Problem von anonym - 16 Jahre

Mein Leben gleicht der eines scheiterhaufen

Hey Kummerkasten,

Ich habe seit Langer zeit ein Problem, was mich sehr sehr beschäftigt. Ich habe das Gefühl, geistig "weiter" zu sein als meine Gleichaltrigen Mitmenschen. Dieses Problem belastet mich sehr, denn so habe ich viele Fehler im Leben gemacht. Zum einen wäre dort, dass ich mit 15 aufgrund Selbstzweifel die Schule abgebrochen habe und dadurch mich komplett von der Außenwelt abgekapselt habe. Ich habe so gut wie keine Freunde mehr. Nur meine Mutter, meine Schwester sowie deren Freund als sozialen Kontakt. Diese Personen sind so ziemlich die wichtigsten die Einfluss auf mich hätten.

Zudem kommt, dass ich eine extrem schlechte Kindheit hatte. Bereits im Kindesalter lief alles schief. Damals tobte ich mit 3 oder so, auf dem Bett meiner Schwester herum. Sie ist 7 Jahre älter als ich, ihr könnt euch also denken wie sie mich dementsprechend behandelt hatte. Sie schubste mich von dem Bett, ich flog direkt mit meinen Zähnen auf eine Tischkante. Die Milchzähne wurden sozusagen in den Kiefer wieder hineingepresst. Dadurch waren viele bleibende Zähne missgebildet. Bis zum meinen 12 Lebensjahr hatte ich extrem schlechte Zähne. Von abgebrochenen Stummeln bis zur schwarzen stumpen, alles war dabei. Ich konnte nie richtig lächeln, ich schämte mich dafür. Jetzt habe ich keine Verfaulten Zähne oder derartiges mehr, dennoch hat es mich bereits früh geprägt.

Als ich 6 Jahre alt war, trennte sich meine Mutter von meinen leiblichen Vater und zog mit mir und meiner Schwester nach Schleswig-Holstein. Ursprünglich habe ich in Hessen gewohnt. Ab diesen Zeitpunkt war mein Leben zum scheitern verurteilt. Meine Mutter hat sich bereits recht früh immer häufiger und heftiger mit meinen Stiefvater gestritten. Es kam sogar schon zur Körperlichen auseinandersetzung zwischen den beiden. Dazu kommt, dass meine Mutter ein Alkoholproblem hat. All dies habe ich, so würde ich sagen, recht gut verarbeitet und das ist aus meiner ansicht nach kein Problem mehr. Trotzdessen hat mein Leben darunter stark gelitten. Ich habe nie irgendwelche Regeln bekommen wie z.B ab wann ich ins Bett gehen soll, oder ab wann das Internet mal deaktiviert wird und und und.. ( klar, kleinere zeiträume, aber ich wusste wie man sie umgeht). Ich war nie ein Rebellischer Junge, der sich den Regeln seiner Mutter widersetzt hatte.

Heute bin ich ein Junger Mann, der keinen Schulabschluss hat, keine Freunde, keine Perspektiven. Ich habe soviele Fehler gemacht, Fehler die man nie hätte begehen können.

Es gibt nichts, was mich aufbauen könnte. Ich habe ich soo lange nicht mehr in ein Mädchen verliebt, wie denn auch, wenn man keine Kontakte zur anderen findet, die im gleichen Alter sind. Ich bin einfach "weiter" als sie. Ich verhalte mich Reifer, ich albere nicht rum, denn das finde ich nicht mehr lustig. Ich verstehe mich nur mit Leuten die 10 Jahre älter als ich sind gut. Menschen die schon Erfahrung haben, die nicht gleich jemanden ablehnen und wissen worauf es ankommt, das ist so mein schlag von Mensch.

Dadurch das ich keine Schule habe und keine Arbeit, auf denen ich auf andere Gedanken komme, ist es noch umso schlimmer für mich. Ich sitze nur zuhause isolier von der außenwelt herum und sehe wie jeder Tag davon geht und ich Älter und Älter werde und NICHTS passiert. Ich habe keine Lust mehr auf Schule, dass sage ich ganz offen und ehrlich. Mein Traum wäre, mich Selbständig zu machen. Dafür hätte ich auch den richtigen Plan, aber mir fehlt das Startkapital.

All diese Probleme und diese aussichtslosigkeit machen mich stark Depressiv. Ich habe mehrfach über Selbstmord nachgedacht. Ich habe bereits schon einmal versucht einen Abschiedsbrief zu schreiben und mich mit Schlaftabletten und Alkohol zu Töten, aber mir haben auf gut Deutsch gesagt die Eier dazu gefehlt.

Ich hoffe ihr hättet einen Rat für mich, wie ich wieder anschluss zur Gesellschaft finde und wie ich mit meiner Geistigen Reife auch bei Gleichaltrigen Menschen nicht sofort auf ablehnung stoße.

Danke für alles.


Dana Anwort von Dana

Lieber Unbekannter,

ja, du schreibst tiefsinnig, etwas, das nicht nur gerne mal unserer Jugend abhanden kommt. Menschen, die einen gewissen Tiefgang haben und dazu noch "sensibel" sind (empfindsam und Schwingungen auffangend), haben da öfter mal ein Problem, da sie sich nicht verstanden fühlen und wenige Gesprächspartner finden. Dazu noch die Probleme deiner Kindheit, die deiner Psyche viel Schaden zugefügt haben, auch wenn du verarbeitet hast, wie du sagst...das alles ergibt dieses Bild, das du jetzt selbst von dir hast und die Situation, in der du steckst.

Du schreibst, dass du einen Ausweg daraus suchst, dass es so nicht mehr weiter gehen kann, da stimme ich dir voll zu. Dass du nicht "die Eier" zum Selbstmord hattest, zeigt zweierlei:
1. dir geht es schlecht, du suchst wirklich einen Ausweg.
2. dein Leben ist dir doch wichtig genug, es nicht einfach zu beenden. Wäre es das nicht, hättest du den Abschiedsbrief fertig geschrieben und genug Tabletten genommen.

Du möchtest nach Hilfe suchen - und das hast du hiermit schon mal angefangen.

Das, was ich dir aber jetzt sage, wird dir wahrscheinlich überhaupt nicht passen. Ich entschuldige mich jetzt schon mal dafür, aber wir schreiben hier unsere Meinungen und Ansichten und meine Meinung ist völlig klar.

Arschtritt und wieder ab in die Schule!!! Verdammt...
Warum?
Weil an dir ein cleverer Kopf flöten gehen würde!
Du bist ein Mensch, der den Grips hat, vielleicht wirklich etwas zu bewirken. Du hast die Fähigkeit der Reflektion und könntest durchaus etwas erreichen. Und du schneidest dich selbst ab! Du merkst doch selbst, dass dein Leben SO auf keinen Fall sinnvoll ist und du willst ihm Sinn geben. Eine "Idee zur Selbständigkeit" im Beruf ist ein netter Traum, aber so läuft das hier leider nicht. Die wenigsten bekommen das hin - du selbst sagst, dass dir dazu das Basiskapital fehlt. Ausbildung ist hier in Deutschland das A und O.

Wahrscheinlich wird es so sein, dass du wieder mit deinen Klassenkameraden null auskommst oder kein Interesse an ihnen hast. Möglich. Aber das war bei mir als Schülerin ähnlich. Ich bin Musikerin (klassisch vor allem) und das war "out". Das Schöne ist aber: wenn man die Schule fertig hat und anfängt, sich zu spezialisieren (Studium, Ausbildung), kommen plötzlich Menschen auf einen zu, die vom gleichen Schlag sind. Und das ist mehr als toll. Plötzlich ist Akzeptanz da und auch du kannst andere akzeptieren.

Ich bin mir jetzt nicht sicher, ab wann eine Schule sagt: "Nee, bei uns leider nicht mehr!", das passiert ja, wenn man ohne Abschluss abgeht. Aber ich weiß aus Erfahrung, dass es Schulen gibt, die jemanden, der wirklich möchte, nochmal aufnehmen. Und wenn nicht: warten, bis du 18 bist und dann auf ein Kolleg gehen, Abschlüsse nachholen und dein Leben gestalten!

Das Schlimmste ist doch (das spüre sogar ich als Fremde, wenn ich das lese), dass so ein heller Kopf wie du "vor die Hunde" geht. Da ist so viel Material, das genutzt werden könnte...und nicht genutzt wird. Du selbst bist fast verzweifelt, weil du merkst, dass hier jegliche Perspektive fehlt. Also gib dir wieder welche! Und das geht meiner Meinung nach nur, wenn du doch nochmal die "Backen" zusammen kneifst und dir eine gewisse schulische Reife holst. Und ZU niedrig sollte die nicht sein, weil du sonst in ein "berufliches Klientel" rutschst, das für dich genauso unpassend ist wie die Schulgemeinschaft bisher.

Ich habe einen Bekannten, der wirklich überintelligent ist. Seine Eltern haben ihn damals zu einer Schlosserlehre gezwungen. Er ist NIE wirklich glücklich geworden, weil sein Umfeld einfach nicht zu seinem Intellekt passte. Er konnte an seinem Arbeitsplatz mit niemandem reden, er war 28, depressiv, schwarzdenkend... dann arbeitslos. Nix ging mehr. Ich habe ihm geraten, da er sehr politisch interessiert war, mal zu schreiben. Wir haben zusammen dann ein Blog eingerichtet. Inzwischen ist das ein Blog, auf das jeden Tag zT 3000 Besucher kommen und er schreibt am dritten Buch. Die ersten beiden sind erfolgreich verlegt.

Es geht also, wenn man sich rauswurschtelt. Aber wenn man da sitzt und einfach nur Frust schiebt, seinen Intellekt verkommen sieht...dann wird das nix, das siehst du schon richtig. Du musst in die richtigen Kreise, aber da ist einfach etwas Geduld und Arbeit nötig. Mein Arschtritt an dich vorhin ist einfach aus dem innigen Wunsch geboren, dich auf einem Weg zu sehen, der dich nach vorne bringt! Der dein Potential ausschöpft! Der es schaffen könnte, dich später zufrieden und glücklich zu machen! Alles andere sind Notlösungen oder gar keine Lösungen. Du wirst nicht glücklich, wenn du rumdümpelst, das bist du doch jetzt schon nicht.

Ich würde dir zu folgendem raten:

Such dir eine Schule aus, irgendeine, an der du nicht schon warst. Lass dir einen Gesprächstermin beim Direktor/Zweigleiter geben und trage dein Problem vor. Ich weiß, dass es Schulen gibt, die solche Ausnahmen machen. Noch bist du nicht ZU alt. Wenn das für dich ein Problem ist (weil du dann natürlich älter als deine Mitschüler sein wirst), überlege, was du in diesen zwei Jahren, bis du 18 bist, für Jobs machen kannst, um Geld zu verdienen und schreib dich dann in einem Kolleg ein. Kollegs sind gefördert, man bekommt elternunabhängiges BAföG und meist gibt es angeschlossene Wohneheime. Es gibt sie nicht in vielen Städten, aber in einigen. Einfach mal googlen unter "Schulabschluss an einem Kolleg nachmachen" oder insgesamt "Schulabschluss nachmachen". UND: dort sind alle möglichen Altersklassen vertreten. Du wirst mit 18 eher der Jüngste sein. Und es ist NICHT so, dass das irgendwelche verkrachten Existenzen sind, die nun wieder auf den Weg zurück wollen. Es sind kluge Menschen, die vielleicht auch einfach EINEN falschen Schritt gegangen sind, eine falsche Entscheidung getroffen haben.

Das Gute, zu der neuen Bildungsmöglichkeit dazu: du müsstest mal RAUS aus dem, was du jetzt hast. Alltagsroutinen sind meist sehr hinderlich, wenn man vorankommen will.

BITTE, lieber Unbekannter. Lass dein Potential nicht so versauern! Komm aus dem Stuhl, lass das Grübeln und tu was für dich. Setz deiner Perspektivlosigkeit ein Ende. Du wirst merken, dass, sobald Bewegung reinkommt, es dir viel besser geht. Automatisch. Die Psyche hängt nur durch, weil sonst alles durchhängt. Und das hast du weder verdient noch sollte das so bleiben.

Ich kann es dir nur dringend nahelegen. Komm, raff dich auf! Am besten gleich. Auch wenn du jetzt vielleicht Angst bekommst und dich lieber zurück ziehen wollen würdest...in ein paar Jahren - und das WEISS ich - wirst du da sitzen und denken: "Gut, dass ich damals den Hintern hoch gekriegt habe".

Alles Liebe,

Dana