Problem von Cindy - 21 Jahre

Ich weiß nicht mehr weiter

Hallo liebes Kummerkasten Team,

im moment geht es bei mit drunter und drüber. Angefangen hat alles 2010 mit der Scheidung meiner Eltern. Meine Mutter hat meinen Vater betrogen und dann die Scheidung eingereicht. Sie ist damals dann mit meinem kleinen Bruder (12Jahre) ausgezogen und hat uns allein gelassen. Mein Vater war zu tiefst verletzt und enttäuscht. Er hat sich in der Anfangszeit viel verschlossen und in seinem Zimmer eingeschlossen. Nachdem meine Mutter ausgezogen war, war ich die älteste im Haus. Ich war damals 18 und hatte gerade angefangen meine Fachoberschule zu machen. Ich musste von heute auf morgen lernen wie ich einen 4 Personenhaushalt schmeiße. Am Anfang war es für mich ziemlich heftig. Ich musste neben der Schule noch kochen, putzen, Wäsche waschen und mich um meine Geschwister kümmern. Nach einiger Zeit fand mein Vater wieder aus seiner "Depri Phase" Er lachte wieder mit uns und sprach auch offen mit uns über das geschehne. Ich selbst bekam in diesem moment ziemlich viel ab. Der Haushalt und auch mein Bruder der bei meiner Mutter wohnte. Er erzählte mir davon das unsere Mutter viel trank und auch immer wieder mit anderen Männern nach Hause käme. Er wurde von ihr nicht wahrgenommen. Manchmal ließ sie ihn auch über Nacht alleine. Ich war auch ein paar Mal bei meiner Mutter um mit ihr zu reden, doch sie war anders. Für den rest meiner Familie war und ist meine Mutter gestorben! Sie wollen nie wieder etwas mit ihr zutun haben. Da ich nie FOS machen wollte habe ich mich auf eine Ausbildung beworben und auch eine bekommen. Doch das hieß für mich das ich den rest meiner Familie in unserer Stadt zurücklassen musste. Ich wollte nie FOS machen von daher verstanden sie es und waren zutiefst traurig das ihre "Mama Cindy" bald nicht mehr da wäre um zu kochen oder zu putzen. Ein bisschen besser ging es mir als mein kleiner Bruder wieder bei meinem Vater einzog. Doch vor dem neuen Abschnitt in meinem Leben fuhr mein Vater mit mir nochmal eine Woche alleine in den Urlaub zu meinen Großeltern. Doch hier wieder der nächste Schock! Meine Oma musste ins Krankenhaus. Sie bekam schlecht Luft, aß kaum etwas und sie hatte einen sehr dicken Bauch bekommen. Sie wurde zwei Wochen später operiert und man entfernte ihr einen 10KG Tumor aus der Gebärmutter. Seit knapp einem Jahr weiß ich das es ein sehr agressiver Krebs ist den sie hatte bzw denn sie immer noch hat. Die Ärzte haben ihr eine Chemo angeboten doch die hat sie abgelehnt. Das kann ich sehr gut verstehen, schließlich möchte sie bei ihrer Familie sein. Und auch die neu gewachsenen Tumore zu entfernen würde nichts bringen... Ich möchte gar nicht daran denken das sie bald nicht mehr da sein könnte. Doch die Zeichen werden immer offensichtlicher. Und das macht mich total fertig! Ich liebe meine Oma über alles!!! Sie war immer für mich da und ich hab sie auch als Kind immer oft besucht! Der Gedanke das sie morgens nicht mehr aufwacht macht mich fertig! Und wir können an den letzten Stunden ihres Lebens vielleicht nicht teilhaben weil wir fast 500 Kilometer weit weg wohnen!
Auch der Kontakt zu meiner Mutter ist abgebrochen. Ich habe es immer wieder probiert doch von ihrer Seite kommt nichts! Vor ein paar Tagen habe ich auch erfahren das sie wohl NIE treu war in der Ehe mit meinem Vater! Manchmal haben die Leute Witze gemacht das ich meinem Vater gar nicht ähnliche sehe... Heute denke ich daran das ich vllt einen "anderen Vater" habe... Ich bin im moment einfach fertig und frage mich ob irgendwann bessere Zeiten für mich kommen. Ich habe auf Arbeit super nette Kollegen die mich auch aufheitern... Aber ich möchte niemanden zu last fallen und verstecke meine Sorgen und meinen rießen Kummer. Nur wenn ich alleine zuhause bin und Fotos ansehe kommt es durch....Ich habe einfach riesige Angst das ich diesem Kummer irgendwann nicht mehr standhalten kann und irgendwas dummes tue was ich bereuen könnte...
Vielleicht habt ihr ein paar Tipps für mich?

Liebe Grüße
Cindy

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Cindy,

es ist eine sehr verzwickte Situation, mit der Du fertig zu werden hast! So richtig weiß ich nicht einmal, wo ich beginnen soll?

Okay! Fange ich mit dem Wichtigsten an: mit DIR!

Bitte lasse Dich nicht aufreiben! Dazu gehört auch, dass Du Deinen Vater nicht aus der Verantwortung entlässt!
Wenn Du schreibst, dass du nach dem Auszug der Mutter einen 4-Personenhaushalt hast schmeißen müssen, hatte er sich bereits damals seiner Enttäuschung hingegeben, ohne auf Dich und Deine Geschwister Rücksicht zu nehmen!
Es war und ist nicht fair von ihm, Dich mit der dreckigen Wäsche zu belasten, die aus seiner gescheiterten Ehe resultiert! Weder im direkten, noch im übertragenen Sinn!

Bist Du eigentlich wirklich sicher, dass Du "nie die FOS machen" wolltest?
Im Ergebnis sehe ich einen Vorteil darin, dass Du sie gegen Deine Ausbildung eingetauscht hast:
Der Abstand von Deiner Familie wird Dir guttun! Und sogar auch Deiner Familie guttun, weil sie keinen Hausknecht mehr haben, der ihnen ihre Sorgen aus dem Weg räumen will und dabei eigene Sorgen vor sich auftürmt?

Nur: den Abstand hast Du noch nicht wirklich gefunden!?
Ich stelle es mir so vor, dass Du irgendwo zwischen "loslassen" und "finden" stehst.

Deine Mutter macht es Dir schwer, Dich zu finden! Gleich zweimal: lässt Dich allein, als Du jede Unterstützung beider Eltern brauchst! Allein mit IHRER Verantwortung! Und dazu noch mit dem Zweifel, dass der, dem Du Dich doch auch verbunden fühlst, vielleicht nicht Dein Vater ist?
Eigentlich sollte das "Dich finden" bedeuten dürfen, dass Du von Deiner Familie den Rückhalt erfährst und Deine Zukunft - Deinen Weg - findest!
Und eigentlich sollte das "Loslassen" für einen jungen Menschen mit der Sicherheit verbunden sein, sich jederzeit nochmal festhalten zu dürfen!

Liebe Cindy,

Vielleicht habe ich nicht die richtigen Antworten für Dich? Weiß nur, dass es Menschen gibt, denen Du Wichtig bist! Denen Du Dich anvertrauen kannst!
Dass Du keine Angst zu haben brauchst, "jemandem zur Last zu fallen".
Du warst und bist für Deinen Vater und Deine Geschwister sehr stark!
Hole Dir ein wenig von der Unbefangenheit und Jugend zurück, um die Deine Eltern Dich gebracht haben!
Du hast das Recht, auch Schwäche zu zeigen!
Es wäre schön, nocheinmal etwas von Dir zu hören (lesen)!

Alles Liebe,

Bernd