Problem von Jenny - 25 Jahre

Ich bin am Ende mit meinen Kräften, warum sind wir so?

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

ich schreibe euch heute, weil ich grad mal wieder auf der Arbeit sitze und keinen Kopf für die Arbeit hab, vor lauter Sorgen und Belastung und hoffe auf einen Ratschlag, wie mein Freund und ich unsere Beziehung zum Positiven ändern können.

Mein Freund 28 und ich 25 sind jetzt seit fast 1 Jahr zusammen. Kennengelernt haben wir uns, weil er mein Nachbar (Tür an Tür) war. Er hat damals mit seiner jetzigen Exfreundin dort gewohnt. Wir 3 lernten uns kennen und verbrachten viele Tage und Nächte miteinander, was heissen soll, durch die beiden kam ich zum Amphetamin-Konsum.

Kurzer Lebenslauf von meinem Freund: Trennung der Eltern im Kindesalter, Leben im Heim, während beide Elternteile neu heirateten und ein Kind bekamen, mit 16 Beginn von Alkohol und Drogen und Kriminalität, 4,5 Jahre Gefängis, dann lernte er seine Ex kennen, bei der er Geborgenheit suchte, sie ging ihm öfter fremd, übte Gewalt gegen ihn aus ( blutiges Gesicht). Sie misshandelte ihn seelisch und er war wie abhängig.

Kurzer Lebenslauf von mir: Trennung der Eltern im Kindesalter, Vater alkoholkrank, verstarb 2000, schwerer Autounfall mit 15 Jahren mit meinem ersten Freund, der dabei ums Leben kam, Traumberuf "Polizistin" wegen bleibenden Einschränkungen nicht mehr möglich, zweiter fester Freund mit dem ich 5 Jahre zusammen war, da mich öfter mit seinen Lügen verletzt hatte und am Ende mehr an Sexcams interessiert war als an der Beziehung, Misstrauen und Verletztheit, sowie Angst vor weiterer Verletzung entstand. Nach einer langweiligen Ausbildung zur Industriekauffrau machte ich Fachabi und arbeitete nebenbei als Pizzataxifahrerin, dann war die Schule beendet und kein Job in Aussicht und auch keine berufliche Zukunftsvorstellung. Ich vereinsamte immer mehr in meiner Wohnung.

Nun kam der Kontakt mit den Beiden, mein Drogenkonsum begann. Die Beiden hatten oft heftige Streitereien. Beide wurden gewalttätig, wobei er sich eher gegen ihre Angriffe wehrte. Im Drogen- und Alkohol Rausch schlug er Türen und Sonstiges kaputt. Ich freundete mich mit ihm an, nachdem er nachts, von ihr körperlich verletzt zu mir kam und wir merkten das wir beide einen gefühlvollen und ehrlichen Menschen suchen. Schon bald kam es zum Konflikt zwischen uns Dreien. Er musste dann nochmal für 6 Mon. ins Gefängnis, während SIE und ich uns vertragen hatten. Er kam wieder und ich wollte für ihn da sein, ihm auf die Beine helfen, ein normales Leben mit Arbeit zu führen.

Wir kamen zusammen und erst stresste sie uns mit Drohungen und ich hatte Angst das er noch an ihr hängt. Er suchte nicht so richtig nach Arbeit und trank ca ne Flasche Wodka nahezu jeden Tag. Ich zog bei ihm in einer 1Zimmer Wohnung ein, da ich nicht mehr ohne Angst neben ihr leben konnte, ich zahlte für uns beide. Irgendwann fand er einen Job, das ging auch zuerst gut, dann kam sein Lohn nicht pünktlich, die Schulden kamen. Wir mussten in meine Wohnung, er kam ohne Führerschein nicht zur Arbeit und suchte auch nach keiner anderen Stelle. Das ist nun 6 Monate her, er hat mittlerweile aufgehört zu trinken und will auch eigentlich ein normales Leben, bekommt aber den Hintern nicht hoch und ich mehr und mehr Sorgen und kleinere Schulden, die ich sonst nie hatte. Er stresste mich mit seinem extremen Misstrauen, was mittlerweile auch weniger wurde. Aber irgendwann gabs einen Zeitpunkt wo unsere Streiteren sich intensivierten. Er schlug Spiegel kaputt, hielt mich fest, wenn ich abhauen wollte. Schrie rum, so dass die Polizei kam. Und ich wurde immer schwächer mit der Zeit wegen all den Sorgen, Dauermüde, öfter krank.
Naja nun haben wir eine neue Wohnung, wo wir morgen einziehen, er hat immer noch keine Arbeit, und wenn ich von der Arbeit komme ( 3x von 8-19 Uhr, 2x von 8-12 Uhr) an einem langen Tag, hat er nichts für den Umzug vorbereitet. Ich bin überfordert mit allem, gehe arbeiten für Zwei, und dann pack ich nach einem 12Std Arbeitstag nachts Kartons während er tags nix oder wenig machte. Und er wundert sich, dass ich immer fieser zu ihm werde, und ihm sage, dass ich wegen ihm die Sorgen hab, weil er nix tut, weder Arbeiten noch sonst was. Dann sagt er, du kannst mich gar nicht lieben, so fies wie du zu mir bist, wenn du krank bist oder Prüfung hast unterstütz ich dich doch immer (was auch so ist). Warum bekommt er das alles nicht auf die Reihe? Warum lässt er mich so hängen, wenn er mich doch so liebt? ich bin kraftlos und leer und sehr traurig, weil die Momente in denen wir etwas unternehmen, mit die Schönsten in meinem Leben sind.

Das war jetzt bisschen viel und vielleicht auch verwirrend, aber ich bin wirklich mit mir am Ende meiner Kräfte.

Ich hoffe ihr habt einen Tipp für mich.

LG Jenny

Monika Anwort von Monika

Liebe Jenny,

du und dein Freund ihr habt beide schon einiges durchstehen müssen in euren bisherigen Leben. Da wundert es mich nicht, dass eure Beziehung auch nicht immer einfach ist.

Wenn man shcon als Kind traumatische Dinge erlebt, vielleicht auch nie wirklich erfährt wie es ist ein Beziehung zu einem anderen Menschen zu haben - wie soll man das dann als Erwachsener auf die Reihe bekommen?
Dein Freund ist im Heim groß geworden, hat früh Drogen genommen und ist in kriminelle Sachen verwickelt worden. Ich glaube nicht, dass er weiß was es heißt füreinander da zu sein, sich auf den anderen verlassen zu können, sich geliebt und geborgen zu fühlen. Ja vielleicht macht ihm solch eine Nähe sogar Angst, weil er sich immer nur auf sich selbst verlassen konnte.

Auch in deinem Leben war es ähnlich. Du hast auch viel Dramatisches erlebt, den Verlust deines Vaters und deines Freundes verkraften müssen. Da ist es nun mal schwer sich auf einen neue Person einzulassen und wieder zu hoffen dort Liebe und Geborgenheit zu finden und nicht wieder verlassen zu werden.

Aber genau das ist es auch was euch verbindet. Diese gemeinsamen Verlusterlebnisse, die dramatischen Erfahrungen und die Hoffnung einen Menschen zu finden mit dem alles endlich "gut" wird.

Das ist aber auch manchmal wie bei zwei Ertrinkenden die versuchen, sich gegenseitig zu retten. Das gelingt nicht wirklich, ihr zieht euch gegenseitig sogar manchmal noch weiter in die Tiefe, weil jeder selbst Hilfe nötig hätte.
Gibt es denn nicht Therapeuten, Freunde, Ärzte, Berater, die ihr aufsuchen könntet - getrennt voneinander - und mit denen ihr eure Erlebnisse aufarbeiten könntet? Sodass ihr dann gemeinsam mit Schwung und Elan und ohne den vergangenen Ballast in ein neues gemeinsames Leben starten könnt?

Ich glaube es wäre wichtig für euch beide erst mal mit eurer Vergangenheit klar zu kommen und eurer eigenes Leben auf die Reihe zu bekommen, bevor eure Beziehung richtig funktionieren kann.

Natürlich sollt und dürft und könnt ihr füreinander da sein und euch unterstützen. Aber retten könnt ihr euch nicht - das müsst ihr jeweils selber mit professioneller Unterstützung schaffen.

Daher denke ich auch dein Freund macht es nicht absichtlich. Er kann dich im Moment einfach nicht mehr unterstützen, weil er mit seinem eigenen Leben beschäftigt ist. Erst wenn er das wieder auf die Reihe bekommt kann er auch wieder für dich da sein.

Für mich hört es sich auch so an, als ob dich diese Beziehung sehr auslaugt, viel Kraft kostet. Du bist müde, gestresst, machst dir Sorgen um die Zukunft um eure finanzielle Lage etc. Das ist auf Dauer nicht gesund. Eine Beziehung sollte doch etwas erfreuliches sein - etwas aus dem man Kraft und Energie schöpfen kann - aber das kann dir dein Freund im Moment nicht geben, weil er eben selbst kraftlos ist.
Daher horch genau in dich hinein, ob und wie lange du noch Energie hergeben kannst bis du selbst am Ende bist. Pass ein bisschen auf dich auf - sosehr du deinen Freund liebst - aber ich habe das Gefühl er tut dir nicht wirklich gut und er muss sich erstmal selbst helfen lassen.

Viel Kraft und alles Gute
Monika