Problem von Becki - 24 Jahre

Allgemeine Unzufriedenheit und Ängste

hallo ihr lieben.
ich weiß im moment nicht so recht, wo oder wem ich mich mitteilen soll..
ich bin einfach komplett verzweifelt.

ich fang einfach mal an, meine probleme zu schildern:

beruflich läuft wirklich garnix... ich hab zahnarzthelferin gelernt und es wegen pschischer probleme beendet. ich hatte eine Reha und zahlreiche psychotherapien. ich hatte eine Umschulung beantragt, diese wurde aber nach 1 1/2 jahren warten abgelehnt.
ich würde gerne etwas anderes machen, aber weiß absolut nicht was und die ämter sträuben sich, mir zu helfen, sie wollen mich nur wieder zum zahnarzt stecken.
mit der zeit habe ich schon unglaubliche angst überhaupt wieder arbeiten zu gehen. ich hatte es mit einem 400€ job versucht, aber es psychisch nicht ausgehalten und hatte einen zusammenbruch und war 2 wochen im krankenhaus....

meine partnerschaft ist nicht wirklich glücklich. ich sehe meinen freund sehr selten, da er studiert, er will mir in meiner lebenslage helfen, aber kann es nicht, was oft zu unstimmigkeiten führt.

ich wohne noch bei meinen eltern, da ich mir ohne beruf keine eigene wohnung leisten kann... leider habe ich zur zeit garkein einkommen, da ich unter 25 bin und meine eltern noch für mich aufkommen müssen. mit denen krieselt es aber zur zeit auch total, was mich noch mehr runterzieht...

viele meiner freunde sind weggezogen oder wir haben uns verzofft oder ähnliches...

meine mutter ist seit kurzem schwer krank, mein vater arbeitet von morgens bis abends und wenn er zuhause ist, ist er genervt...

es ist einfach wie verhext. ich bin mit allem unzufrieden und weiß es nicht zu ändern... auch mein aussehen mag ich im mom ent absolut nicht. ich mag nichteinmal in den spiegel sehen...

von allen seiten hört man nur, wie toll das leben ist und schwanger hier und baby da, tolle wohnungen, neue haustiehe, verlobung, hochzeit.... blablabla... ich kann es nicht mehr hören, ich hab echt die schnauze voll und langsam auch keine lust mehr, mich überhaupt aus meinem bett zu quälen... wofür denn??

Adriano Anwort von Adriano

Hallo, liebe Becki,

zunächst einmal vielen Dank für deine Nachricht!


Manchmal kann das Leben ziemlich grau und aussichtslos sein, nicht wahr? Becki, vorab schon mal dazu: Mit Sicherheit ist die Lage, die du uns beschreibst, keine schöne. Sie belastet dich, sie zeigt dir, zumindest für den Moment, eher Probleme als Chancen auf, Sicht auf Verbesserung scheint für Dich in weite Ferne gerückt. Etwas beruhigen möchte ich Dich aber dahingehend, dass es für Dich keinen Anlass geben sollte, diese unglückliche Situation nur allein für Dich zu pachten. Es gibt viele, viele Menschen, die in solch einer Lage gesteckt haben oder gar aktuell stecken. Wenn ich es schaffen kann, dass Du dir damit ein wenig Druck von den Schultern nehmen kannst, dann würde ich mich darüber freuen. Atme einmal tief durch, vergewissere Dich, dass Du mit solchen Problemen nicht alleine stehst. Selbst bei Menschen, die nach Außen hin ihr vermeintliches Glück durch Partnerschaft, Heirat oder einen tollen Job anpreisen, müssen nach Innen nicht zwangsläufig die glücklichsten Menschen auf Erden sein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit trägt ein jeder irgendein Laster mit sich herum. Doch selbst mit einem Laster schafft man es, ein zufriedenstellendes Leben zu führen. Und das ist genau der Punkt, an dem ich mit Dir ansetzen möchte.

Deine Problembeschreibung lässt für mich zunächst leider erst einmal offen, welche psychischen Probleme dafür verantwortlich waren, dass Du den Job als Zahnarzthelferin aufgegeben hast, oder was die Gründe für deine Reha waren, weshalb du Dich anschließend zu den Therapien begeben hast. Darüber hätte ich gerne etwas mehr gewusst. Wenn du möchtest, kannst Du deine Gründe dafür natürlich auch noch nachträglich hier mitteilen, nur zu.

Dennoch kann und möchte ich zu dir Deiner aktuellen Lage etwas sagen, gerade deswegen, da ich mich zu deiner Problemschilderung durch eine eigene Erfahrung etwas hingezogen fühle. Alles, was du beschreibst, ist vollkommen richtig. Man hat die Schnauze voll. Warum überhaupt noch aus dem Bett quälen? Ein Blick in den Spiegel genügt, um sich die Laune zu verderben. Man findet sich unattraktiv, nicht nur äußerlich, sondern auch auf ideeller Ebene, da man nicht zur Arbeiterklasse gehört, sich nicht beteiligt fühlt, ja vielleicht sogar als Schmarotzer durchgeht. Und hier, am tiefsten Punkt für sich selbst, fängt der bedeutendste Schritt an, den Du nicht für dich entdecken musst (letztlich kennst du ihn, spürst du ihn), sondern, aus dem Du Motivation schöpfen musst. Dabei ist es hilfreich, deine Situation eiskalt, Stück für Stück, wahrzunehmen, Stück für Stück runterzubrechen. Das Hilfreichste dabei: Bleibe realistisch!

Nehme ich doch gleich mal deine Ausbildung zur Zahnarzthelferin. Oder, nein, fangen wir früher an, deine schulische Ausbildung. Ich nehme an, dass du deine schulische Ausbildung bestanden hast. Ich schlussfolgere, dass du im Anschluss die Ausbildung zur Zahnarzthelferin gemeistert hast. Findest Du nicht, dass das schon einmal zwei bedeutende Dinge sind, die du einerseits vielen anderen Menschen voraus hast, und auf die du andererseits stolz sein kannst? Egal, ob du nun in diesen Beruf wieder zurück möchtest oder nicht: stelle das nicht in Frage, das ist ein Erfolg. Punkt, Aus, Basta! Deine aktuelle Lage konfrontiert Dich mit mehreren Problemfeldern. Mach dir klar, dass es für jeden Menschen unmöglich wäre, an allen Fronten gleichzeitig zu kämpfen. Du kannst unmöglich zeitgleich deine Beziehung in Ordnung rücken während du versuchst, Dich wieder beruflich zu verwirklichen und Dich mit deinen Eltern zu versöhnen.

Ich empfehle Dir, wann immer Du dich dazu bereit fühlst, deine Situation allen Beteiligten vor Augen zu führen, und damit auch Dir selbst. Mach dir bewusst, dass Du es nur Stück für Stück schaffen kannst. Niemand erwartet von Dir, alles auf einmal zu bewältigen. Sprich mit deinen Eltern, rede mit deinem Freund, dass die Situation nunmal folgender Maßen aussieht, dass Dir deine berufliche Situation arg zu schaffen macht, aber auch die räumliche Trennung von deinem Freund und die Probleme daheim. Bitte um Unterstützung und Nachsicht, dass es dein erstes Ziel sein wird, dies zu ändern, dass Du dir wünschst, das gemeinsam zu ändern, mit etwas Hilfe. Zweitens: mit 24 Jahren muss niemand wissen, wo genau er beruflich hingehört. Was spricht dagegen, etwas Neues zu probieren, sich neu auszubilden? Die Zeit? Nein. Höchstens der Druck, den einem andere oder den man sich selbst auferlegt, bis dann und dann dort und dort im Leben stehen zu müssen. Blödsinn! Wenn du festgestellt hast, dass dein erlernter Beruf nichts für Dich ist, kannst Du das der Arbeitsagentur auch so mitteilen. Es gibt viele Mittel, die einen zweiten Ausbildungsweg fördern. Dazu kann und muss dir die Arbeitsagentur Auskunft erteilen. Auch ohne Dich neu auszubilden gibt es natürlich Möglichkeiten, dass Du in andere Berufsfelder unterkommen kannst. Wichtig ist, und dabei kann ich Dir leider nicht helfen, dass Du in etwa einschätzst, welche Arbeiten Dir zusagen würden, was Du dir vorstellen könntest, Dich darin auszuprobieren.

Die Angst vor dem Arbeiten gehen, ja allein schon vor dem Bewerbungsprozess, darf deine Motivation nicht überwiegen. Es ist ein Geben und Nehmen. Unternehmen suchen Arbeitskräfte, Du bietest deine an. In diesem Verhältnis ist jeder auf den anderen angewiesen. Mach Dir also bewusst, dass deine Arbeitskraft gefragt ist, Du sie eben nur anbieten musst. Es ist immer leichter gesagt als getan, das ist dieses Sprichwort, was einen immer wieder einholt. Nur, weisst Du, manchmal ist es leichter getan als man gedacht hätte. Spiel mit offenen Karten, dann hast Du nur zu gewinnen!


Viel Mut & Kraft wünscht Dir,
Adriano