Problem von Julia - 42 Jahre

Die Familie läßt mich im Stich

Mein Mann hat mich vor einem Jahr wegen einer anderen verlassen. Wir sind seid 19 Jahren verheiratet und ich habe ihn über alles geliebt. Die Trennung war sehr unschön und auch jetzt ist sein Verhalten alles andere als fair. Wir haben zwei Kinder, 7 und 10 Jahre. So wie das ja häufig ist habe ich für die Kinderbetreuung beruflich zurückgesteckt und ihm den Rücken freigehalten.
Er verdient hervorragend und ich muss um jeden Cent Unterhalt für die Kinder käpfen. Diese Probleme haben sicher viele Verlassene. Mein Problem ist aber, dass mich meine und auch seine Famile völlig im Stich läßt. Ich bekomme keinerlei Zuspruch oder Unterstützung. Das geht so langsam an die Substanz. Leider habe ich in dieser Situation auch noch erfahren müssen, wer meine wahren Freunde sind. Der Freundeskreis hat sich dramatisch reduziert. Ich fühle mich von allen verlassen und ausgestoßen. Habe das Gefühl, dass ich für etwas bestraft werde, was ich nicht getan habe.
Mein Nochehemann hat außerdem keinerlei Interesse mehr an seinen Kindern. Ich zerreiße mich also 24h am Tag zwischen Job, Nebenjobs und Kinderbetreuung. Irgendeine Form von Entlastung - Fehlanzeige.
Was geht in all diesen Menschen vor, die mich jetzt im Stich lassen? Das ich mit meinem Noch-Mann wieder normal umgehen kann ist nach seinem Verhalten den Kindern gegenüber ausgeschlossen. Ich habe um der Kinder Willen immer wieder versucht, einen guten Kontakt zu ermöglichen. Aber er hat sich dagegen entschieden. Der Zusammenhalt in meiner Familie war nie so besonders gut. Umso eher fühlte ich mich 20 Jahre lang seiner Familie zugehörig. Doch jetzt werde ich auch hier ersetzt. Das schmerzt gewaltig. Und ich weiss nicht, wie ich mit diesen Menschen jetzt noch umgehen soll. Soll ich ganz mit ihnen brechen?

Bernd Anwort von Bernd

Liebe Julia,

es ist wirklich schlimm, wenn Partnerschaften nach so einer langen gemeinsamen Zeit zu Bruch gehen! Da spielen die Gefühle verrückt und schlagen Purzelbäume!

Manchmal hilft es, zuerst einmal ganz tief durchzuatmen und zu versuchen, "mit Abstand" zu betrachten, wie es dazu kommen konnte!

Und bitte lies es bis zum Ende! Auch wenn dazwischen etwas kommt, was Dich zuerst vielleicht zornig macht?

Weil es oft nicht so einfach ist, wie sich vor allem der es vorstellt, der verlassen wurde!

Oft sind die Partnerschaften schon lange vorher nicht mehr in Ordnung und die Partner leben eben jeder einfach so vor sich hin: spielt seine Rolle!
Jahrelang kann man sich so (jeder für sich) eigentlich als "Opfer der Beziehung" sehen, ohne etwas zu sagen oder gar zu verändern:
Die gemeinsame Verantwortung für unsere Kinder ist da sehr oft der letzte Anker, an dem wir ein "UNS" festmachen können?

Überlege mal - wie schon geschrieben - mit einigem Abstand (mit Wohlwollen? Verständnis?), was da vielleicht zwischen Deinem Mann und Dir alles unausgesprochen geblieben war!
Welche Vorwürfe und eventuell Wünsche gegenseitig unbeantwortet oder unerfüllt geblieben sind!

Vielleicht kommst Du dann zu einem ganz anderen Ergebnis, warum es zu der Trennung kam?

"Die Andere" ist oft nicht der eigentliche Grund, warum Menschen ihre Partner verlassen: eigentlich nur bei Menschen, die sowieso niemals etwas mit dem Wort "Treue" anfangen konnten!

Der oder die Andere ist meist der letzte Anlass, mit einer Lebensweise zu brechen, mit der man irgendwie nicht meint, auf Dauer klar kommen zu können.

Das kann man jetzt sehen, wie man will:
"Mann" verläßt niemanden, bevor er nicht genau weiß, wer ihm ab Morgen die Pausenbrote schmiert?
Oder er bleibt, weil er es "gewohnt" ist! Bis ein anderer Mensch eine Entscheidung von ihm fordert?

Wirklich "Mann" ist wohl keines von beidem! Er hätte Dir zumindest signalisieren müssen, wann seine "Idee von Liebe, Treue und Zusammengehörigkeit" nicht mehr von euch gelebt wurde.

Das ganze schreibe ich Dir vor allem, um Dir vielleicht einen Einstieg zu vermitteln!
In ein unbedingt notwendiges gemeinsames Gespräch mit Deinem Mann!

Weil: im Ergebnis werdet ihr beide es entweder verstehen lernen, den Anderen zu achten und zu respektieren!
Oder ihr werdet euch gegenseitig mit dem, was jedem von euch zur Verfügung steht fertig machen!

Dabei gibt es nur zwei Opfer, die mir schon jetzt wirklich leid tun: eure Kinder!
Und es gibt nur drei Gewinner: das Finanzamt und 2 Anwälte!

Was Du noch nicht von ihm einklagst: Dein Rechtsanwalt lebt nicht von der "Aussicht auf Erfolg" seiner Klage! Sondern einzig von dem "Streitwert"!

"Fordere 100.000 €! Selbst wenn Du weißt, dass Dein Mann das netto nicht in 4 Jahren verdient"?

Du magst 2000 € bekommen!
Dein Anwalt das, was ihm durch "gesetzlich legitimierte Anwaltshonorartabellen" aufgrund des festgestellten Steitwertes zusteht!
Notfalls bekommt er sogar mehr, als Du! Wer hat da gewonnen?
Das Anwaltshonorar wirst Du und eure Kinder von eurem gemeinsamen Vermögen (um das ihr "streitet") abziehen müssen! Als "Verlust"!

Was will ich sagen?

Manchmal lohnt es sich wirklich, über seinen eigenen Schatten zu springen:
der erste Schritt mag sein, dass Du Dich nicht mehr nur als betrogene und verlassene Frau fühlst!
Nun hoffe ich zwar, dass Dein Gefühlschaos Dich nicht dazu bringt, unbedingt bald das "Abenteuer" zu suchen!
Aber es wird die Liebe für Dich wieder geben! Da bin ich mir sicher!
Der zweite Schritt mag sein, dass Du Dich mal über einen Steuerberater oder einen Dir bekannten Anwalt darüber kundig machst, wieviel eures euch gemeinsam zustehenden Vermögens (solange ihr eine Ehe ohne besondere Vereinbarungen geschlossen hattet) bei einer Scheidung für eben diese Kostenverursacher (Fiskus und Justiz) über den Jordan gehen werden?
Das Geld (meine Meinung) stehlt ihr euren Kindern, wenn ihr es nicht schafft, euch zumindest auf folgendes gütlich zu einigen:
Dir steht, selbst wo die Liebe verloren gegangen sein mag, seine Dankbarkeit zu!
Wo er die Kinder, die Du ihm geschenkt hast nicht achtet und Dankbarkeit fehlen lässt, ist er ein Arsch!

Wenn Du die Scheidung in Gang setzt, werdet ihr und wird er mehr verlieren, als wenn es eine gütliche Einigung zwischen euch gibt!

Dazu einen Tipp: Sollte Dein Göttergatte bei seinem guten Verdienst einen Steuerberater haben?

Unterschreibe nicht, was Dein Gatte Dir eventuell zur gemeinsammen Steuererklärung vorlegt, sondern gehe mit ihm zu seinem Steuerberater und lass Dir von dem erklären, was es mit dem "Ehegattensplitting" auf sich hat!
Wie der Fiskus das im Augenblick bei Paaren bewertet, die sich getrennt haben!

Wenn Du damit einen Punkt gewinnst (wenn er zu tun versucht, was ich nur unterstellen könnte): hänge ihn nicht gleich für den Versuch!

Nimm seinen Versuch, Dich aufs Glatteis zu führen als die Möglichkeit für einen Anfang zu einer ganz neuen Art des gegenseitigen Vertrauens und Miteinanders zu finden!

Es gibt wirklich Wege, aus einer verkorksten Ehe eine tolle Freundschaft zu machen, die in Summe sogar für beide die bessere Lösung sein kann!

Du darfst mir glauben!

Bernd

P.s.: Zu den Reaktionen der Freunde und Familie?
Vielleicht meinen auch die, dass eine Trennung irgendwie immer von beiden Seiten verursacht wird?

Viele von denen werden vor allem mit eindeutigen "Schuldzuweisungen" nichts anfangen können?
Das polarisiert: wer für die Freundin Deines Mannes ist, muß wohl gegen Dich sein?

Vielleicht versuchst Du, Deine eigenen Gedanken z.B. mit: "Okay, unsere gegenseitige Liebe war wohl nicht stark genug!" oder:
"in entscheidenen Situationen haben wir wohl aneinander vorbei gefühlt?"

zu beginnen?

Das blöde ist: nicht, weil Du unglücklich und er (vielleicht) glücklich ist, ist er automatisch "Schuld"!
Und darauf reduzieren wir oft und gerne unsere Gefühle, wenn sie dann gestrandet sind!
Schuldzuweisung!

Weder er, noch Du hast Schuld!

Ihr habt als Partner gemeinsam versagt! Vorerst!

Deshalb wünsche ich Dir und Euch so sehr, dass ihr Euch bitte in gegenseitigem Respekt und gegenseitigem Vertrauen wiederfinden könnt!

Und ich nehme eure Kinder nicht nur als "Argument für Dich"!
Sie brauchen nicht unbedingt Eltern, die "Friede, Freude, Eierkuchen" vermitteln!

Respekt und Vertrauen! Das ist, was uns stark macht!

Das könnt ihr ihnen auch vermitteln, wenn ihr getrennt bleibt!

Schmutzig wird es erst, wenn ihr "um ihre Gunst", "über ihre Köpfe hinweg", "an ihnen vorbei" eigentlich nur euch selber seht!

Bitte rede mit Deinem Mann! Nicht um eine Rückkehr ins "traute Heim"!
Sondern darum, wie ihr gemeinsam der Verantwortung für dass gerecht werden wollt, was ihr gemeinsam "angerichtet" habt: das schönste, was uns geschenkt werden kann! Kinder!