene Schritte, die wichtig wären.

1. Hilfe von außen
Alleine schaffst du es nicht, das schaffen nur die Allerwenigsten, also schäme dich dafür nicht. Du hast ein Problem und brauchst Hilfe. Du hast schon den Mut gehabt, es zu benennen, so traue dich, den Weg weiter einzuschlagen. Hol dir Hilfe bei deiner Familie als Allererstes. Erkläre ihnen, was du vorhast, damit es mehrere Menschen in deinem Umfeld wissen und dich dabei unterstützen können. Es gibt zB immer mal wieder schwache Momente...und wenn deine Mutter liebevoll kommt und dich fragt, ob du den vollen Teller nicht lieber anders belegen möchtest, dann tut das auch gut und hilft. Außerdem hält man selbst länger durch, man will sich ja vor den Anderen nicht blamieren.

2. Ersatzbefriedigung
Du bist in einem Verhaltensmuster gefangen, das aufgebrochen werden muss. Wenn du von heute auf Morgen alles Süße wegsperrst und komplett kaum mehr was isst, wirst du nach einer Woche spätestens frustriert sein und rückfällig werden. Probiere zuerstmal, zu reduzieren und zu verändern. Lege zB erstmal nur gesündere Sachen auf deinen Teller. Ich liebe es zB, ab und an mal Radieschen und Paprika zu schnurpseln, das macht Unmengen an Spaß. Und das ersetzt die Chips völlig. Schokolade...man muss nicht drauf verzichten. Lass deine Mutter zB die Süßigkeiten verwalten und lass dir jeden Tag von ihr eine kleine Ration geben (was weiß ich, ein paar Stückchen), die du dann den Tag über verteilst - oder du lässt dir halt mehrfach am Tag nur ein Stückchen geben. Und dann werden es immer weniger Stückchen am Tag...gaaanz langsam. Und du wirst sehen, dass der Erfolg, wenn du mal "NEIN" zu einem Stück Schoki gesagt hast und der Stolz, den man dann empfindet, einem echt viel gibt. Man fühlt sich super.

Du selbst sagst, dass du weniger Fressanfälle hast, wenn du viel tust. Dann hau dir erstmal die nächsten Tage wirklich zu mit Dingen. Freunde besuchen, mit der Familie was machen, lernen in einer Gruppe...am besten immer etwas mit Menschen zusammen, damit du nicht alleine bist und dich die Langeweile nicht überkommt.

3. Sport und neue Ernährung
Diese beiden Punkte sind unerlässlich. Du brauchst definitiv mehr Bewegung und schwimmen wäre wirklich das ideale. Ich bin auch ziemlich rundlich und habe lange keinen Mut gehabt, mich im Badeanzug zu zeigen. Aber dann habe ich meine Mutter um Hilfe gebeten und mittlerweile gehe ich mit ihr jeden Morgen über eine Stunde schwimmen. Und das wirkt! Man bekommt Muskeln und wird fitter, der Stoffwechsel wird angekurbelt und man hat auch plötzlich nicht mehr so die Lust, sich ungesunde Dinge in den Mund zu stopfen. Du könntest zB auch in eurer Nachbarstadt ins Schwimmbad trainieren gehen, da kennt dich dann ja eher keiner. Du könntest Aquajogging machen oder Wassergymnastik, es gibt auch extra für Übergewichtige in vielen Städten Angebote, da wärst du dann nicht alleine mit deinem Problem. Ich kann dir da nur Mut zusprechen.

Aber wenn du dich wirklich nicht überwinden kannst, dann fang mit etwas anderem an. ZB geh jeden Tag für eine halbe Stunde stramm spazieren (ich habe mir dafür extra nen Hund geholt, jetzt müssen wir jeden Tag mehrfach raus :D ) und versuch, das dann zeitlich auszuweiten. Nimm dir dafür jemanden mit! Vielleicht eine Freundin, vielleicht hört deine Schwester mal mit dem Lächeln auf, wenn du sie um aktive Hilfe bittet und geht mit dir mal raus? Schließ dich einer Nordic-Walking Gruppe an, das ist auch sehr effektiv! Und vor allem: nichts alleine anfangen. Du hörst nach einer Weile sonst wieder auf, wenn keine Gruppe oder nicht wenigstens eine Person dabei ist. Man ist träge...und dann überlegt man "geh ich oder nicht..." und immer mehr heißt es dann "och neeee..."

So ein "Suchtprogramm" ist wirklich etwas, das man nicht alleine ansetzen sollte.

WW ist ja schön und gut, aber man ist den ganzen Tag am Rechnen und am Rumrätseln, wie man die austricksen kann. Dazu kommt, dass man den ganzen Tag nur ans Essen denkt und daran, was man "darf" und was nicht. Auch nicht so gesund. Allerdings schiebt WW einen schon mal in eine bessere Richtung, indem gesunde Dinge weniger Punkte haben als ungesunde. Trotzdem wäre eine richtige Ernährungsberatung beim Arzt mit Sicherheit eine gute Sache. Ich habe mich meinem Arzt damals anvertraut und der unterstützt mich total süß. Aber auch deswegen, weil ich es WILL.

4. Therapie als Begleitung
Ist mit Sicherheit eine gute Sache. Du hast viele Gedanken und Ängste im Kopf, die raus müssen, die verarbeitet werden müssen und gegen Hilfestellungen ausgetauscht werden könnten. "Wie überlebe ich meinen Alltag?" "Wie komme ich alltäglich klar?" "Was mache ich bei Rückfällen?" Es gibt so viele Fragen und so viele Unsicherheiten... dazu kommt ja auch noch, dass dein Selbstbewusstsein/dein Selbstwertgefühl sicher schon sehr gelitten hat. Und das braucht Stärkung. Ich kann dir also nur raten, dich mit deinen Eltern mal hinzusetzen und ihnen zu erklären, dass du SO nicht weiter machen möchtest. Hab den Mut, dich zu "outen", dir dein Problem wirklich auch öffentlich einzugestehen und aktiv um Hilfe zu bitten.

Sucht- und Verhaltenstherapie wäre sicher bei dir ein guter Start, da gibt es viele Fachleute für. Google einfach mit deiner Mutter mal nach Therapeuten in eurer Umgebung, dann macht bei ein paar einen Termin aus für ein Erstgespräch und dann schaust du, wer dir am besten zusagt. Das ist dein gutes Recht, du musst nicht den Erstbesten nehmen. Du kannst gucken, ob dir ein Mann oder eine Frau besser gefällt, wo du Vertrauen fassen kannst...und ich wette, deine Eltern werden dich sehr unterstützen, denn auch sie sind hilflos wie du.

Der allerwichtigste Punkt bist aber DU.
Nur DU hast das in der Hand. Nur DU hast dein Schicksal am Start. DU SELBST. Kein anderer hat die Möglichkeit, dir zu helfen, wenn du es nicht zulassen willst.

Und ich weiß, du kannst das. Nimm dein Problem und meine Antwort, steh JETZT vom Tisch auf und geh zu deinen Eltern, um mit ihnen zu reden. Schieb es nicht auf. Sammle einfach allen Mut und dann geht's los. Ja, der Weg ist anstrengend...aber bei jedem Kilo, das fällt, wirst du dich einfach nur freuen. Und es stärkt das Selbstbewusstsein total. Alles in allem wird die Anstrengung NUR Positives für dich bereit halten.

Auf gehts, Marina!

Fangt an und in ein paar Wochen oder Monaten erzählst du uns hier mal, wie es dir geht und ob du schon Erfolge verzeichnen kannst, ok? Wir sind sehr gespannt!

Dir alles Liebe und VIEL ERFOLG!!

Dana