Problem von anonym - 15 Jahre

mein vater, das arschloch

Hallo...

mein vater hat sich schon als ich noch klein war nicht um mich gekümmert, alles andere ging vor, freunde, vereine, andere familienmitglieder, ich kam immer irgendwo weiter unten, jedoch dachte ich mir nix dabei, weil ich dachte, jeder vater wäre so. Heute ist es nicht anders, bis auf das ich weis, das gute väter anders sind. da meine eltern geschieden sind sehe ich ihn und meine stiefmutter nur jedes zweite wochenende, in dieser zeit kümmert sich mein vater nicht um mich und meine kleine schwester (6 jahre alt). meine kleine schwester schickt er zu meiner oma obwohl das nicht nötig ist und bei mir geht er davon aus das ich einfach kleinlaut in mein zimmer gehe. auch das habe ich mir jetzt 4 jahre gefallen lassen. vor knapp 2 wochen ist mir dann der kragen geplatzt, als meine stiefmutter ihren geburtstag gefeiert hat. sämtliche verwandten wurden zum brunch eingeladen, außer natürlich uns kindern, also rief ich meinen vater an um den grund dafür zu wissen, seine ausrede: ich hatte zu viel zu tun, frag deine stiefmutter... wutentbrannt erzählte ich das meiner mutter, die abends dann noch mit ihm telefonierte in der er mich verantwortlich für mein nicht erscheinen machte, weil ich ja einfach so hätte vorbei kommen können. nun hatte ich einige gespräche mit meiner mutter, die mir einiges über die vergangenheit und erziehung meines vaters erzählte, und einer frau vom jugendamt. meine mutter und einige andere personen geben meiner stiefmutter die schuld daran, da sie (und ich auch etwas) der meinung sind, sie würde uns kinder loswerden wollen um ihre ruhe mit ihrem hund zu haben. nun überlege ich was ich tun soll, soll ich den kontakt zu meinem vater abbrechen oder nicht? soll ich es nicht tun? wenn ich es tue verzichte ich jedoch auf die materiellen vorzüge, mit deinen mein vater versucht sich meine liebe zu erkaufen, tue ich es aber nicht, muss ich damit leben das meine erwartungen nicht erfüllt werden. könnt ihr mir helfen?

Deniz Anwort von Deniz

Lieber Ratsuchender,

ich kann sehr gut nachempfinden, wie es dir gerade geht. Ich habe fast das Selbe durchgemacht, wie du. Meine Stiefmutter hat meinem Vater den Kontakt zu uns verboten, sodass ich ihn seit meinem dritten Lebensjahr kaum gesehen habe, manchmal Jahre nicht. Das belastet einen Menschen sehr, deshalb möchte ich dir helfen, eine Lösung für dein Problem zu finden und zu lernen, damit umzugehen.

Bevor du dich dafür entscheidest, den Kontakt abzubrechen, könntest du deinem Vater noch eine Chance geben. Wenn du das möchtest. Schreibe dir vorher auf, wie du von deinem Vater behandelt werden möchtest und was du gerne mit ihm machen möchtest (Kino, Sport, Ausflüge usw.) Dann bitte ihn, um ein Gespräch. Am besten bei dir zu Hause, da fühlst du dich sicherer. Wenn du mit ihm sprichst, versuche Formulierungen zu verwenden wie: Ich fühle mich von dir vernachlässigt, ich fühle mich nicht erwünscht, ich habe den Eindruck, meine Stiefmutter fühlt sich von uns gestört, ich fühle mich ausgeschlossen. Das ist besser als zu sagen: Du vernachlässigst mich, du willst uns doch gar nicht bei dir haben. Mit den "Ich habe das Gefühl"- Formulierungen drückst du aus, was du fühlst. Was bei dir ankommt, wenn er sich so verhält, wie er es tut. Und gegen das, was du fühlst, kann er nichts sagen. Sage ihm ruhig, dass du darüber nachdenkst, den Kontakt abzubrechen, weil das Verhältnis, das ihr zur Zeit zueinander habt, dir nicht gut tut, dass du aber an ihm hängst und es noch ein mal versuchen möchtest. Sage ihm klar, was du möchtest. Leg deinen Zettel bereit, dann vergisst du in der Aufregung und Nervosität nichts. Es heißt ja nicht, dass er alles, was auf dem Zettel steht, sofort erfüllen muss. Aber wenn ihr ohnehin nur jedes zweite Wochenende bei ihm seid, dann sollte er sich auch Zeit für euch nehmen. Ich müsst ja nicht jedes Mal einen Ausflug machen, es gibt so viele Dinge, die man auch daheim gemeinsam machen kann. Zusammen kochen, Gesellschaftsspiele, zusammen einen Film aussuchen und den dann gucken. Und miteinander reden. Über alles Mögliche. Du bist 15 Jahre alt und hast eine eigene Meinung zu allen möglichen Themen, es sollte ihn interessieren diese zu erfahren. Du hast Hobbys, Träume, vielleicht weißt du schon, was du später mal beruflich machen möchtest.

Du kannst ihm Bedenkzeit geben, ob er sich auf deinen Vorschlag einlassen möchte. Es wäre schön, wenn er sofort wissen würde, ja ich tue alles dafür, um das Verhältnis zu meinem Sohn zu verbessern, aber dein Vater hat sich jahrelang so verhalten, wie es ihm am besten gepasst hat, alte Gewohnheiten abzulegen, wird ihm nicht leicht fallen. Deshalb versuche auch ein wenig Geduld aufzubringen, wenn er sich darauf einlässt, am Anfang aber nicht sofort alles klappt und Friede, Freude, Eierkuchen herrscht. Allerdings muss er sich bemühen und du kannst ihm dabei helfen, indem du ihn dann fragst, wenn du bei ihm bist, ob ihr dies, das oder jenes machen wollt. Und wenn ihr dann ein schönes Erlebnis hattet, sag ihm das auch mal. War cool heute Papa, oder so in der Art. Lob spornt an weiterzumachen.

Wenn er sich nicht darauf einlässt, oder er sagt: jaja, mach ich, alles wird anders, und er zieht es nicht durch, dann überlege, ob du den Kontakt abbrechen möchtest. Er hat sich lange genug egoistisch verhalten und lass dir bloß nicht einreden, du hättest dich anders verhalten sollen. Wie zum Beispiel das mit dem Geburtstagsbrunch. Er ist der Vater, er der Erwachsene, er muss wissen, was richtig ist und wie er sich verhalten müsste. Er hätte zu dir sagen müssen: oh, das hat deine Stiefmutter wahrscheinlich vergessen, aber komm doch einfach noch vorbei! Ihr seid seine Kinder und ihr müsstet an erster Stelle stehen, er soll zu euch stehen, vor allem und jedem. Die materiellen Annehmlichkeiten, die der Kontakt zu deinem Vater mit sich bringt, sollten dich nicht davon abhalten, den Kontakt abzubrechen. Wenn du das machst, was ich dir vorgeschlagen habe und er ändert sich nicht, dann wird er sich wahrscheinlich nie ändern. Und er wird dich immer enttäuschen und verletzen und davor musst du geschützt werden. Du brauchst die Geschenke von deinem Vater nicht, du brauchst einen Vater, der sich um dich kümmert, der für dich da ist und von dem du dich geliebt fühlst. Zeig ihm: Ich bin nicht käuflich. Waren kann ich mir in einem Geschäft kaufen, echte Liebe nicht!

Wenn du den Kontakt mit deinem Vater abbrichst, wird das nicht einfach für dich werden. Wenn du merkst, du kommst nicht klar, hol dir Hilfe. Schäme dich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das heißt ja nicht, dass du in Therapie gehen sollst. Was ich damit meine ist, wenn dich das furchtbar mitnimmt, du unheimlich traurig oder böse bist, oder dich leer fühlst, kann es helfen, mit jemandem zu sprechen, der sich damit auskennt. Zum Beispiel jemand von Pro Familia. Es kann sein, dass du nur ein einziges Mal mit jemandem sprichst und du merkst, dass es dir damit schon viel besser geht und das wars. Jedenfalls bitte ich dich, den Schmerz über die Trennung von deinem Vater nicht in dir zu verschließen. Wenn du das nicht verarbeitest, wird dich das ein Leben lang begleiten. Das äußert sich dann in Dingen, wo du erst mal gar nicht weißt, dass es was mit deinem Vater zu tun hat. Bei all dem, was du und ich hier besprechen, gibt es nur ein Ziel: Du sollst ein glückliches Leben führen! Ich würde mich sehr für dich freuen, wenn dieses Leben mit deinem Vater wäre, aber wenn er dich ein Leben lang enttäuscht, wäre es besser, auf ihn zu verzichten.

Wenn du mal kurzfristig jemanden zum Reden brauchst, findest du hier immer nette Menschen, die dir gerne zuhören. Du kannst dort auch anonym bleiben.

Telefonseelsorge - 0800 - 1110111 oder 0800 - 1110222
(bundesweit, 24h am Tag, gebührenfrei, auf Wunsch anonym)

Kinder und Jugendtelefon - 0800-1110333
(Auskunftszeiten: Mo bis Fr 15.00 bis 19.00 Uhr, kosten- und gebührenfrei)

Kinder- und Jugendsorgentelefon - 0800 - 0080080
(kosten- und gebührenfrei)

Und wenn du noch Fragen oder über andere Probleme hast, über die du mit niemanden sprechen kannst, sind natürlich auch wir vom KuKa-Team für dich da!

Ich wünsch dir alles Gute!

Liebe Grüße
Deniz