Problem von Anonym - 28 Jahre

Meine Eltern sind gefühlskalt geworden

Hallo liebes Kummerkasten-Team!

Ich bin 28 Jahre alt, bin seit 2011 mit meinem Mann verheiratet. Wir sind aber bereits seit über 11 Jahre zusammen gewesen, bevor wir geheiratet haben. Zu seinen Eltern hatte ich immer engen Kontakt und kenne sie daher sehr sehr gut. Seine Mutter litt jahrelang an einem Alkoholproblem, war aber trotzdem ein liebevoller Mensch, der halt viel in seinem Leben durchgemacht hat. Nun ist sie im November an einem Leberversagen gestorben. Mein Mann, mein Schwiegervater und ich haben sie bei ihrem Sterben begleitet (was wirklich furchtbar war). Wir leiden alle sehr unter dem Verlust und vermissen sie sehr. Meinem Mann geht es wirklich sehr schlecht.
Seit meine Schwiegermutter also weg ist, sind wir fast täglich bei meinem Schwiegervater und stützen ihn. Er ist ein sehr lieber Mensch. Trotzdem ist es schon eine große Belastung für uns beide.
Nun zu meinem Problem: Meine Eltern hatten nur wenig Kontakt zu meinen Schwiegereltern, aber haben sich mehrmals im Jahr auf Feiern oder durch Zufall gesehen. Das Verhältnis war aber immer gut. Jetzt, wo meine Schwiegermutter tot ist, haben sie sich von einer Seite gezeigt, die ich nicht kenne. Sie waren früher immer für mich und meine Schwester da und sind eigentlich liebe und warmherzige Menschen. Aber seit dem Tod sind sie nur ein oder zwei Mal bei mir und meinem Mann zu Besuch gewesen oder haben ab und zu angerufen. Wir wohnen eng beieinander, sodass sie eigentlich jederzeit zu Fuß zu uns kommen könnten. Aber das tun sie nicht. Sie besuchen auch nicht meinen Schwiegervater (der neben uns wohnt) und rufen ihn auch nicht an. Und seit der Beerdigung im November waren sie kein einziges Mal am Grab. Das trifft mich und meinen Mann sehr. Sie wissen noch nicht mal mehr, wo sie genau liegt. Ich habe einige Mal alles angesprochen und deutlich gemacht, dass es uns helfen würde, wenn sie sich auch mal beim Schwiegervater melden würden oder dass ich mich freuen würde, wenn sie ans Grab gingen, aber sie tun immer nur so, als würden sie mich verstehen. Denn sie ändern nichts!
Ich muss dazu noch erklären, dass mein Vater regelmäßig meine Schwester und seine Enkelin besucht (mehr als 3 mal in der Woche). Zu uns kommem meine Eltern höchstens alle 2 Monate mal für 10 Minuten vorbei. Als ich meinen Vater mal gesagt habe, dass mir das weh tut, dass er immer nur bei meiner Schwester ist, sagte er, dass er auch öfter bei mir wäre, wenn ich auch ein Kind hätte. Das hat mir auch damals schon sehr weh getan.
Mittlerweile ist einige Zeit vergangen und in mir ist so eine Wut und Verzweiflung hoch gekocht, dass ich bei jedem Kontakt mit meinen Eltern schauspielern muss. Ich würde am liebsten den Kontakt abbrechen, weil sie einfach nicht kapieren, was sie mit ihrem Verhalten bei mir bewirkt haben.
Mein Mann sagt, dass ich sie eben nicht mehr ändern kann und ich versuchen soll, es einfach zu verdrängen. Ich würde es Ihnen aber am liebsten um die Ohren schlagen, vielleicht auch, um ihnen weh zu tun. Aber es war schon immer so, dass es mir nach einem Streitgespräch alles leid tut und ich mich schlecht fühle. Was soll ich nur machen?

Bernd Anwort von Bernd

Liebe Unbekannte,

es ist nur eine Idee von mir: wie gehen wir mit dem Tod um?
Wie gehen wir damit um, wenn wir uns selber auf "der Liste" stehen sehen?

Mir zum Beispiel war es seit ich denken kann immer ein Graus, wenn "die Alten" ab einer gewissen Uhrzeit nur noch über Krankheiten erzählen konnten. Das war meist so eine Stunde nach dem "sattsein" = Abendessen!

Erst später - seit mein eigener Vater nicht mehr lebt - erlebe ich selbst die Geschichten, die über ihn erzählt werden bewußt als "Vergangenheit"!

Ein "Sog", in den ich nicht hineingezogen werden will?

Ich denke nach allem, was Du über Deine Eltern erzählt hast: sie haben Angst, sich dem "Tod" als Thema zu stellen! Und fürchten alle Umgebung, die sie mit dem Thema in Berührung bringen wird!

"Darüber rede ich erst, wenn es für mich dann soweit ist"!

Oder andersherum:

"Solange ich darüber nicht rede! Mich auf das Thema nicht einlasse, wird der Tod auch mich nicht zum Thema machen?"
"Schlafende Hunde weckt man nicht?"

Es scheint mir eine irrationale Angst Deiner Eltern zu sein!
Und leider bin ich mir in der Beurteilung so unsicher, wie man es als Laie nur sein kann!

Bevor Du Deine Eltern abschreibst, oder Du über euer vertracktes Verhältnis zerbrichst, frage doch bitte einen Psychologen!
Der weiß sicher auch, wie - wenn es etwas ist, was meiner Einschätzung nahekommt - man Deinen Eltern helfen kann!

Euch helfen kann!

Alles Liebe,

Bernd