Familie oder Freund?
Hallo ich hoffe es ist okay das ich anonym bleiben will..
Irgendwie hab ich ein riesiges Problem.
Vor 2 Jahren hab ich mich ganz schön verliebt in einen ganz wunderbaren Typ. Es wurde noch besser, ihm gings nämlich genauso. Wir haben uns näher kennengelernt und sind dann zusammen gekommen. Das Problem war ich bin Christ und nehme das auch sehr ernst mit Kirche etc. und er ist Moslem bzw seine Eltern, er ist auch zur Kirche gekommen bei uns usw. Naja meine Eltern waren damit aber nicht einverstanden und naja ich musste mich sozusagen entscheiden. Meine Familie ist wirklich klasse, ich will nicht das das jetzt falsch verstanden wird. Meine Eltern machen alles für mich und meine Geschwister und sie lieben mich und ich weiß das sie nur das Beste für mich wollen.
Auf jedenfall haben wir versucht uns zu trennen. Aber wir haben es nie richtig durchgezogen und waren mehr ein Paar als das wir getrennt waren. Die Beziehung war wie ein einziger Traum. Ich hab mich so geborgen gefühlt ich konnte ihm einfach blind vertrauen und er hat wirklich alles für mich gemacht..
Vor 5 Tagen war unser 2 jähriges und danach haben wir beschlossen das mal durchzuziehen. (Ich habe meinen Eltern und meiner Familie die ganzen 2 Jahre die Beziehung verheimlicht)
Wir haben total den Kontakt abgebrochen und ja. Mir fällt das einfach so schrecklich schwer, ich weiß es ist meine Entscheidung aber wir haben wirklich alles zusammen erlebt, er war einfach mein Erster..in jeder Hinsicht..
Könnt ihr mir irgendeinen Tipp geben was ich machen soll? Tagsüber komm ich klar aber gegen Abend kann ich nicht aufhören zu heulen, es ist katastrophe er fehlt mir so..wahrscheinlich habt ihr hier echt schlimmere Probleme zu beraten..ich musste grad einfach alles mal loswerden, tut mir leid wenn ich eure Zeit mit dem Lesen von dem Zeug hier verschwendet habe..
Anwort von Carmen
Liebe Unbekannte,
vielen Dank,dass du dich an uns wendest. Als ich deinen Text gelesen habe, bin ich wirklich traurig geworden. Es ist unendlich schade, dass Religion Menschen nicht immer verbindet, sondern manchmal trennt.
Ihr seid beide religiös, habt aber anscheinend selbst kein Problem mit euren verschiedenen Glaubensrichtungen. Das finde ich total toll! Leider hast du nicht geschrieben, wie es mit seiner Familie steht und auch nicht warum genau deine Eltern nicht mit eurer Beziehung einverstanden waren. Deshalb hoffe ich, dass ich mich mit meinem Rat auch auf die richtige Situation beziehe. Ich gehe jetzt mal davon aus,dass die Religion die Hauptursache war und das seine Familie zumindest nicht aktiv gegen eure Beziehung sind/waren.
Zuersteinmal bin ich wirklich beeindruckt von eurem Durchhaltevermögen und auch eurem Entschluss den Kontakt abzubrechen. Eure Beziehung klingt ganz toll, genauso wie sie sich jeder Mensch wünscht. Ich muss zugeben,dass ich keine Ahnung habe wie du die Trennung gerade durchhälst. Ich bin seit 3 Jahren mit meinem Freund (auch dem ersten) zusammen und kann nur erahnen wie ihr diese Entscheidung treffen konntet.
Du erzählst von deinen Eltern mit einer solchen Liebe, dass ihr euch nahestehen müsst. Da du die Beziehung so lange verheimlicht hast und ihr euch jetzt sogar "getrennt" habt, muss die Entscheidung deiner Eltern wirklich eindeutig gewesen sein.
Trotzdem, eine solche Beziehung nur wegen verschiedener Religionen aufzugeben ist doch Schwachsinn! Dein Freund interessiert sich sogar für das Christentum und kommt in die Kirche, das müssen deine Eltern doch wertschätzen.
Deshalb ist mein Rat noch einmal mit deinen Eltern zu sprechen. Ich würde vorschlagen, dass du dir Unterstützung holst. Gibt es jemanden in deiner Gemeinde, mit dem du und deine Eltern sich gut verstehen? Vielleicht kannst du zuerst mit demjenigen sprechen und deine Situation erklären. Gemeinsam (ob dein Freund dabei sein sollte, musst du entscheiden) solltet ihr in ruhiger Atmosphäre ein Gespräch mit deiner Familie führen. Wichtig ist, dass sie nicht das Gefühl haben, dass du sie hintergangen hast. Wenn du erklärst,dass ihr ernsthaft versucht habt, euch zu trennen und deine Gefühle echt sind, werden sie dir zuhören. Das ihr gerade keinen Kontakt habt, ist möglicherweise ein guter Standpunk gegenüber deinen Eltern. Es zeigt, dass du deine Familie ernst nimmst, aber in Gegenzug das Gleiche verlangst. Versuche ihnen bewusst zu machen, dass sie einen Menschen, der für dich so wichtig ist, nur nach einer Kategorie beurteilen. Schlage ihnen doch ein Abendessen mit deinem Freund oder seiner Familie vor. Und am Wichtigsten: Du bist unglücklich, weil du dich zwischen Familie und Freund entscheiden musst. Aber du kannst es nicht, eines allein macht dich nicht glücklich. Wenn deine Eltern sehen, wie wichtig sie dir sind und welchen Konflikt du durchlebst, werden sie begreifen, wie falsch sie sich verhalten haben.
Falls deine Eltern viele Vorurteile gegenüber Muslimen haben, könnt ihr euch gemeinsam informieren. Eine Religion macht einen Menschen nicht komplett aus, und wie der Islam in den Medien dargestellt wird, ist sowieso lächerlich. Deine Eltern kennen vermutlich nur Klischees und sind unsicher, deshalb solltest du ihnen beschreiben, wie du seine Religion kennen gelernt hast. Du bist schließlich auch gläubiger Christ und kannst damit umgehen, warum nicht auch deine Eltern? Du willst weder deine Religion aufgeben, noch geht es um die Erziehung eurer Kinder oder eine Hochzeit! Es geht nur um Akzeptanz.
Du bist nicht einfach nur verknallt und rebellisch, du hast 2 Jahre lang eine glückliche und wichtige Beziehung mit jemandem geführt,der dich liebt. Auch wenn es für deine Eltern schwierig zu akzeptieren ist, du hast ein Recht auf diese Beziehung, in jeder Hinsicht!
Aber es ist vollkommen klar, dass du dich nicht gegen deine Familie stellen möchtest. Ich glaube und hoffe aber nicht, dass es soweit kommen muss. Leider kann ich die Haltung deiner Eltern nicht beeinflussen, aber ich hoffe sehr, dass eine Aussprache euch hilft. Falls du dich nicht traust, kannst du es mal mit einem Brief versuchen.
Sollten sie ihren Standpunkt nicht ändern, kannst du immernoch den Kontaktabbruch zu deinem Freund durchziehen. Aber im Moment sehe ich noch Hoffnung und wünsche euch alles alles Gute.
Ich würde mich freuen, wenn du dich nochmal meldest, wie alles ausgegangen ist.
Liebe Grüße,
Carmen