Problem von unbekannt - 18 Jahre

Selbstzweifel, Antriebslosigkeit, einfach keine Kraft mehr

Hallo geehrtes Kummerkasten- Team,

Ich möchte mir hier einmal meinen Kummer von der Seele schreiben und finde es echt toll, dass es euch gibt, ihr habt bestimmt schon vielen geholfen und villeicht könnt ihr mir auch helfen.

Seit 2010 befinde ich mich in der Ausbildung zum Medizinisch- technischen Laboratoriumsassistenten (3 Jahre schulische Ausbildung, 9- monatiges Praktikum inklusive). Das war anfangs mein Traumjob, ich habe eine kleine Wohnung in einer anderen Stadt bezogen und besuche meine Eltern, Freunde und die restliche Familie nur an den Wochenende bzw. in den Ferien.

Anfangs machte mir die Ausbildung noch Spaß, interessante Inhalte, eine spitzen Kammeradschaft in unserer Klasse aus 3 Jungs und 13 Mädels.

Aber seit ca. 1,5 Jahren haben sich die Unterrichtsfächer gewandelt, alles ist anspruchsvoller geworden und man fühlt sich eigentlich ständig hilflos verloren im Dickicht der Überinformation. Meine Leistungen sind immer mehr zurückgegangen im Vergleich zu den vorherigen Zensuren und meine Motivation und Bereitschaft etwas zu leisten ist seit dem immer weiter zurückgegangen.

Ich dachte, nach dem langen Praktikum würde alles besser werden und ich würde auch mal wieder etwas auf die Reihe bekommen, aber das wahr ein Irrtum. In ca. einem halben Jahr geht es an die Abschlussprüfungen, und es gibt jede Menge zu tun.

Meine Klassenlehrerin meint, dass ich meine Sache schon machen würde und das sie keine Bedenken bei mir sieht. In zwischen haben wir bereits unsere Bewerbungszeugnisse erhalten, Einsen, Zwein, Drein und eine Vier, empfinde ich persönlich nicht als schlecht, zumal es sich um die Zusammengezogenen Noten aller bisherigen Ausbildungsjahre handelt.

Der Haken ist, dass diese Noten in absolut keinster Weise mit in das Ergebnis der Abschlussprüfung einbezogen werden (mit Ausnahme von ein paar Hausarbeiten, welche zu 1/10 mit einbezogen werden), was heißt, dass praktisch alles fast wertlos ist.

Ich habe echt Angst durch die Prüfung zu fallen, vor allem weil man nur ein mal wiederholen darf. Wie die vorherigen Abschlussklassen berichten, gibt es auch keine konkrete Prüfungsvorbereitung, was heißt, dass theoretisch ALLES aus den Fächern, welche geprüft werden drankommen könnte. Zwar in den schriftlichen Prüfungen nicht detailliert, dafür aber in den mündlichen.

Wie kann ich meine Blockade lösen, wie schaffe ich es mich wieder dazu zu bringen etwas zu lernen ohne im nächsten Moment wieder alles vergessen zu haben. Wie soll ich diese riesige Menge an Unterrichststoff nur bewältigen, ich habe einfach nur angst und sitze gerade hilflos hier und habe keinen Schimmer wie alles weitergehen soll. Dazu kommt noch eine der oben erwähnten Hausarbeiten, hierbei handelt es sich um ein Zeichenheft welches mit mikroskopischen Zeichnungen zu füllen ist. Eigentlich Hatten wir dieses Heft seit Beginn des ersten Ausbildungsjahres, aber ich habe es immer wieder nach dem Versuch etwas zu zeichnen weggelegt, weil ich es einfach nicht kann, ich nur wenige Strukturen, auf welche es ankommt, noch die exakten Farben (nein, ich bin nicht Farbenblind) und schaffe es auch nicht das gesehene zeichnerisch so umzusetzten, damit man es auch noch erkennt und weiß was das sein soll, ich komme hier einfach nicht weiter und starte mit 2 Sechsen in die Prüfung, wenn ich es nicht abgebe.

Danke, dass ihr euch Zeit für mich genommen habt, ich weiß einfach nicht mehr wie es weitergehen soll.



Christian Anwort von Christian

Hallo!

Zunächst muss ich meinen Hut ziehen. Die Ausbildung zur / zum MTA-L ist eine wirklich schwierige Ausbildung und grenzt bei den Anforderungen an ein Studium. Ich weiß das so genau weil ich den Werdegang von zwei MTA-L männlich und weiblich verfolgen durfte.

Als Stipendiat weiß ich selbst wie schwierig der Umgang mit Lerninhalten sein kann, aber dieser ganze Frust muss nicht sein, wenn man einige Techniken anwendet. Zunächst musst du dein Ziel definieren, dieses ist meistens die Prüfung zu bestehen. Die einfachste Technik ist die Wochen zur Prüfung zu zählen und sich einen Lernplan zu erstellen. Dieser sollte sich aus kleinen Teilzielen zusammensetzen und gesamt den Inhalt deiner Prüfungen abbilden. Hast du diesen groben Wochenplan, dann machst du dir Tagespläne innerhalb einer Woche. Deine Tage darfst du nicht voll verplanen sondern solltest das nur teilweise tun. Einen Tag zu 60 % verplanen ist schon genug, wenn nicht zu viel. Die Tage werden wiederum in Lerneinheiten unterteilt die maximal zwei Stunden gehen sollen. Wichtiger als das Anfangen zu lernen ist das Aufhören. Nachdem Paretoprinzip oder auch 80-20 Regel genannt ist es so, dass man 80 % des Stoffs relativ schnell lernt, die letzten 20% aber eine Quälerei sein können. Deswegen ist das Aufhören so wichtig. Ich spreche nun aus eigener Erfahrung und hoffe es hilft dir:

Ich gehe morgens zur Uni, nachmittags komme ich nach Hause. Ich lerne maximal bis 20 Uhr, danach mache ich Schluss. Meistens schon um 18 Uhr. Mein ständiger Begleiter ist ein DIN A4 Zettel. Den habe ich immer in meiner Brusttasche vom Hemd. Nun stelle ich mir die Eieruhr im Handy auf 2 h und habe das Ziel aufzuhören wenn ich a) Thema Thermodynamik: „Kreisprozesse“ verstanden habe (Ziel muss der Zeit angemessen sein) ODER b) wenn meine Uhr klingelt. Ich schalte alles ab was mich ablenkt und beginne mit dem Lernen…. 2 Stunden … Shit Uhr klingelt. Was habe ich getan: leichte Aufgaben zuerst gelöst, die schwierigen später versucht. Nun hat der Wecker geklingelt bevor ich fertig wurde und mich am Grübeln gestört. Ich notiere mir auf dem Zettel den Punkt wo ich nicht weiter gekommen war. Ich falte den Zettel und stecke ihn mir in die Tasche. Nun sind die Fragen auf dem Zettel und nicht mehr im Kopf. Ich gehe einkaufen oder Sauge, oder putze das Klo oder mache Essen. Irgendwas in einer ganz anderen Körperhaltung oder Sport. Plötzlich fällt mir das Problem wieder ein und die passende Lösung ist mir plötzlich ganz klar. Nun notiere ich das auf meinen Zettel und bearbeite es in der nächsten Lerneinheit.
Manchmal fallen einem auch keine Lösungen ein, dann muss man mit den Zettel und seinen Fragen den Professor, Lehrer oder Dozent um Hilfe bitten. In der Regel freuen sie sich, wenn man sich mit dem Stoff beschäftigt. Das ist mein effektives Lernen.

Übrigens lernst du nie für Prüfungen sondern fürs Leben und für deinen Job, deswegen war deine Arbeit nicht umsonst. Arbeit ist niemals umsonst und wenn sie „nur“ das fachliche Verständnis etwas fördern ist das gar nicht hoch genug zu bewerten.
Versuche es einfach mal und du wirst durch deine Erfolge selbst getragen wie ein Surfer beim Ritt auf einer Welle.

Gruß Christian