Problem von Anonym - 13 Jahre

Vater tot, probleme mit bruder und mutter

Hallo liebes Team,

in meinem Leben war noch nie wirklich alles gut.Meine Eltern haben sich als ich 7 Jahre alt war schon getrennt.Ich lebe seitdem mit meinem 2 Jahre jüngeren Bruder bei meiner Mutter. Mich hat die Trennung zu einer Woche heulen veranlasst, aber meinen Bruder hat das nicht wirklich mitgenommen. Ich glaube er war einfach noch zu klein.
Nach der Trennung hat unser Vater jedes zweite Wochenende uns abgeholt und dann was mit uns unternommen. Das hat er früher nie gemacht. Trotzdem war ich schon immer das "Papakind".Als ich 9 fing ich an meinen Bruder regelrecht zu hassen. Ich konnte ihn zwar schon immer nicht sehr leiden, aber ab da wurde es immer schlimmer. Er fing z.B.an ohne Grund zu heulen und sagt dann meiner Mutter ich hätte ihn gehauen oder sonstiges gemacht. Meine Mutter glaubt ihm und ich bekomme Ärger.Das ist bis heute noch so.Ich konnte immer alles meinem Vater erzählen. Er hat mich verstanden, da er selber noch sechs Brüder hat.Meine Mutter hatte nie Probleme mit ihrem Bruder und hat es deswegen auch nicht verstanden, warum ich mich immer mit meinem Bruder streiten müsse.
2010 eine Woche vor den Osterferien:mein Vater wurde nach einem Herzinfarkt ins Krankenhaus gebracht. Dort war er dann in einem künstlichem Koma.Er verstarb eine Woche später. Ich habe angefangen zu heulen.Mein Bruder hat nur kurz meine Mutter angesehen , als sie es gesagt hat und hat dann einfach weitergespielt. Ihn hat es nicht interessiert. Auch heute noch nicht. Für mich ist die Welt zusammengebrochen. Ich habe mich innerlich zurückgezogen. In der Schule sagte ich im Unterricht kaum etwas.Meine Klassenlehrerin war die Einzige von den Lehrern, die von dem Tot wusste.Geholfen hat das aber nicht wirklich.
Mein Bruder wurde ein Angeber und egoistisch und hat immer weiter seine Spiele mit mir getrieben. Ich kann mit niemandem aus meiner Familie darüber reden. Alle halten zu meinem Bruder.
Ich trauere immer noch meinem Vater hinterher und das Einzigste was mich tröstet, ist mein Kater und das Reiten. Das Reiten will mir meine Mutter jetzt auch verbieten, weil ich mich ja die ganze Zeit mit meinem Bruder streite.
Ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.
LG

Johannes Anwort von Johannes

Liebe Ratsuchende,

vielen Dank für deine Anfrage an das Kummerkasten-Team und dein Vertrauen, das du mir damit entgegengebracht hast.

Ich kann deinen Schmerz, dass sich deine Eltern getrennt haben wirklich sehr gut verstehen. Vor einiger Zeit haben sich meine Eltern nämlich auch getrennt und ich weiß, was man da durchmacht. Man kann und will es in der ersten Zeit nicht wahrhaben, auch wenn es zur bitteren Realität geworden ist. Jedes Kind/jeder Jugendlicher sollte dabei aber nicht vergessen, dass sich die Eltern als Paar zwar getrennt haben (und da gibt es meistens auch gute Gründe für), sie aber eine Sache ihr Leben lang verbindet, auch wenn sie sich noch so sehr hassen: Sie sind beide deine Eltern und sie werden auch immer deine Eltern bleiben. Vergiss das bitte nicht.
Auf der anderen Seite würde ich mir folgendes überlegen: Wie eben schon kurz angedeutet trennen sich Paare nicht grundlos. Auslöser dafür sind z.B., dass sie sich ständig streiten, sich nicht mehr lieb haben oder dass sie sich aus welchen Gründen auch immer auseinander gelebt haben. Frage dich mal, ob es das wäre was du möchtest, wenn deine Eltern nur zusammengeblieben wären, um dich nicht zu verletzen.

Was den Tod deines Vaters anbetrifft, möchte ich dir erst einmal mein herzliches Beileid aussprechen. Mit solch einer Situation ist es niemals leicht umzugehen. Ich finde, dass in Todesfällen für Angehörige die richtigen Worte zu finden oft nicht leicht ist. Schließlich möchte man ja auch nichts falsches sagen. Vielleicht hilft es dir, wenn du mit jemandem darüber sprichst, dem du vetraust (z.B. einer Freundin) und dir mal alles von der Seele redest. Häufig sagen enge Anghörige von Toten, dass sie alles verloren haben. Ich persönlich kann da allerdings nicht zustimmen. Natürlich ist es so, dass dein Vater nicht mehr auf dieser Welt ist und das tut mir auch unendlich leid. Auf der anderen Seite kannst du dir sagen, dass er in deiner Welt bzw. in deinem Leben immer eine große Rolle spielt und für den Rest deines Lebens einen großen Platz in deinem Herzen einnimmt. Im ersten Moment klingt es für dich vielleicht ein wenig komisch, aber du kannst auch jederzeit mit deinem Vater reden. Sage ihm, wie sehr er dir fehlt und wie traurig du über seinen Tod bist. Wenn du Fragen hast, stelle ihm deine Fragen. Dabei ist es nicht unbedingt das Wichtigste, Antworten zu erhalten, sondern dass du dich mit dem Thema auseinandersetzt und nicht versuchst, es zu verdrängen. Ich würde es an deiner Stelle einfach mal ausprobieren. Schließlich hast du nichts zu verlieren. So ein Erlebnis, was man irgendwo auch als Trauma bezeichnen kann, hinterlässt natürlich tiefe seelische Wunden, die sehr schwer zu verheilen sind. Du wirst allerdings feststellen, dass dieser Schmerz von Zeit zu Zeit immer schwächer und schwächer wird. Versuche dich mal auf diesen Gedanken einzulassen.

Ich glaube, dass es das mitunter Schlimmste ist, was einem passieren kann, wenn der eigene Vater nicht mehr da ist. Ich versuche mich gerade in deine Lage hineinzuversetzen. Natürlich wäre ich sicherlich auch fertig mit den Nerven. Was ich dir damit sagen will: Du hast ein Recht auf Trauer und getröstet zu werden.

Bitte versuche wie gesagt den Tod deines Vaters nicht zu verdrängen, sondern rede mit Leuten darüber, denen du vertraust. Dass dein Bruder sich bis heute nicht für den Tod eures Vaters interssiert hat, glaube ich nicht. Gerade Jungs gehen mit Gefühlen oft ganz anders um als Mädchen und trauen sie auch nicht offen zu zeigen. Sein Verhalten dir gegenüber ist mir allerdings unmöglich. Du schreibst, dass er ohne Grund anfängt zu weinen und deiner Mutter sagt, dass du ihn gehauen hast und sie glaubt ihm dann auch noch. Das finde ich wirklich ganz schrecklich. Weiter schreibst du, dass dich dein Vater verstanden hat. Was hat er denn dagegen unternommen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er einfach nur dabei zugesehen hat, wie dein Bruder deine Mutter reingelegt hat. Versuche das Vertrauen deiner Mutter zu gewinnen und überzeuge sie vom Gegenteil. Im Grunde genommen steht ja Aussage gegen Aussage. Was natürlich hilfreich ist, wenn du ihr irgendwie beweisen kannst, dass dein Bruder lügt. Vielleicht ergibt sich ja mal eine Situation, wo du ihn überführen kannst. Ansonsten schlage ich vor, dass du mal mit einem der sechs Brüder deines Vaters über die Situation sprichst. Sie kennen deine Mutter und können daher die Lage sicherlich noch besser einschätzen, als ich das kann.

Lass mich noch einmal kurz auf deinen Vater zu sprechen kommen: Jeder geht mit Trauersituationen auch anders um. Wenn wirklich gar nichts mehr geht, kannst du dir mal überlegen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hierzu würde ich dir gerne unsere Soforthilfe ans Herz legen:
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Wie-finde-ich-einen-Psychologen.html
Besonders kann ich dir diesen Artikel empfehlen:
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/13/Wie-gehe-ich-mit-dem-Tod-um.html
Sich Unterstützung zu holen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Und ein Mensch, der verzweifelt ist und diese Verzweiflung auch zeigt, kriegt Hilfe.

Liebe Ratsuchende: Ich wünsche dir, dass du den wirklich sehr tragischen Tod deines Vaters bald etwas besser verarbeitet hast. Jeder Mensch hat gewisse Höhen und Tiefen im Leben. Tiefen gehören leider auch zum Leben dazu. Ich bin mir sicher, dass es auch viele sehr schöne Momente in deinem Leben gab und auch noch geben wird. Du bist noch so jung und hast dein ganzes Leben noch vor dir. Du schaffst das. Ich glaube an dich!

Ein seelischer Schmerz ist zwar manchmal schrecklich, aber er zeigt auch, dass man lebendig ist. Man weiß auch: Schmerzen werden schwächer. Das ist vielleicht die Hoffnung.


Alles Liebe,

Johannes