Anwort von Dana

Liebe Marie!

In deinem "Fall" gibt es nichts zu helfen, denn auch wir können die Zeit für dich nicht zurück drehen. Aber ich hoffe, ich kann indirekt helfen, indem ich dir deine Angst vor der Zukunft zu nehmen versuche. Das ist keine "Krankheit", von der du schreibst, kein "Missstand". Das, was du fühlst, ist die Angst, bald nicht mehr so unbeschwert sein zu können, wie du mal warst. Du siehst die Tatsachen, dass sich die Verantwortungen, Pflichten und die Arbeiten häufen, dass du lernen musst, dass man inzwischen schon in diesen jungen Jahren "wer ist", wenn man einen Freund hat - und die Suche nach einem Partner geht los, der Druck zwischen Mitschülern und so weiter.

Da möchte man doch nur zu gerne wieder in eine Zeit zurück, in der man einfach keine Verantwortung hatte, in der man befreit einfach spielen konnte - schlafen, essen, spielen, essen, schlafen...mehr war früher nicht nötig. Ich kann dich also verstehen, wenn du diese Gedanken hast, die Zeit umdrehen zu wollen und traurig bist, dass du das nicht kannst.

In meiner Antwort möchte ich dir gerne zeigen, dass man zwar vielleicht manchmal Angst hat, weil man nicht weiß, was einen erwartet, dass sich das Älterwerden, das Erwachsenwerden aber durchaus lohnt. Mal sehen, ob ich das hinkriege und es dir danach etwas besser geht. ;)

Als Kind hast du keine Verantwortungen (jedenfalls keine großen) und musst nicht lernen. Ok, das stimmt. Aber du bist meist nicht frei in deinen Entscheidungen, die Erwachsenen trauen einem noch nicht viel zu, alles muss mit ihnen abgesegnet sein, es gibt noch mehr Verbote, mehr Grenzen. Dazu kommt die Körpergröße, man reicht nicht überall dran, man wird gerne mal nicht für voll genommen und man weiß von der Welt noch nicht so viel.

Wenn man dann heran reift, kommen neue Verantwortungsbereiche, neue Pflichten, neue Probleme.

ABER: der Kreis dessen, was man tun darf, was man selbst erreichen kann, wie man sich entscheiden kann, wird viel größer! Du wirst viel selbständiger, das merkst du ja jetzt schon. Mit fünf Jahren hättest du noch nicht schreiben oder lesen können, mit fünf ist das Leben noch so eingegrenzt, weil einfach vieles noch fehlt. Das mag im ersten Moment verlockend sein, weil man sich dann keinen Kopf um alles machen muss - aber mal ernst: würdest du wirklich gerne darauf verzichten, lesen zu können? Einfach mal den Telefonhörer zu greifen und ne Freundin anzurufen? Einfach mal im Internet zu surfen? Einfach mal sagen zu dürfen: "So...ich geh mal...bis später!"? Das alles wäre früher nicht gegangen.

Je älter man wird, desto mehr Pflichten kommen, das ist klar. Es wird auch Momente geben, in denen dir alles über dem Kopf zusammen schlägt, auch das wird es geben.

ABER: das, was du tun und lassen kannst, wird immer mehr steigen, du wirst auch immer mehr Rechte bekommen! Du wirst immer gleichgestellter mit Erwachsenen, diese jugendlichen "Spielchen" werden irgendwann aufhören, man befasst sich mit deiner Person ernsthafter, nimmt das, was du sagst, wichtig. Es ist durchaus angenehm, gewisse Sachen dann zu dürfen, ohne dass einer dir über die Schulter guckt. Es ist toll, gewisse Entscheidungen selbst zu treffen (auch wenn man manchmal daneben liegt und die Mutter dann sagt: "HAAAB ich dir doch gesagt!!!"...ja, auch das wird es geben. ;)).

Ich glaube, diese Sehnsucht nach dem Kleinsein entsteht aus der Angst vor dem Großwerden. Das, was damals war, kennst du. Da weißt du, dass es eine schöne Zeit war. Die Zeit, die jetzt kommt, kennst du nicht. Das kann schon Angst machen. Ja, es wird sicher Verstrickungen und Stress geben, manchmal wirst du weinen, weil was nicht so klappt, wie du dir das gedacht hast. Aber du wirst auch aus voller Seele lachen, bis du nicht mehr kannst, du wirst Freundschaft ganz neu erleben, weil auch dein Umfeld älter wird, du wirst tolle Sachen machen dürfen (zB vielleicht mal eine Fahrt ins Ausland, ein Kinoabend mit Freunden, Übernachtungsparties,, später dann vielleicht mal ein eigener Urlaub, dann das Autofahren und so weiter), du erhältst tolle Chancen, wenn du fleißig bist und dein Leben auch nutzt.

Habe keine Angst vor der Verantwortung, die damit verbunden ist und den Problemen. Jedes Zeitalter eines Menschen birgt Probleme. Als Kind will man vielleicht Dinge tun und bekommt ein NEIN zu hören oder man will was aus dem Regal nehmen und kommt einfach verflixtnochmal nicht dran. Als Jugendlicher kommen die Probleme des Erwachsenwerdens, das ist eine schwere Phase, aber ich verspreche dir: du wirst das genauso schaffen wie es alle anderen tun. Bleib einfach offen in deinem Herzen und gesprächsbereit, dann ist das auch kein Problem. Und danach kommt die Zeit, wo du selbständig bist und komplett eigene Entscheidungen treffen darfst. Die erste Liebe kommt irgendwann dazwischen, der erste Liebeskummer vielleicht auch...aber all das sind Stationen, die auf dem Lebensweg dazu gehören und die DICH als Menschen ausmachen.

Wenn ich überlege, was ich beim Älterwerden auch alles für MIST gebaut habe... *lach*...und wieviel wirklich Schönes es gegeben hat. Und ich baue immer noch Mist und erlebe immer noch Schönes. Ich lache, ich weine...ich habe Probleme, ich habe Freuden und bin gerne noch verrückt und total superkindisch. Da ist auch nix Schlimmes dran.

Hab keine Angst, Marie, das Älterwerden ist eine tolle Sache. Mit fünf Jahren war die Welt auch nicht mehr in Ordnung, als sie es heute ist. Alles verschiebt sich, du kannst nicht alles vorher einschätzen...aber es wird eine tolle Zeit.

Ich wünsche dir, dass du sie genießen kannst, dass du nicht nur die Probleme, sondern auch und vor allem das SCHÖNE siehst. Für mich persönlich hat sich das Älterwerden gelohnt...und lohnt sich noch. Ich hoffe, dass du das in zwanzig, dreißig Jahren auch sagen kannst. :)

Alles Liebe für dich, Marie,

Dana