Problem von Anonym - 18 Jahre

Total verzweifelt

Liebes Kummerkasten-Team!

Ich bin total verzweifelt und mit meinen Nerven völlig am Ende. Seit etwa anfang dieses Jahres bin ich total deprimiert, das ist soweit gekommen, dass ich Depressionsphasen habe, in denen ich Suizidgedanken habe. Zweimal schon stand ich kurz davor diesen letzten Schritt zu gehen. Diese Depressionsphasen werden immer häufiger und dauern immer länger an, es ist nahezu unmöglich etwas dagegen zu tun, da ich in diesen Momenten an nichts Positives denken kann.

Dass ich diese Phasen habe, hängt natürlich mit einer Menge Probleme zusammen, die ich jetzt gar nicht weiter ausführen möchte, sondern nur kurz beschreiben:

Ich habe keine (richtigen) Freunde und niemanden mit dem ich über meine Probleme sprechen kann.

Mit meinen Eltern läuft es nicht sonderlich gut, sie haben mir noch nie gezeigt, dass sie mich lieben und oft geben sie mir das Gefühl, mich loswerden zu wollen und ein Versager zu sein.

In der Schule war ich immer eine sehr gute Schülerin, dennoch habe ich ein großes Problem mit meiner Schule und mit den Lehrern bzw. dem Lehrer-Schüler-Verhältnis dort. Auch unsere Klassengemeinschaft ist sehr schlecht und es findet sogar richtiger Betrug innerhalb der Klasse statt. Dann kommt noch hinzu, dass ich in letzter Zeit starke Konzentrationsschwierigkeiten habe und daher meine Noten sich sehr verschlechtern. In letzter Zeit schreibe ich nur mehr Nicht Genügend, obwohl ich eigentlich eine Sehr Gute Schülerin bin.

Auch in Sachen Beziehungen und Partnerschaften habe ich ein Problem. Mit 18 Jahren hatte ich noch nie eine richtige Beziehung und bin noch Jungfrau. Das ist allerdings auch nicht mein Problem. Das Problem ist, dass ich nach jeglichen sexuellen Erfahrungen (Küssen, Berührungen, Streicheln...) ein total schlechtes Gewissen habe. In dem Moment, in dem es passiert finde ich es gut und ok, aber am nächsten Tag fühle ich mich total schlecht. Ich finde mich sogar selbst ekelig und fühle mich schmutzig, weil ich erregt war. Ich hatte noch nicht viele sexuelle Erfahrungen, aber die, die ich hatte, gingen immer mit diesem schlechten Gefühl aus. Achja und ich kann mich auch währenddessen nicht "fallen lassen" da ich immer im Hinterkopf habe "Ich könnte etwas falsch machen" "Er könnte mich hässlich finden"...

Außerdem bin ich leicht übergewichtig (ich bin allerdings beim Abnehmen) und sehe total hässlich aus.

Ich habe absolut kein Selbstbewusstsein und bin total schüchtern. Ich kann nicht über meine Gefühle und Probleme sprechen und kann auch keine Gefühle zeigen. Ich habe ständig Angst irgendetwas falsch zu machen und denke über jeden Satz dreimal nach, bevor ich ihn ausspreche. Ich möchte immer alles perfekt machen, das gelingt mir natürlich selten.

Sicherlich werdet ihr jetzt sagen, ich sollte zu einem Psychologen gehen. Aber das kommt für mich aus diversen Gründen nicht in Frage. Einer davon ist, dass ich eine Phobie vor Ärzten und dergleichen habe. Es gäbe sehr viele Gründe warum ich eigentlich längst zum Arzt hätte gehen sollen, aber ich habe einfach Angst davor. Was einen Psychologen betrifft gibt es noch mindestens fünf andere Gründe, die ich jetzt nicht alle aufzählen werde, ich möchte nur sagen, es kommt für mich definitiv nicht in Frage (auch nichts ähnliches wie eine Beratungsstelle usw.)

Vor über 16 Monaten habe ich sehr viel gekifft. Ich habe täglich ungefähr 2 Schachteln Zigaretten geraucht. Ich hatte viele Freunde und immer Spaß. Dann, vor über 16 Monaten, habe ich jedoch mit dem Rauchen UND mit dem Kiffen aufgehört. Seither habe ich niemehr eine normale Zigarette angerührt. Ich habe aber auch nach und nach meine Freunde verloren. Mit meinen Kifferfreunden hab ich den Kontakt abgebrochen, weil ich sonst das Aufhören nicht geschafft hätte. Meine Freunde, die nicht kifften, haben sich kaum mehr bei mir gemeldet. Früher waren wir immer gemeinsam rauchen und da ich nicht mehr rauche, meldet sich halt keiner mehr bei mir. Was früher meine Freunde waren, sind heute nur noch Bekannte, die ich kaum sehe. Ich habe wirklich keine RICHTIGEN Freunde mehr. Neue Leute kennenzulernen ist nahezu unmöglich bei uns, ich lebe in einem kleinen Kaff, die nächstgrößere Stadt ist 2 Stunden Zugfahrt entfernt! Wenn ich neue Leute kennen lerne, stellt sich im Nachhinein irgendwie jedesmal heraus, dass sie Kiffen. Durch meine Depressionen hab ich mich dann selbst immer weiter zurückgezogen und es ist jetzt sehr schwer für mich irgendwie wieder Anschluss zu finden. Und außerdem haben sich alle so verändert und ich auch und ich denke wir passen irgendwie nicht mehr richtig zusammen.

Vor etwas mehr als einem Monat geschah es dann: Ich bin mit dem Kiffen rückfällig geworden. Ich habe an einem Abend an drei Joints mitgeraucht. An diesem Abend habe ich neue Leute kennengelernt, ich hatte Spaß, ich war völlig zugedröhnt, ich habe einen Jungen kennengelernt und hatte was mit ihm. Wie früher, ich hatte richtig Spaß. Wenn man jetzt einmal vom irre schlechten Gewissen im Nachhinein absieht (was jetzt zum einen den Rückfall mit dem Kiffen und zum anderen die sexuellen Erfahrungen mit dem Jungen betrifft). Der Junge hätte mich sehr gerne näher kennengelernt, ich habe auf meinen Verstand gehört und gesagt, es war für mich eine einmalige Sache. Er kommt aus der Kifferszene und durch ihn hätte ich mit Sicherheit wieder mit dem Kiffen angefangen.

Mein Gefühl sagt mir aber manchmal etwas anderes. Manchmal denke ich, dass ich einfach wieder mit dem Kiffen anfangen sollte, dann hätte ich wieder so viel Spaß wie früher. Wenn ich mich bei dem Jungen melden würde, vielleicht will er sogar noch was von mir. Ich könnte viele neue Leute kennen lernen und vielleicht würden meine Depressionen verschwinden.

Ich weiß, Drogen sind eigentlich keine Lösung, das sagt mir auch mein gesunder Menschenverstand. Aber gibt es nicht Situationen im Leben, in denen es keinen anderen Ausweg mehr gibt?! Ich bin wirklich schon so verzweifelt. Ich habe bereits eine E-Mail-Beratung auf einer Beratungsseite gemacht, ich habe bereits mehrmals bei der Telefonseelsorge angerufen und jegliche professionelle Hilfe (Psychologen, Beratungsstellen) kommt für mich nicht in Frage. Die Mailberatung hat mir geholfen, es ging bergauf, ich habe Fortschritte gemacht, was Veränderungen betrifft. Aber immer wieder fällt etwas vor und ich falle wieder in ein tiefes Loch! Es scheint einfach alles so sinnlos...

Manchmal wünsche ich mir, niemals das Rauchen und Kiffen aufgegeben zu haben. Manchmal würde ich am liebsten einfach wieder kiffen, neue Leute kennen lernen, Spaß haben...

Ich bin einfach total am Ende und ich weiß nicht wie lange ich DIESES Leben noch leben werde...

Verzweifelte Grüße!

Anwort von Diarra

Hallo!

Du bist schüchtern, wirst leicht rot und hast Hemmungen im Umgang mit anderen Menschen? Du findest keine Freunde und fühlst dich oft einsam und traurig? Du hast das Gefühl minderwertig zu sein und fürchtest andere könnten schlecht über dich denken? Du bist nicht der einzige Mensch mit diesen Problemen!
Bei der reinen Schüchternheit nehmen Menschen durchaus unangenehme Situationen auf sich wenn es von Bedarf ist. Durch die andauernde Kontaktarmut nicht selten entstehenden sozialen Defizite begünstigt, kann sich jedoch leicht eine Soziale Phobie entwickeln. Soziale Phobie und Schüchternheit gehen daher oft fließend ineinander über.
Übertriebene Angst ist ein antrainierter Mechanismus. Etwas zu verlernen ist schwerer als etwas zu lernen. Etwas aktiv zu verlernen, scheint per Definition nicht möglich. Es gibt jedoch die Möglichkeit, neue Verhaltensweisen und Mechanismen zu lernen, um damit andere zu unterdrücken bzw. los zu werden ? also durch Änderung der Gewohnheiten, insbesondere der Denkgewohnheiten.


Längerfristige Auswirkungen bei häufigerem Konsum:

Leistungsabfall, Störungen der Merkfähigkeit und der Konzentration. Es kann zu Schlafstörungen kommen. Gegenüber früher Wichtigem und Alltagsanforderungen entsteht eine wachsende Gleichgültigkeit. Das Sich-treiben-Lassen kann zum Dauerzustand werden. Depressionen. Gewöhnung bis zur psychischen Abhängigkeit. Der Konsum kann Angstzustände auslösen, Orientierungslosigkeit und Realitätsverlust bis hin zu einer Psychose!!

Das Kiffen macht längst nicht mehr so viel Spass wie früher, aber es hilft Dir z.B. in Stresssituationen zu entspannen oder Langeweile und schlechte Laune zu vertreiben. Aber vielleicht bist Du auch schon manchmal mit dem Kiffen "schräg drauf gekommen" oder Du hast bemerkt, dass Dein Gedächtnis, Deine Konzentration schlechter geworden sind. Und dann kriegst Du Zweifel, ob dieses viele Kiffen gut ist. Aber Du beruhigst Dich dann damit, dass viele oder die meisten Deiner Freunde es ja auch machen.

Viele gehen davon aus, dass man z.B. von Cannabis oder Ecstasy gar nicht
richtig abhängig werden könne, weil man mit diesen Drogen, wenn überhaupt nur psychisch abhängig wird. Sie denken, "richtige Abhängigkeit" sei körperliche Abhängigkeit. Das ist Unsinn. Körperliche Abhängigkeit kann sich nur bei Alkohol, Opiaten und einigen Medikamenten entwickeln. Hierbei gewöhnt sich der Körper an die Substanz (Toleranzentwicklung) und man braucht immer mehr, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Viel gravierender, da schwerer in den Griff zu bekommen, ist die psychische Abhängigkeit. Sie kann bei regelmäßigen Konsum von allen psychoaktiven Substanzen entstehen. Drogenabhängig wird man nicht von heute auf morgen. Anfangs konsumiert man vor allem zum Spaß und man merkt, dass man damit seine Stimmung verändern kann. Manchmal nimmt man Drogen um gut drauf zu kommen oder zu entspannen, obwohl man eigentlich gestresst ist, sich alleine fühlt oder Langeweile hat. Kurzfristig verschafft man sich damit die gewünschte Wirkung. Wenn man das häufiger so macht, besteht die Gefahr, dass die Stimmung insgesamt schlechter wird. Dann gibt es immer mehr Gründe, was zu nehmen und man verlernt nach und nach, anders mit Gefühlen umzugehen.

Ich denke du solltest dich deiner Angst überwinden und einen Psysiologen ausuchen. Bei ihm in der Praxis siegt es nicht aus wie bei einem "herkömmliche" Allgemeinmediziner.
Denk bitte darüber nach, und bei Bedarf kannst du uns sehr gerne nocheinmal schreiben. Paß auf dich auf.

Liebe Grüße Diarra