Problem von anonym - 24 Jahre

Bin ich ein evolutionsbedingter Fehler?

Tag zusammen,
ich probiere das ganze so gut es geht zu schildern. Es ist echt nicht einfach, da meiner Meinung nach so vieles bei mir ineinander greift und dadurch das in meinen Augen unschöne Gesamtbild erschafft - ich probiere es mit möglichst wenig Details, ob es klappt ist die andere Frage.
Um mein Problem möglichst gut verstehen zu können und wie sich mein jetziger Standpunkt dazu entwickelt hat, muss ich einfach weiter ausholen.


Umzug 2001 in eine 400km entfernte Stadt, dort von der Klasse gemobbt. Meine Eltern predigten mir trotzdem freundlich zu sein und nicht beleidigend oder gar Gewalt als Lösung zu nutzen. Habe ich trotzdem einmal gemacht, hatte aber nur ca. 1 Tag dadurch meine Ruhe.
Dadurch langsam aber sichere Zerstörung des Selbstwertgefühls, kein vertrauen mehr in gleichaltrige Personen, Unterwerfung, um nicht weiter geärgert zu werden. Schlechter werdende Noten, Traurigkeit, Minderwertigkeitsgefühle.

Es folgte Zurückgezogenheit, kaum Kontakt zu Schulkameraden. Außer einer Hand voll Freunden, denen ich zwar nicht immer vertraute, aber die mit mir Kontakt hatten. Da ich eine zeitlang im Verein gefochten hatte, vertraute ich Leuten aus dem Verein, da ich dort nicht sofort so behandelt wurde. Ich hatte dadurch dann eine Fechtclique, mit der ich ab und zu etwas unternahm. In dem Moment, als ich mich dann in eine Fechterin aus meiner Clique verliebte, zerfiel die Clique, da unser Trainer zu viel Druck auf ein paar Leute machte und alle Fechterinnen und Fechter meines Jahrgangs bis auf mich, aus dem Verein austraten. Diejenige, in die ich verliebt war, ging weiter weg auf ein Fechtinternat und verschwand aus meiner Reichweite und aus meinem Leben.
Das war mit 16, also vor 8 Jahren.

Die Oberstufe und das Abitur habe ich dann erst sehr zurückgezogen und dann langsam wieder mit Vertrauen in andere meiner Stufe, absolviert. Dadurch, dass eben der Klassenverband aufgehoben war und nun eine große Stufe vorhanden war und ich mit neuen Leuten in den Kursen saß, traute ich mich wieder am Unterricht teilzunehmen, ohne meine Konzentration auf meine Verteidigung gegenüber neuen Streichen oder geschossen von Mitschülern lenken zu müssen. Dadurch wurden meine Noten dann auch zum Ende der Schule wieder wesentlich besser.

Zu dem Zeitpunkt habe ich ganz selten Versuche unternommen, Mädchen anzusprechen, aber es klappte natürlich nicht. Durch die schon erwähnten Probleme durch das Mobbing lösten verpatzte Chancen oder Körbe in mir starke Traurigkeit...oder auch Depression und das Gefühl aus, dass ich immer Allein sein werde, so schilmm, dass ich mit dem Gedanken, ich müsste mich umbringen. Aber eine Flasche Apfelkorn hat mich damals dann davon abgehalten.

Ob meine Eltern davon etwas mitbekamen, weiß ich nicht.

Trotzdem habe ich rückblickend so gut wie nichts von der Welt außerhalb meines PC-Bildschirmes gesehen. Viel Feiern, mal ein Festival, die erste Freundin oder zumindest mal Intimkontakt, usw. blieb bei mir aus, was vielleicht auch daran lag, dass ich erst mit 18 wirklich länger als 12 Uhr von meinen Eltern rausgelassen wurde. Ich verbrachte die meiste Zeit vor dem PC und blieb zurückgezogen.

Als ich dann 2009 meinen Zivi antrat, baute sich in mir etwas auf, was man schon fast Selbstvertrauen nennen könnte. Kurz danach hatte ich dann mich nach 5 Jahren ohne jegliches Gefühl für irgendeine Frau mal wieder verliebt. Es war 2010. Aber nachdem ich es 2 Monate bei ihr probiert hatte zu landen, wurde ich bitter enttäuscht, da es wirklich auch für Freunde erst so aussah, als hätte sie Interesse.

Darauf hin redete ich mir ein, Beziehung ist nichts für mich und ich bin dafür nicht gemacht und stürzte mich in mein Studium und wollte von Frauen nichts mehr wissen. Durch den Zivi war mein Verhalten besser geworden und ich lebte nicht mehr zu zurückgezogen. Innerhalb meines Studiums lernte ich neue Leute kennen, war freundlich und hilfsbereit und bekam dafür positives Feedback und fing an, wieder zu vertrauen. Ich wurde zu freundlich, half jedem, der etwas an Vorlesungsmaterial oder Übungen brauchte und trug es notfalls demjenigen sogar zu seiner WG, anstatt dass er sich es bei mir abholte. Auch für Fahrdienste war und bin ich immernoch sehr beliebt. Wenn es um Parties geht, werde ich nicht immer gefragt, aber ich werde jetzt immerhin mal gefragt und bin darüber schon froh.
Ich landete sogar in einer Band eines Studikollegen, der inzwischen zu meinem engsten Freundeskreis zählt. Und ich spiele immernoch in dieser Band.

Da das Gefühl des Alleinseins aber nicht weg ging und ich einsah, dass das Paradigma "Ich bin für eine Beziehung mit einer Frau nicht gemacht" totaler Quatsch ist, entschied ich mich für Internetdating und bekam es auch da nicht hin.
Nach einem Jahr erfolgloser Suche wollte ich im Sommer 2012 gerade aufgeben. Ich dachte "ich seh's ein, es klappt nicht. Aber immerhin läuft das Studium!"
Und dann lernte ich auf einmal meine Traumfrau kennen. Blond, blaue Augen, ein wunderschönes Lächeln, kurvig. Ihre Tattoos und ihr Zungenpiercing gaben ihr nochmal eine Schippe Attraktivität dazu, ihre Brille machte sie in keinster Weise unattraktiv. Ihre Hobbies (Geige, Klavier und singen) fand ich interessant und ihre fröhliche Art, wenn sie über ihr Patenkind und über ihr geplantes Studium Grundschullehramt: Musik redete...ich war hin und weg von ihr. Und sie interssierte sich für mich, es fühlte sich gut an in ihrer Nähe zu sein. Alles passte.

Aber ich wollte es nicht glauben und verabschiedete mich innerlich nach jeder geschriebenen Nachricht von ihr, da ich davon ausging, dass sie mir wie alle anderen davor auch erst ein bisschen schreibt und sich dann nicht mehr meldet.

Aber so kam es nicht. Ich traf sie. Den Abend werde ich wohl nie vergessen - ein einfacher Spaziergang durch den Park bei schönstem Wetter und anschließend in Zweisamkeit einen Film geschaut.
Sie war natürlich überhaupt nicht schüchtern, ganz im Gegensatz zu mir durch meine bisherigen Erfahrungen. Aber als ich dann ein wenig mit ihren Fingern spielte und sie mir daraufhin ihren Kopf bei mir auf die Brust legte, zerschmolz ich innerlich und fragte mich, warum mir der Zufall dieses gute Gefühl mein Leben lang verwehrt hatte. Wir redeten noch sehr lange im Halbdunkeln, Stirn an Stirn gelehnt.
Leider stellte sich im Laufe des Abends noch heraus, dass sie wesentlich schlimmere Dinge als ich erlebt hatte...sexuelle Misshandlung mit 15, Vergewaltigung mit 17, aufgewachsen in einer Problemfamilie ohne Vater. Sie konnte keine Kinder kriegen, war angeblich unfruchtbar und durch die traumatischen Erfahrungen wurde ihr nach einem beinah-Selbstmord Borderline diagnostiziert.

Aber das ließ mich nicht von ihr abbringen, ich fand sie zu anziehend und verabscheute sie dadurch nicht. Ich dachte eine Nacht darüber nach und traf sie dann nochmals.
Dadurch hatte ich eine sehr intensive Zeit mit ihr und genoss Dinge, die vermutlich für jeden anderen Menschen ganz normal sind. Sei es einfach der Körperkontakt, wenn wir zusammen im Bett lagen oder ein einfacher Spaziergang nach dem Kinobesuch. Jeden Moment mit ihr habe ich aufgesogen und ich habe mich nie zuvor so ausgefüllt gefühlt gehabt. ich dachte, alles passt. Studium läuft, Hobbies sind vorhanden und du hast eine Frau, die 10 mal mehr mit ihren 19 Jahren erlebt hat, als du mit 23 - denn sie hatte wirklich schon viel erlebt und dadurch viel zu erzählen. Natürlich gab es auch massenhaft Momente, die das krasse Gegenteil waren, was bei einer Borderlinerin abzusehen ist. Was das alles beinhaltete, möchte ich nicht erzählen, das zieht alles nur noch mehr in die Länge. Und weil das ganze in den Anfängen war, hab ich dann nicht durchgehalten. Sie hatte von mir irgendwann verlangt, dass wir auf Sex und Küssen verzichten, damit sie ihre Therapie machen kann. Aber da sie dann auf einem Festival mit Frauen rumleckte und es auch noch dokumentierte und mir dann am nächsten Morgen nach dem Festival mit Schulterzucken zeigte, explodierte ich und machte Schluss.

Darauf hatte ich 2 Monate Klausurstress und jedes Wochenenede irgendetwas, dass mich ablenkte. Trotzdem war ich ständig nachts wach und dachte an sie. Nach den 2 Monaten meldete ich mich wieder bei ihr...und gerade als ich mir klar gemacht hatte, was es bedeutet, mit einer Borderlinerin zusammen zu sein und dass ich das in Kauf nehmen möchte, weil ich Gefühle für sie hatte und es mit ihr nochmal versuchen wollte, erzählte sie mir, dass sie schwanger ist. Das war wieder so ein Moment, in dem bei ihr was schief gelaufen war. Aber sie freute sich, dass sie doch Kinder kriegen kann und wollte es durchziehen. Dadurch zweifelte ich, ob ich wirklich mit ihr zusammen sein will. Ich sehnte mich tierisch nach ihr, hatte aber vor der Schwangerschaft in Verbindung mit Borderline Angst. Ich offenbarte ihr, dass ich Gefühle für sie habe aber wegen Schwangerschaft UND Borderline in mir Zweifel aufkamen und ich sie nicht verletzen wollte, sollte es doch nicht funktionieren. Sie lehnte darauf hin ab und ich brach völlig zusammen.
Wir hielten Freundschaft, aber das zog mich nur noch mehr runter, da sie natürlich wieder jemanden gefunden hatte und mit demjenigen überglücklich war und mit ihm inzwischen ein halbes Jahr zusammen ist, was für sie schon Rekord ist. Jedes Mal, wenn ich sah, wie sie mit ihm auf ein Konzert gegangen war oder ähnliches, drückten meine Tränendrüsen aufs Gaspedal.

Erst habe ich probiert allein klar zu kommen, dann suchte ich verzweifelt nach etwas, dass ihren Platz füllt. Ich verfluchte sie dafür, dass sie mir zeigte, was Zuneigung, Zärtlichkeit und starkes Gefühl für den anderen bedeutet. Denn dieses "Loch", was jetzt aufeinmal da war, konnte ich mit nichts füllen.

Wenn mein Wochenende nicht bis zum Rand mit Aktivität gefüllt war, hatte ich sofort eine miese Stimmung, da ich nicht mehr ruhig zu Hause sitzen konnte.

Inzwischen habe ich seit März keinen Kontakt mehr zu ihr und habe nur noch ab und zu Nachwehen durch Erinnerungen an sie, aber so langsam geht es.

Internetdating ist für mich gestorben. Ich bin wieder auf der Suche, spreche Frauen an, die mir begegnen und mir gefallen - meist sehen sie der Borderlinerin verdammt ähnlich...die sind nunmal attraktiv.
Ich bin freundlich zu Frauen, mache mir Gedanken bzgl. Datevorschlägen und bin aufmerksam. Und das Ergebnis: mir wird nicht mehr geantwortet. Inzwischen bin ich soweit zu glauben, dass ich wirklich zu nett bin, zu freundlich und daher nicht für eine Beziehung gedacht bin und evolutionsbedingt "aussortiert" werde. Ich meine...ich hatte nur eine kurze Zeit mit einer psychisch kranken Frau, eine normale Beziehung war das niemals.

Und wenn ich die Studien von Paul Eastwick von der Northwestern University bzgl. Verhalten von Mann und Frau ernst nehme, ist sogar klar, dass Frauen mich unattraktiv finden, weil ich nett bin. Frauen wollen demnach beim ersten Kontakt gar nicht, dass man freundlich ist, sondern arrogant und teils sogar ablehnend wirkt. Dadurch wird wohl unterbewusst irgendwas ausgelöst.

Und da liegt mein Kernproblem: Ich bin zu nett, zu freundlich...das sind grundelegende Eigenschaften von mir. Und diese Eigenschaften verdammen mich dazu, bei Frauen nicht anzukommen. Es sei denn sie sind pychisch krank.

Bin ich also...ein evolutionsbedingter Fehler?

Dana Anwort von Dana

Lieber Unbekannter!

Mit Sicherheit bist du kein evolutionsbedinger Fehler. Wärst du einer, hättest du die Augen am Rücken und einen Arm an der Stirn oder könntest unter Wasser ohne Hilfsmittel atmen.

Du bist lediglich komplett verkrampft, viel zu analytisch und zu sehr auf der Suche. Menschen, denen man ansieht, dass sie unbedingt einen Partner/eine Partnerin wollen, wirken sofort so "oh, der hat's nötig" und man nimmt unwillkürlich Abstand. Eine Frau möchte jemanden, der gute Laune versprüht, der sie anlacht, der Spaß mitbringt und positiv wirkt. Aussehen ist beim ersten Blick leider auch etwas entscheidend, erst beim zweiten nicht mehr. Und erst DANN kommen andere Punkte zum Tragen.

Wenn du also vorher schon alles durchanalysierst und planst, dann wirkt das auch genauso. Wenn du dir vornimmst, eine Frau anzusprechen, dann steht dir das auf der Stirn geschrieben. Am besten sind Zufälle, aus denen man ein Gespräch entwickeln kann.

Beispiel: oh, was trinkst du da? Das hat ja ne ziemlich coole Farbe! Schmeckt das?
Gut...wenn es Cola ist, wäre dieser Spruch megablöd... ;) Trotzdem, wenn ich lese, dass du Studien gelesen hast, dann bekomme sogar ICH Angst. Nicht, weil du nett bist, sondern weil die Frauensuche ein "Projekt" von dir ist...und niemand will ein Projekt sein.

Ich weiß, dass es sehr schwer fallen wird, aber du musst dringend entspannen. Es wäre sehr gut, wenn du dir die Regel auferlegen würdest, im nächsten halben Jahr nur Dinge zu tun, die dir Spaß machen und NICHT auf Frauensuche zu sein. Nimm mit, was kommt, aber nix muss. Genieße die Zeit mit deiner Band, hab einfach Spaß.

Das mag jetzt für dich oberflächlich klingen, aber jemand, der über alles zehnmal nachdenkt und sich immer kritisch hinterfragt, strahlt auch genau das aus. Er macht den Gegenüber unsicher. Ich bin eine Frau und ich weiß, wie ein Mann wirkt, der innerlich dauernd denkt: "Ohgott, hoffentlich war das jetzt richtig...wie guckt sie?? Sieht sie interessiert aus??? Ohneeeeiiin, ich hab bestimmt schon wieder Schrott geredet!!!" oder was auch immer. Er wirkt unsicher, unstet und unreif. So etwas ist unattraktiv, so leid es mir tut.

Du darfst nett und freundlich sein. Es gibt Frauen, die das sehr schätzen. Aber es ist wichtig, dass du mit DIR im Reinen bist. Sch... auf Studien, sch... drauf, dass so viel Prozent des weiblichen Anteils lieber Arschlöcher wollen...du bist du. Und du bist gut so. Und wenn du das ausstrahlst, bist du von vorneherein wesentlich attraktiver, denn Selbstbewusstsein macht attraktiv. Frauen wollen auch keine Arroganz oder Ablehnung. Sie wollen jemanden, der selbständig ist. Jemanden, der ausstrahlt: "Hey, ich könnte auch ohne dich!", das ist was ganz anderes. Denn da wissen sie, dass derjenige ihnen nicht dauernd überall dranhängt. Freundlichkeit und Sympathie sind zwei tolle Attribute, die auch geschätzt werden, aber buckeln und es allen Recht machen, immer überlegen, ob man jetzt das Richtige tut...das vertreibt jeden und ist auch NICHT gleichzusetzen mit Freundlichkeit oder Nettigkeit.

Es mag ja sein, dass der liebe Paul eine tolle Studie gebaut hat. Hat er aber auch gleichzeitig ein psychologisches Gutachten der Mädels gemacht, die er in die Studie aufgenommen hat? Weiß er, warum sie Arschlöcher wollten? Oft ist da nämlich eine Störung vorhanden (Vaterkomplex, Scheidungskind, was auch immer) und die Frauen suchen jemanden, dem sie sich beweisen müssen. Und das sind LEIDER verdammt viele.

Es wäre also wichtig, dass du erstmal (wieder) lernst, dich selbst zu mögen und zu schätzen, denn daran hapert es wohl, wenn du fragen musst, ob du ein Evolutionsfehler bist. DU bist DU. Mit erhobenem Kopf und geradem Rücken. DU bist DU. Führe keine innere Liste, setz keine Ziele an, das merken Frauen sonst sofort. Lerne erstmal, mit dir selbst zu leben - und das in Frieden. Und wenn du das kannst und sicher im Leben stehst, dich selbst magst und weißt, wie du Freude am Leben haben kannst, dann wird sich deine Ausstrahlung auch in diese Richtung ändern und du wirst merken, wie ohne dein Zutun (und das ist wichtig!) Interesse von der "anderen Seite" kommt.

Ich bin zwar kein Therapeut, aber eine Frau. Und daher denke ich, kann ich zumindest ein wenig mitreden. ;)

Alles Liebe,

Dana