Problem von anonym - 43 Jahre

heftige Probleme mit 14 jähriger

Hall Kummerkastenteam,

meine Freundin hat eine 14 jährige Tochter. Das Verhältnis ist inzwischen sehr erkaltet. Die Tochter macht meiner Freundin das leben zu Hölle. Bevor ich jetzt auf Einzelheiten eingehe - es hilft nichts. Werder Hausarrest, handy Entzug noch Laptop Entzug. Wenn sie reden versichert ihre Tochter, dass sie sich wieder "normalisiert" und wieder im Haushalt mithilft. Es ist aber so dass es zu dem Ohr reingeht und zum anderen raus. Nichts macht sie und im Gegenteil - sie macht zu viel. Haut heimlich ab, läßt sich einen riesen Ohrring stechen obwohl verboten, macht Kühlschrank mit Freundin leer und kauft nichts mehr ein usw................. Meine Freundin weiss sich keinen Rat mehr. Sie ist scho so weit dass se sich am Sa. gefreut hat, dass ihre Tochter die nä. 2 Wochen weg ist und dass kann ich gut verstehn. abschalten konnte sie trotzdem nicht weil sie ständig an die jetztige Situation denken muß. Ich kann ihr leider sehr wenig helfen, da meine Töchter noch nicht in dem Alter sind - bin so hilflos. Vielleicht habt Ihr gute Tips? VIELEN DANK mal!

Dana Anwort von Dana

Lieber Unbekannte!

Ich selbst habe noch keine Kinder, so ist es fast vermessen, sich an solch ein Problem zu wagen, dennoch möchte ich es gerne versuchen, da ich doch mit Kindern, gerade mit Jugendlichen, so einige Erfahrung durch meine Arbeit habe.

Ich habe mir das jetzt mehrfach durchgelesen, dieses Aufbegehren, dieses bewusste Ausreizen von Grenzen oder auch die Übertretung derselben...es klingt für mich persönlich nach einem absoluten Hilfeschrei der Tochter: "NIMM MICH WAHR!". Ich bin natürlich keine Psychologin, aber vielleicht sitzt hier einiges tiefer. Sie ist in einem schwierigen Alter, hat, wenn ich dich mit "Freundin" richtig interpretiere, eine Trennung ihrer Eltern hinter sich und muss mit neuen Situationen umgehen. Dazu kommt sicher, dass auch ihre Mutter, deine Freundin, mit den neuen Situationen umgehen lernen muss und dadurch auch viel Zeit für sich selbst braucht und natürlich auch für dich.

Selbst wenn die Trennung ihrer Eltern schon länger her ist und eure Beziehung schon eine Weile läuft, heißt das nicht, dass alle Wunden verheilt sind oder verarbeitet wurden.

Wir finden uns hier in einem Teufelskreis der Grenzüberschreitung (Tochter) und der Bestrafung (Mutter) wieder. Die Mutter versteht ihre Tochter nicht mehr, die Tochter will eigentlich etwas ganz anderes (nämlich Zuwendung) und sieht kaum eine andere Möglichkeit als sie sich auf diese Negativweise zu holen, ihre Mutter ist natürlich dann der "Ich-verbiete-dir-alles-Drache". Und aus diesem Teufelskreis gilt es auszubrechen.

Versteh das bitte richtig: das sind nur meine ganz persönlichen Überlegungen. Ich denke nach, warum das Kind sich so verhält, warum es die Mutter gerne bewusst schockt und sich um vieles nicht schert. Vielleicht ahmt sie damit etwas das Verhalten nach, das ihr entgegen kommt? Das ist eine unbewusste Sache. Wenn sie das Gefühl hat, die Mutter schert sich nicht um sie oder nimmt sie momentan nur als "notwendiges Übel" wahr, dann kann es passieren, dass man unbewusst genau dieselben Schalter umlegt und schon hat man eine total blöde Patt-Situation.

Ich möchte deiner Freundin daher gerne raten, ihr Kind mal zur Seite zu nehmen und gar nicht über die bestehenden Probleme zu reden. Es sollte bei dem Gespräch eher um folgendes gehen:
- ich liebe dich sehr, mein Kind.
- ich sehe, dass es dir momentan nicht gut geht.
- was für Wünsche hättest du, damit sich alles etwas normalisiert, damit es DIR besser geht?
- was würdest du dir von mir speziell wünschen?
- was könntest du dir vorstellen, zu dieser Mutterkindbeziehung dazu zu geben, damit es für uns angenehmer läuft?

und so weiter. Es sollte zukunftsgerichtet sein und vor allem sollte sich die Tochter mal wieder 100% angenommen fühlen. Sie muss merken, dass sie das Ein und Alles ihrer Mutter ist und nicht nur die, die ihre Mutter bis aufs letzte Haar nervt. Wo soll sonst die Motiation herkommen, es im gemeinschaftlichen Leben so gut wie nur möglich zu machen? Diese Negativ-Kreisläufe müssen ganz dringend aufgebrochen werden.

Das wird richtig schwer, weil da schon so harte Fronten gebildet worden sind, auch für deine Freundin. Sie muss erstmal einen Schritt zurück machen, auch wenn da Wut und Enttäuschung sind. Die Aufweichung dieser Fronten ist ein gutes Stück Arbeit und nicht immer fallen sich Mutter und Tochter sofort in die Arme und bereuen alles, was war. So leicht ist es leider nicht. Aber es wäre schön, wenn beide in der Lage wären, sich wieder mehr zu zeigen, dass sie liebende Mutter und liebende Tochter, dass sie FAMILIE sind.

Die Tochter muss das Gefühl haben: egal, was ich tue, ich kann damit IMMER zu meiner Mutter kommen. Da gibts dann vielleicht mal ein Contra, aber ich weiß, dass sie mich immer liebt. Das Urvertrauen fehlt anscheinend.

Gerne würde ich dir für deine Freundin im Zuzug dazu noch raten, einen Familientherapeuten aufzusuchen. Und zwar erstmal oder vielleicht insgesamt OHNE Tochter. Sucht euch einen bei Google ("Familientherapie" + Heimatstadt) und lasst euch einfach mal einen Termin geben. Vielleicht geht auch nur deine Freundin mal hin. Dort kann sie alle Fragen stellen, alle Probleme schildern und dort sind Fachleute, die sich damit bestens auskennen und sicher noch andere Ansätze haben als ich, die ich nicht aus Erfahrung mit eigenen Kindern sprechen kann.

Was ich aber aus Erfahrung mit meinen Schülern weiß: wenn sich die Fronten so richtig verhärten und keiner sich die Mühe macht, sie aufzuweichen, dann wird es immer schlimmer und schlimmer und kann auch zu einem wirklichen Vertrauensbruch führen, der die Beziehung total zerrüttet. Viele Kinder kommen zwar nach der Pubertät "zu sich" und alles entspannt sich, aber man muss auch bis zu der Zeit einiges an Arbeit hineinstecken, damit hinterher nicht das Gefühl kommt: "Du hast mich in der Zeit total alleine gelassen, immer nur geschimpft und nicht mit mir interagiert!"

Ein, zwei Sitzungen bei einem Familientherapeuten könnten da auch neue Ansätze ins Spiel bringen, deine Freundin könnte Tipps bekommen, wie sie mit solchen Situationen im Alltag umgehen sollte.

Ich wünsche euch, dass die Mühe, Offenheit gegenüber diesem momentan sehr schwierigen Kind zu behalten und alles dafür zu tun, dass es besser wird, euch belohnen wird.

Alles Liebe,

Dana