Problem von anonym - 14 Jahre

Es geht rapide bergab..

Liebes Kummerkasten-Team.
Ich komm mir vor als wäre ich Untherapierbar. Ich bin seit 3 Jahren bei einem Psychologen, war vor einem Monat in einer Kinder -/ und Jugendpsychatrie für zwei monate uund drei Wochen und trotzdem geht es mir scheiße.
angefangen hat alles dass im November 2008 meine Mutter (zugleich meine beste Freundin) an Krebs gestorben ist. Ich versuchte es zwei Jahre lang in einer ambulanten Therapie zu verarbeiten doch vor einem halben Jahr hab ich das Ritzen angefangen. Anfangs nur leichte schnitte die kaum Narben hinterließen, jetzt sieht man allerdings jeden einzelnen Schnitt. Ich hab selbständig gemerkt dass es so nicht weiter gehen kann und ging in eine Klinik, aus dem Grund: 'nur' eine Trauerverarbeitung.
Allerdings habe ich dort drinnen festgestellt dass es mir schlechter geht als ich dachte: ich hab an mir die starken Stimmungsschwankungen bemerkt und sobald ich allein war bekam ich den drang zum ritzen,
vor gut einem monat bin ich jetzt entlassen worden und mir geht immernoch so dreckig.

jetzt meine Frage: sind dass anzeichen auf ''Borderline'' oder was ist los mit mir?

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte,

der Tod eines wichtigen und engen Familienmitglieds kann einen immer sehr stark in die Tiefe reißen. Bei dir glaube ich, dass der Tod deiner Mutter eher "Auslöser" für die ganze Misere war, die danach gekommen ist und nicht alleiniger Grund. Zusätzlich dazu bist du nun alleine, hast deine Gesprächspartnerin nicht mehr und wirst nicht mehr so aufgefangen wie vorher.

Ich habe dein Problem sehr aufmerksam gelesen und bin der Meinung, dass zwei Dinge falsch laufen.

1. wenn du aus einem Klinikaufenthalt und ambulanten Therapien kommst und nichtmal weißt, was dir eigentlich fehlt (deine Frage nach Borderline), dann ist das alarmierend, finde ich.
2. wenn ich so den Namen deiner email-Adresse lese, bekomme ich das Gefühl, dass du aber auch alles dran setzt, eine "leidende Figur" zu sein.

Ich fange mal mit Punkt zwei an, da der dir garantiert sauer aufstoßen wird. Er ist nicht böse gemeint! Absolut nicht. Es ist nur so eine Idee... Ich kenne dich ja nicht, ein Brief an uns reicht da ja lange nicht aus. Aber ich habe so den Eindruck, dass dieser schlechte Zustand gar nicht unbedingt behoben werden will, was dich betrifft. Du wählst email-Adressen, die genau diesen "seelischen Error" beschreiben, den du momentan durchmachst, du überlegst, ob du untherapierbar bist, also trägst du das auch nach außen.

Es wäre wirklich wichtig, dass alles in dir drin die Verbesserung auch will. Dass es dir ein Anliegen wird, deine Seele wieder in Einklang zu bringen. Stempel dich nicht als "funktioniert nicht!" ab, sondern kämpfe dafür, dass nicht nur beim Ritzen Erleichterung eintritt, sondern auch beim Vermeiden davon.

Wenn die Therapie bisher nichts gebracht hat oder zu wenig, dann wechsele die Therapeuten, versuche eine andere Klinik und stelle dich auch mal einem Psychiater vor. Psychiater sind ausgebildete Ärzte, die keine Gesprächstherapie machen, sondern die schauen, wie sie dir medikamentös helfen können. Auch wenn viele dann immer aufstehen und sagen: "Hey! Psychopharmaka sind böse und verändern dich!!!", das stimmt so nicht. Sie hemmen Botenstoffe, die eh nicht so stark im Körper vertreten sein sollten und lindern somit einfach den Druck, der auf dir lastet. Somit kann man dann ruhiger und besonnener an seiner Therapie arbeiten.

Ich möchte dir zur weiteren ambulanten Therapie raten. Eine Klinik ist immer etwas völlig anderes, weil kein normaler Alltag dabei ist. Du aber brauchst Stärkung für den Alltag, du musst lernen, was du tun kannst, wenn dich der Wunsch nach Ritzen überkommt, wenn du eine Trauer spürst, aus der du nicht rauskommst und so weiter. Dazu braucht es weitere psychologische Betreuung und ich möchte dir anraten, einfach mal ein paar Psychologen zu testen. Es gibt himmelweite Unterschiede und nicht jeder/jede ist für dich geeignet. Es ist wichtig, dass die Chemie stimmt, dass du dich öffnen und fallen lassen kannst und das Gefühl bekommst, hier ist jemand, der dir wirklich helfen kann. Eine gute, ambulante psychologische Behandlung und eine psychiatrische Wegbegleitung wären für dich sicher das richtige Paket. Und irgendwann kannst du die Medis absetzen und merkst, es geht auch ohne.

Ich würde mir sehr wünschen, dass sich deine email-Adresse in etwas mit "hope" drin ändert und dass du aktiv daran arbeitest, Herz und Seele wieder heilen zu lassen. Das ist nur möglich, wenn man selbst den absolut innigen Wunsch hat, dies durchzuziehen. Du bist 14, das ist noch sehr jung, aber ich habe den Eindruck, dass du es vom Intellekt und deiner vorigen Geschichte absolut hinbekommst, mit Unterstützung deiner restlichen Familie eine gute Therapie für dich zu suchen.

Hab Geduld. Nicht alles ist so schnell verarbeitet, aber man muss immer dran arbeiten, sonst gibt es Stillstand.

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute, viel Erfolg und das Durchhaltevermögen, das du dazu brauchst.

Alles Liebe,

Dana