Problem von anonym - 14 Jahre

Trichterbrust

Hallo liebes Kummerkasten-Team,
Ich bin Lilli, 14 und habe eine asymetrische Trichterbrust. Ich werde im Januar in Wien operiert...
Ich kann einfach nicht mehr! .. ich kann mich nicht mehr selbst im Spiegel anschauen, da ich einfach einen extrem verkrüppelten Brustkorb habe .. zudem habe ich extrem kleine Brüste (nicht mal 70A) .. Mein Freund (17) mit dem ich seit 2 Monaten zusammen bin, weiß nichts von meiner Trichterbrust .. er will aber bald mit mir schlafen .. & ich eigentlich auch mit ihm .. aber ich schäme mich so sehr für meinen Brustkorb ..
Ich kann einfach nicht mehr! Ich denke öfters darüber nach mir mein Leben zu nehmen .. es macht einfach alles keinen Sinn mehr .. ich will nicht mehr!

Was soll ich tun?

Dana Anwort von Dana

Meine liebe Unbekannte.

Zuerstmal: warum willst du dir das Leben nehmen, wenn im Januar eine gute und wichtige OP ansteht, die dir einiges lindern wird? Du hast eine neue Chance vor dir und kannst dich nicht drüber freuen? Das ist sehr schade und zeigt, wie verzweifelt du mit diesem "körperbaulichen Unterschied" bist. Das tut mir sehr leid.

Diese Verformung des Brustkorbs ist natürlich gerade für eine Frau äußerst unschön und ich kann natürlich als gesunder Mensch nur schwer nachvollziehen, wie man sich dann fühlt. Aber ich habe mal eine Frage an dich:

Bestehst du nur aus deinem verformten Brustkorb?
Ist das alles, was dich ausmacht?

Sicher, es ist für dich ein "Makel", etwas, das du so schrecklich findest, dass du Angst hast, dein Freund könnte laut schreiend davon laufen, wenn er es sieht.

Aber bist du dir wirklich sicher, dass es keine anderen Dinge an dir gibt, die liebenswert sind?
Ich glaube, alleine, wenn du diese Frage liest, wirst du merken, dass sie lächerlich klingt. Das liegt daran, dass du als Mensch aus SO vielen verschiedenen Facetten bestehst, dass ein "Makel", egal wie groß er sein mag, nicht ausreicht, alle Facetten zu überschatten.

Du wirst an deinem Brustkorb operiert, das heißt, er wird etwas gerichtet, nehme ich an. Insgesamt ist es aber enorm wichtig, dass du all das, was dich sonst ausmacht, nicht hinter diese EINE Sache drängst, egal, wie die OP ausgeht und wie viel Erfolg sie bringt. Dein Freund ist mit dir zusammen, weil er DICH toll findet. Er hat sich in DICH verliebt. Nicht in deine Brüste oder die Vorstellung, mit dir sicher guten Sex zu haben (der ja auch mit einer Trichterbrust nicht ausgeschlossen ist). Er hat sich in DICH verliebt. In deine Art, vielleicht in deine Augen, deine Haare...vielleicht in die Art, wie du lachst oder wie du ihn anlächelst, wenn du fröhlich bist oder er fühlt sich einfach gut bei dir.

Es gibt mannigfaltige Möglichkeiten, warum du gemocht und geliebt wirst. Du vereinst in dir so viele schöne Dinge, die DICH ausmachen. Ja, auch die Trichterbrust macht dich aus. Das gehört zu dir dazu. Aber es ist nicht "bildbestimmend", wie der Fotograf so schön sagt. Es sei denn, du MACHST es bildbestimmend. Wenn du dich nur über dieses Problem definierst, wird es hinter dieser Sache bald kaum mehr etwas anderes geben als dieses Problem. Du wirst eindimensional und dann wird es wirklich schwierig für dich und dein Umfeld.

Daher möchte ich dich herzlich auffordern, dir einmal zu überlegen, was es an dir alles GUTES gibt. Da ist sehr viel, das weiß ich. Du musst es nur wieder finden. Ich möchte dir auch dringend raten, mit deinem Freund über deine Trichterbrust zu sprechen. Kannst du die mit Klamotten so verstecken, dass dein Freund bisher noch nichts davon mitbekommen hat? Weil du schreibst, dass er nichts davon weiß... Sprich mit ihm über deine seelischen Schmerzen, über die Ängste...und ich bin mir total sicher, dass er dir zuhören wird und dich nicht einfach stehen lässt. Er kennt bisher nur deine anderen Seiten und schätzt deine Qualitäten. Dieses Problem ist aber eines, das er nicht erst entdecken sollte, wenn er dich auszieht. Er sollte da doch auch an deiner Seite sein dürfen. Lass ihn da nicht außen vor.

Das Wichtigste ist aber wirklich, dass du dir klar wirst, dass die Trichterbrust EIN Punkt von so vielen Punkten ist, die dich ausmachen. Stärke deine anderen Punkte, anstatt dich von dem einen schwächen zu lassen. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede. Ich habe einen anderen "Makel"...und ich habe gelernt, so zu sein und so sein zu wollen, dass alle überhaupt nicht drauf achten, dass er da ist. Und das funktioniert. Somit kann ich mit mir gut leben und habe viel Freude und Freunde. Das wünsche ich dir auch. SO viele Facetten stecken in dir! So viel Gutes gibt es wiederzuentdecken, auszugraben und zu nutzen!

Du denkst, dass da gerade ein Berg ist, über den du nicht steigen willst. Die Angst lähmt dich und lässt dich nicht weit blicken. Daher hoffe ich, dass du meinen Rat ernst nimmst. Ratsam wäre vielleicht auch über die Klinik, die dich operiert, ein paar Stunden Therapie zu bekommen, um deine Seele etwas zu stärken und mal das Thema durchzugehen. Ich würde dir raten, mit deinen Eltern da mal nachzuhaken. Solche begleitenden Therapien gibt es nämlich.

Ich wünsche mir für dich, dass dir wieder klar wird, wie viel du zu geben hast! Und dass du es verdienst, auch etwas zu bekommen.

Liebe Grüße,

Dana