Problem von Frederic - 23 Jahre

Schuldgefühle nach der Trennung

Liebes Kummerkasten-Team,
Ich würde euch gerne von meiner Beziehung zu meiner Exfreundin erzählen, um Probleme mit mir selbst und um das Gefühl, alles falsch gemacht zu haben um endlose Streitereien, die selbst jetzt nicht abebben, im Gegenteil, die mich immer mehr fertig machen.
Ich habe vor 1 1/2 Jahren dieses Mädchen kennengelernt, ein Jahr älter als ich, das mit mir studiert, das mich so von den Socken gehauen hat, dass ich alles für sie stehen und liegen lassen habe. Sie ist wunderschön, super intelligent, sehr wortgewandt, unternehmungslustig,... und wir haben uns ineinander verliebt. Wir kamen beide aus gescheiterten längeren Beziehungen, mit denen wir beide auch noch nicht wirklich abgeschlossen hatten, das war das erste Problem an der Sache. Im Studienalltag haben sich dann einfach Situationen ergeben, die für uns beide Neuland waren, sie war genervt von mir, ich war genervt von ihr. Ich bin der, der vieles locker nimmt, sie ist Perfektionistin, ihr Studium geht ihr über alles, die letzten 2 Monate jedes Semesters konnte sie sich kaum auf mich einlassen, jeder "Fehler" den ich machte, wurde bestraft. Mit Liebesentzug, Funkstille. Für mehrere Tage. Fehler waren zum Beispiel die falsche Wortwahl in Diskussionen, das falsche Verhalten, gleichzeitig hatte ich aber immer das Gefühl, dass ich noch nie so viel für jemand gemacht hatte wie für sie. Dazu kamen ständig so Sätze wie: "Mein Exfreund hätte das jetzt so und so gemacht", "Mein Exfreund würde jetzt..." und gab mir damit das Gefühl nicht gut genug zu sein. Ich habe ihr das in diesem Jahr mehrmals gesagt, sie sah es auch ein, aber verändert hat sich daran bis zum Schluss nichts. Ich war immer Schuld, wenn was blöd lief. Wenn wir die Bahn verpassten, wenn ich das falsche Essen kaufte, wenn ich mal meine Sachen durchziehen wollte und ihr das nicht in dem Kram passte. Das gipfelte insgesamt drei mal darin, dass sie unsere Beziehung beenden wollte. Weil ich mal nicht zurückstecken wollte, weil ich gesagt hab "nein, deine Meinung akzeptiere ich dieses mal nicht, ich mach das jetzt, wie ich das will". Das Ende vom Lied war, dass ich eigentlich immer wieder angekrochen kam und gesagt habe, dass mir das alles Leid tut, dass ich Schuld war. Ich nahm diese Schuld also an, mir blieb ja auch garnichts anderes übrig als verliebter Junge. Diese ganze Situation, das Verliebtsein, aber gleichzeitig auch das Bewusstsein, dass da irgendwas gewaltig schief läuft, das Gefühl ständig abgehetzt zu sein, die Angst (!) ständig in einen Streit zu geraten, den man garnicht will hat bei mir letztendlich denke ich dazu geführt, dass ich in eine echte Depression gefallen bin und hatte Ende letzten Semesters einen Hörsturz, warum weiß ich nicht, Stress eben. Ich habe Medikamente genommen, in einer Psychoanalytischen Therapie bin ich immernoch. Am Anfang ehrlich gesagt nicht im Wissen, dass das wegen dem Beziehungskram ist. Das hat sich aber mit der Zeit für mich herausgestellt.

Das Problem an einer Psychoanalyse ist, dass man zwar für sich das Problem erkennt, aber eigentlich nicht lernt, wie man damit umgeht. Es folgten stümperhafte versuche meinerseits, meiner (Ex)Freundin zu erklären, warum es mir so schlecht geht. Dass es mit ihr zu tun hat, "weil wir nun mal so oft streiten und so." Das folgte zu weiteren Streits, zu versöhnung, zu Streit, zu versöhnung, immer war mir die Versöhnung wichtiger, als am Grund des Problems zu arbeiten. Aber irgendwie war dann das Maß voll.

Nach diesem Horrorsemester war ich völlig ausgelaugt, die Tabletten haben zwar geholfen, aber das Problem war für mich nicht beseitigt. Wir waren noch zusammen mit Freunden ein paar Tage unterwegs, wir waren im Musical, im Schwimmbad, haben gekocht, aber irgendwann habe ich gesagt, dass ich gerne nach Hause wollte. Daraufhin kam es wieder zum Streit, weil ja nun endlich mal Zeit war, was zusammen zu machen, zumal sie zwei Wochen später zu arbeiten anfing. Sie ist daraufhin völlig außer sich nach Hause gefahren, war wütend. Ich genauso. Daraufhin habe ich den folgenschweren Entschluss gezogen, die Beziehung zu beenden. Per Telefon. Das war falsch. Das weiß ich, das wusste ich schon während des Gesprächs. Ich weiß nicht, warum ich diesen Weg gewählt habe, es war wohl der einfachste und es musste raus. Mir ist regelrecht der Kragen geplatzt. Es war kein 10-minuten-und-auflegen-gespräch, es waren 2 Stunden, aber trotzdem war es falsch.

Und nun war ich wirklich Schuld. Schuld wie es ausgegangen ist. Sie war natürlich total fertig, ich denke sie hatte trotz allem nicht mit diesem Schritt gerechnet, da es auch zuvor irgendwie wieder etwas entspannter war, wegen den Semesterferien. Trotzdem war es wiegesagt eine halb-bewusst-halb-aus-dem-affekt-heraus-Entscheidung. Und dann macht man natürlich auch alles falsch. Sie sagte daraufhin ich solle mich fernhalten von ihr, was ich auch gemacht habe. Was natürlich auch wieder falsch war, denn ein weiteres ausführliches Gespräch wäre unabdingbar gewesen. Seit dem bin ich natürlich das A*** der Nation: Sie ist furchtbar, furchtbar wütend auf mich. Nennt mich vor gemeinsamen Freunden einen Psychopath, den größten Fehler, den sie je gemacht hat. Und ich sehe es auch noch ein, denn es war einfach gemein von mir, so schluss zu machen - so nehme ich das jetzt auch wahr.
Ich habe gehofft, dass das die Anfangsenttäuschung ist, zwei Monate sind seit dem vergangen, aber an der Situation hat sich nicht viel verändert. Sie möchte kein Wort mit mir reden, möchte dass ich wegbleibe, man erfährt nur sachen über gemeinsame Freunde, weiß der Teufel was die über mich denken. Sie sagt, dass sie der Meinung ist, dass die Depression genetisch bedingt wäre bei mir und ich deshalb jetzt versuchen würde Schuld bei ihr abzuladen, "das wäre typisch für solche Menschen". Leider ist ihr Vater auch noch Arzt, was soll ich da entgegensetzen? Vielleicht hat sie recht und ich werde ein Leben lang Medikamente nehmen müssen, immer wieder. Das einzige was ich weiß ist, dass es für mich die Richtige Entscheidung war, aber der falsche Weg, diese durchzusetzen. Ich brauche keine Tabletten mehr, fühle mich nicht mehr unter Druck gesetzt.

Ich ärgere mich einfach am meisten über mich selbst. Dass ich es nicht geschafft habe klar zu bleiben, dass ich mich davon hab beeindrucken lassen, dass man immer auf der Kippe zur Trennung steht, wenn man seinen Weg gehen wollte. Und darüber dass es nun nur noch darum geht WIE das ganze abgelaufen ist und nicht WARUM. Dass ich jetzt wirklich der Schuldige bin. Dass ich es vielleicht nie wieder gut machen kann. Dass wir vielleicht nie wieder halbwegs miteinander klarkommen, denn das sollten wir. Wir studieren zusammen, haben die gleichen Freunde, die ich auch brauche in einer sonst fremden Stadt. Ich ärgere mich nicht nur, ich bin einfach schwer von mir selbst enttäuscht und halte mich für einen Versager, was mich wieder in diese depressive Stimmung zieht, wenn ich nicht aufpasse.

Liebes Kummerkasten-Team, vielleicht habt ihr einen Ratschlag, wie ich mit der Situation umgehen soll, ich wäre euch sehr dankbar! Allein dieses Auflisten hier hilft mir momentan, deshalb jetzt schonmal danke!

Monika Anwort von Monika

Lieber Frederic,

ich habe das Gefühl du bist in diesem Fall sehr streng zu dir selbst.

Eine Beziehung zu beenden ist nie leicht und du hast es dir auch nicht leicht gemacht. Du hast immer wieder zurückgesteckt, nachgegeben und versucht einen Weg zu finden. Nur die ständigen Streitereien haben dich fertig gemacht.
Deswegen hast du dann die Konsequenz gezogen und Schluss gemacht.

Na gut am Telefon - das ist vielleicht wirklich nicht die beste Methode. Aber ich kann mir vorstellen es hat so sein müssen. Der Affekt, der Wut, der Ärger, das nciht lange Überlegen sondern einfach tun - sonst hättest du es vielleicht nie übers Herz gebracht und immer wieder versucht Kompromisse zu finden.

Lass dir doch jetzt nicht von ihr ein solch schlechtes Gewissen einreden! Wenn sie noch ein Gespräch gewollt hätte, dann hätte sie doch auch auf dich zugehen können!

Du hast getan, was du für richtig empfunden hast. Die Beziehung hat dich körperlich und seelisch an deine Grenzen gebracht - und eine Beziehung sollte doch was Schönes sein. Deshalb musst du auch kein schlechtes Gewissen haben.
Natürlich ist es nach einer Trennung erstmal schwer. Versuch deine Freunde zu treffen und sie auch deine Sicht der Dinge wissen zu lassen. Sie sind auch deine Freunde und wissen, dass du kein Unmensch bist. Vielleicht wissen sie auch wie eure Beziehung gelaufen ist und können dich sogar ein bisschen verstehen.
Igel dich auf jeden Fall nicht zu Hause ein! Eine Trennung ist immer schwer zu verarbieten und vor allem, wenn du sowieso schon nervlich angeschlagen bist brauchst du jetzt die Unterstützung deines Umfelds.
Dass sie wütend und verletzt ist und dich jetzt erstmal zum Teufel wünscht ist nach einer Trennung auch verständlich. Sie hat dich gern gehabt und sich auch einen anderen Ausgang gewünscht. Aber sie wird sich beruhigen und dann auch alles wieder mit enutraleren Augen sehen können.

Wenn es dir wirklich sehr im Magen liegt und du das Bedürfnis hast dich zu entschuldigen und ihr zu sagen, dass du dir einen normalen Umgang miteinander wünschen würdest, dann schreib ihr doch einen Brief. Erklär ihr deine Sicht der Dinge, ohne dass du Angst haben musst unterbrochen oder beschimpft zu werden.

Ganz wichtig zum Schluss: DU BIST NICHT SCHULD! Zu einer Beziehung gehören immer zwei und wenn sie nicht funktioniert dann hat das auch nicht einer alleine zu verantworten.

Alles Gute
Monika